20.06.2013 · IWW-Abrufnummer 131932
Landessozialgericht Sachsen: Beschluss vom 22.04.2013 – 8 AS 527/12 B KO
1. § 178 Satz 1 SGG steht der Statthaftigkeit einer Beschwerde zum LSG nicht entgegen, soweit die Vergütung des im Wege der PKH beigeordneten Rechtsanwalts betroffen ist. § 178 Satz 1 SGG wird insoweit von § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG als speziellerer Norm verdrängt.
2. Der Senat hält an der Rechtsprechung des Sächsischen LSG zur so genannten "Chemnitzer Tabelle" (vgl. Beschluss vom 31.03.2010 - L 6 AS 99/10 B KO - juris) nicht fest.
LSG Sachsen
22.04.2013
8 AS 527/12 B KO
Tenor:
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 21. Mai 2012 wird zurückgewiesen.
II. Diese Entscheidung ergeht gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Streitig ist die Höhe der aus der Staatskasse zu erstattenden Vergütung eines im Rahmen der Prozesskostenhilfe (PKH) in einem sozialgerichtlichen Eilverfahren beigeordneten Rechtsanwalts.
Der Antragsteller, der seit 2005 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bezieht, führte vor dem Sozialgericht Dresden (SG) mehrere Verfahren um die Höhe der ab dem 01.07.2006 zustehenden Grundsicherungsleistungen.
Insbesondere waren streitig der Wert und die Verwertbarkeit seines Miteigentumsanteils an einer selbst bewohnten Immobilie. Vertreten wurde er jeweils durch die beschwerdeführende Rechtsanwältin. Der hier streitigen Kostenfestsetzung zugrunde lag ein vor dem Sozialgericht Dresden (SG) geführtes Eilverfahren des Antragstellers um vorläufige Gewährung von Leistungen nach dem SGB II ab 01.12.2010 (S 28 AS 7610/10 ER), nachdem der Grundsicherungsträger ihm mit Bescheid vom 22.11.2010 Leistungen wegen fehlender Mitwirkung gemäß § 66 Erstes Buch Sozialgesetzbuch versagt hatte. Gegen den Bescheid legte der Antragsteller, vertreten durch die Beschwerdeführerin, zugleich Widerspruch ein. Mit Beschluss vom 28.12.2010 bewilligte das SG PKH unter Beiordnung der Beschwerdeführerin. Nach mehreren gewechselten Schriftsätzen gab das SG dem Eilantrag mit Beschluss vom 28.12.2010 statt und verpflichtet den Antragsgegner zur Erstattung der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers.
Am 27.05.2011 hat die Beschwerdeführerin beantragt, die aus der Staatskasse zu erstattenden Gebühren und Auslagen in Höhe von 571,20 € auf der Grundlage einer Verfahrensgebühr nach Nummer 3102 Vergütungsverzeichnis (VV) zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) von 460,00 € sowie der Pauschale für Post und Telekommunikation von 20,00 € nach Nr. 7002 VV RVG und 19 % Umsatzsteuer gemäß Nr. 7008 VV RVG festzusetzen.
Mit Beschluss vom 28.10.2011 hat der Urkundsbeamte des SG die aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen auf 321,30 € festgesetzt, wobei er eine Verfahrensgebühr in Höhe der Mittelgebühr von 250,00 € für angemessen hielt. Die hiergegen gerichtete Erinnerung hat die zuständige Kammer des SG mit Beschluss vom 21.05.2012 zurückgewiesen. Zu Recht sei nach den Maßstäben des § 14 Abs. 1 RVG eine Verfahrensgebühr in Höhe von 250,00 € in Ansatz gebracht worden. Die Bedeutung für den Antragsteller des Eilverfahrens sei leicht unterdurchschnittlich gewesen. Er habe seinen Bedarf nach dem SGB II nur teilweise durch Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung decken könne. Da er im eigenen Haus lebte, habe er jedoch nicht befürchten müssen, obdachlos zu werden. Seine unterdurchschnittlichen Einkommensverhältnisse würden durch die überdurchschnittliche Bedeutung der Angelegenheit kompensiert. Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sei leicht unterdurchschnittlich. Ausgehend von einer objektiven Betrachtung der qualitativen Anforderungen der anwaltlichen Tätigkeit im konkreten Fall hätten Schwierigkeiten allenfalls im Umgang mit den Grundsicherungsträger als Antragsgegner im Eilverfahren bestanden. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit sei durchschnittlich.
Sie habe sich zwar nicht auf lapidare Mitteilungen beschränkt, eine überdurchschnittliche Beanspruchung sei dennoch nicht zu erkennen. Die Beschwerdeführerin habe aufgrund der Vielzahl von Verfahren von Synergieeffekten profitieren können, indem sie auf in anderen Schriftsätzen getätigte Ausführungen zurückgreifen habe können.
