06.11.2012 · IWW-Abrufnummer 123341
Bundesgerichtshof: Beschluss vom 08.10.2012 – X ZR 110/11
Übereinstimmende und nicht offensichtlich unzutreffende Angaben der Parteien im erstinstanzlichen Verfahren zum Streitwert des Patentverletzungsverfahrens sind ein widerlegbares Indiz für den wirtschaftlichen Wert des Klagebegehrens.
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. Oktober 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die Richterin Mühlens und die Richter Gröning, Dr. Grabinski und Hoffmann
beschlossen:
Tenor:
Es verbleibt bei der Festsetzung des Streitwerts mit Beschluss des Senats vom 20. März 2012.
Gründe
1
Nachdem der Senat durch Urteil vom 21. Februar 2012 (X ZR 2/10) das Klagepatent für nichtig erklärt hatte, hat die Klägerin im vorliegenden Patentverletzungsverfahren ihre Klage zurückgenommen. Der Senat hat den Streitwert für dieses Verfahren auf 1.500.000 Euro festgesetzt. Die Beklagten haben um Überprüfung der Streitwertfestsetzung und eine Anhebung auf 30.000.000 Euro gebeten.
2
Unabhängig von der Frage, ob die Beklagten mit dem Ziel der Heraufsetzung des Streitwerts Gegenvorstellung erheben können (s. dazu BGH, Beschluss vom 12. Februar 1986 IVa ZR 138/83, NJW-RR 1986, 737), ist eine Anhebung des Streitwerts jedenfalls nicht veranlasst.
3
Die Streitwertfestsetzung auf 1.500.000 Euro durch das Landgericht beruhte auf den übereinstimmenden Angaben beider Parteien. Die Beklagten haben dieses Einverständnis im weiteren Verfahrensverlauf mit ihren, zum Teil auf gerichtliche Anforderung, erfolgten Angaben und der teilweisen Rechnungslegung bestätigt. Sie haben zu keinem Zeitpunkt, auch nicht im Rahmen ihrer Nichtzulassungsbeschwerde, die Höhe des Streitwerts in Zweifel gezogen. Sie haben noch Ende Dezember 2011 durch Anwaltsschriftsatz erklärt, dass wegen der Insolvenz und Löschung der Beklagten zu 5 eine weitere Auskunfterteilung nicht mehr möglich sei.
4
Allerdings ist das Gericht an übereinstimmende Angaben der Parteien zur Höhe des Streitwerts nicht gebunden. Solchen Angaben kommt jedoch, wenn sie nicht offensichtlich unzutreffend sind, erhebliches Gewicht zu, insbesondere wenn sie im erstinstanzlichen Verfahren und damit zu einem Zeitpunkt, in dem die spätere Kostentragungspflicht noch offen ist, abgegeben werden. Von Angaben, die zu diesem Zeitpunkt gemacht werden, ist größere Objektivität zu erwarten, als von einer späteren Einschätzung, die erfolgt, wenn die Kostentragungspflicht bereits feststeht (BGH, Beschluss vom 24. Mai 2008 X ZR 125/06). Die übereinstimmenden Angaben bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens sind deshalb ein widerlegbares Indiz für die Richtigkeit des festgesetzten Streitwerts. Die Angaben der Beklagten in ihrem Gesuch, den Streitwert zu überprüfen, genügen den hiernach zu stellenden Anforderungen für eine nachträgliche Abänderung des Streitwerts nicht. Die Beklagten legen nicht dar, dass und warum sie entgegen ihrer eigenen Einschätzung und erst geraume Zeit nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens nun doch Informationen über die Höhe der Umsätze erhalten haben. Sie beziehen sich insoweit lediglich auf die eidesstattliche Versicherung eines Zeugen. Dieser ist zu entnehmen, dass die Bemühungen, die Daten für die Auskunfterteilung zu erhalten, "zunächst" erfolglos geblieben seien. Die ihm, dem Zeugen, jetzt vorliegenden Datenbestände,
aus denen sich die Umsätze teilweise nach Vertragspartnern und teilweise nach Produkten erfasst ergäben, befänden sich jedoch nach dem Eindruck des Zeugen in ihrem Originalzustand und hätten die von ihm zusammengestellten Ergebnisse. Diese Angaben widerlegen nicht die Annahme, dass der bisher einvernehmlich von den Parteien angenommene Streitwert angemessen ist.
Meier-Beck Mühlens Gröning
Grabinksi Hoffmann