Gegen den am 23.05.2012 zugestellten Beschluss hat die Beschwerdeführerin am 04.06.2012 Beschwerde zum Sächsischen Landessozialgericht (LSG) erhoben. Sie h ält die Vergütungsfestsetzung für unrichtig. Die Geltendmachung der Höchstgebühr sei angesichts des Arbeitsaufwandes und der Bedeutung der Sache gerechtfertigt. Dem Akteninhalt sei der große Umfang der Sache eindeutig zu entnehmen. Der komplexe Fall mit seinen zahlreichen tatsächlichen und rechtlichen Facetten sei weit über einen "Normalfall" hinausgegangen.
Die Angelegenheit sei existenzbedrohend gewesen. Zwar habe keine Obdachlosigkeit gedroht, versagt worden seien jedoch die gesamten SGB II-Leistungen. Im sozialrechtlichen Eilverfahren sei im Regelfall ohnehin von einer überdurchschnittlichen Bedeutung auszugehen. Auch der zeitliche Aufwand sei umfangreich gewesen. Parallel geführte andere Verfahren rechtfertigten keine Herabsetzung der Verfahrensgebühr. Aus der Ähnlichkeit der Sachen resultiere kein viel geringerer Umfang. Jedes Verfahren müsse eigenständig bearbeitet werden, jeder Schriftsatz erfordere seinen eigenen Text. Hierbei sei es unbehelflich, wenn Textpassagen aus anderen Schriftsätzen entnommen würden. Die Schriftsätze müssten dann einer noch gewissenhafteren Prüfung und Bearbeitung unterzogen würden, um Unterschiede zu erkennen und herauszuarbeiten. Synergieeffekte, die das RVG nicht kenne, hätten nicht bestanden.
Die Beschwerdeführerin beantragt:
Die aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung wird auf 571,20 € festgesetzt, insoweit 460,00 € Verfahrensgebühr, Auslagenpauschale von 20,00 € und einen Umsatzsteuerbetrag von 91,20 €.
Der Beschwerdegegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er hält die festgesetzten Gebühren und Auslagen für richtig. Insbesondere sei die Verfahrensgebühr nur in Höhe der Mittelgebühr entstanden. Auch wenn das Verfahren auf den ersten Blick überdurchschnittlich umfangreich gewesen sei, habe die Beschwerdeführerin von erheblichen Synergieeffekten profitieren können. Dies belege bereits der Antragsschriftsatz, in dem sie selbst auf bereits anderweitig gemachte Ausführungen verweist und der von Seite 5 bis Seite 15 oben aus Texten des Verfahrens S 38 AS 1010/07 bestehe. Für dieses Verfahren stehe ihr eine Vergütung zu. Berücksichtigte man die Texterstellung im Eilverfahren nochmals, läge eine nicht zu rechtfertigende Doppelberücksichtigung vor.
Dem Senat lagen Akten des Vergütungsfestsetzungsverfahrens einschließlich des Erinnerungsverfahrens und des PKH-Beiheftes sowie die Akten des Verfahrens S 38 AS 7610/10 ER vor.
II. 1. Wegen grundsätzlicher Bedeutung hat der an sich nach § 56 Abs. 1 Satz 2, § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG zuständige Einzelrichter die Sache zur Entscheidung auf den Senat übertragen (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 8 Satz 2 RVG).
2. Die Beschwerde ist statthaft und auch im Übrigen zulässig.
Der Senat hält an der ständigen Rechtsprechung des bisher für Kostensachen zuständigen 6. Senat des Sächsischen LSG fest, wonach § 178 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) der Statthaftigkeit einer Beschwerde zum LSG nicht entgegensteht, soweit - wie hier - die Vergütungsfestsetzung des im Wege der PKH beigeordneten Rechtsanwalts betroffen ist.
Zwar entscheidet nach § 178 Satz 1 SGG das SG über Erinnerungen gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle endgültig; diese Vorschrift wird jedoch von § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG als speziellerer Norm verdrängt (so auch Bayerisches LSG, Beschluss vom 04.10.2012 - L 15 SF 13/11 B E - juris RdNr. 11; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 30.08.2010 - L 3 SF 6/09 E - juris RdNr. 17; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11.12.2009 - L 19 B 281/09 AS - juris RdNr. 25; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 29.07.2008 - L 6 B 141/07 - juris RdNr. 18; Thüringer LSG, Beschluss vom 29.04.2008 - L 6 B 32/08 SF - juris RdNr. 15; Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 178 RdNr. 3, § 73a RdNr. 13 f.; anderer Ansicht: LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 18.09.2012 - L 5 AS 44/10 B - juris RdNr. 10 ff.; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 05.03.2012 - L 5 SF 449/11 B E - juris RdNr. 3; LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 26.01.2011 - L 1 B 266/09 SF E - juris RdNr. 8 ff.; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 02.05.2011 - L 10 P 112/10 B - juris RdNr. 10 ff.; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 29.01.2008 - L 4 B 13/08 SB - juris RdNr. 8 ff.; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 14.06.2007 - L 13 B 4/06 AS SF - juris RdNr. 7; offen gelassen im Senatsbeschluss vom 13.03.2013 - L 8 AS 179/13 B KO - juris RdNr. 5). Der Entwurf des 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes bestätigt dieses Rangverhältnis, denn in § 1 Abs. 3 RVG soll klargestellt werden, dass die Vorschriften des RVG über die Erinnerung und die Beschwerde den Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren gelten Verfahrensvorschriften - somit auch des SGG mitsamt seines § 178 - vorgehen (siehe BT-Drucks. 17/11471).
Der Wert des Beschwerdegegenstands übersteigt 200,00 € (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG). Beantragt wurde die Festsetzung in Höhe von 571,20 €, erfolgt ist demgegenüber die Festsetzung in Höhe von 321,30 €. Die Beschwerde ist auch fristgerecht innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG eingelegt worden.
3. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Die der Beschwerdeführerin aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen sind in zutreffender Höhe festgesetzt worden.
Der im Wege der PKH beigeordnete Rechtsanwalt erhält die gesetzliche Vergütung in Verfahren vor Gerichten eines Landes aus der Landeskasse (§ 45 Abs. 1 RVG). Der Vergütungsanspruch bestimmt sich nach den Beschlüssen, durch die PKH bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet wurde (§ 48 Abs. 1 Satz 1 RVG). Für die Höhe der Vergütung ist gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG auf das Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zum RVG (VVRVG) zurückzugreifen, wobei in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen - wie hier - das Gerichtskostengesetz nicht anzuwenden ist (§ 183 SGG), Betragsrahmengebühren entstehen (§ 3 Abs. 1 Satz 1 RVG).
a) Obschon die Höhe der Gebühr streitig ist, hat das Gericht nicht gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 RVG ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen. Diese Vorschrift ist nur im Rechtsstreit zwischen Mandant und Rechtsanwalt anzuwenden (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 21.12.2009 - B 14 AS 83/08 R - juris RdNr. 14; Urteil vom 01.07.2009 - B 4 AS 21/09 R - juris RdNr. 13), nicht hingegen im Verfahren zwischen Mandant und erstattungspflichtigem Prozessgegner oder - wie hier - zwischen im Wege der PKH beigeordnetem Rechtsanwalt und Staatskasse um die Höhe der aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren (vgl. Jungbauer, in: Bischof, RVG, 4. Aufl., § 14 RdNr. 131; Mayer, in: Gerold/Schmidt, RVG, 20. Aufl., § 14 RdNr. 35).
b) Die hier allein streitige Verfahrensgebühr findet ihre Rechtsgrundlage in Nr. 3102 VV RVG i. V. m. § 14 Abs. 1 RVG und umfasst einen Betragsrahmen von 40,00 € bis 460,00 €.
aa) Trotzdem die Beschwerdeführerin den Antragsteller auch im Widerspruchsverfahren gegen den Versagungsbescheid vertrat, ist Nr. 3103 VV RVG nicht einschlägig. Nach dieser Nummer umfasst der Betragsrahmen 20,00 € bis 320,00 €, wenn eine Tätigkeit im Verwaltungsverfahren oder im weiteren, der Nachprüfung des Verwaltungsakts dienenden Verwaltungsverfahren vorausgegangen ist. Die Minderung trägt dem typisierend anzunehmenden Umstand Rechnung, dass bei Vorbefassung des Rechtsanwalts in einem dem Klageverfahren vorausgegangenen Verwaltungs- oder Widerspruchsverfahren ein Synergieeffekt auftritt, der sich in Gestalt einer Verringerung des Arbeitsaufwandes und der Schwierigkeit im nachfolgenden Verfahren niederschlägt (vgl. BT-Drs. 15/1971, S. 212; Mayer, in: Gerold/Schmidt, RVG, § 3 RdNr. 17). Das Widerspruchsverfahren stellt jedoch kein dem sozialgerichtlichen Eilverfahren vorgehendes Verwaltungsverfahren im Sinne der Nr. 3103 VV RVG dar (vgl. Sächsisches LSG, Beschluss vom 11.01.2012 - L 6 AS 886/11 B KO - unveröffentlicht; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.05.2012 - L 19 AS 2147/10 B - juris RdNr. 34). Der verringerte Betragsrahmen nach Nr. 3103 VV RVG ist vielmehr auf die Fälle beschränkt, in denen über die zeitliche Nachfolge des weiteren Verfahrens hinaus auch eine Identität der Streitgegenstände besteht. Nur dann ist die typisierende Annahme eines Synergieeffektes berechtigt. Hieran fehlt es aber in sozialgerichtlichen Eilverfahren. In Fällen des § 86b Abs. 1 SGG (Vornahmesachen) ist Streitgegenstand der prozessuale Anspruch auf vorläufige Gestaltung des in der Hauptsache streitigen materiellen Rechts. Er bezieht sich damit zwar auf das zu sichernde Recht, ist jedoch nicht mit diesem identisch. In Fällen des § 86b Abs. 1 SGG (Anfechtungssachen) wiederum ist streitgegenständlich die Frage nach der zeitlichen Geltung der im angefochtenen Verwaltungsakt getroffenen Regelung. Die Rechtmäßigkeit der Regelung ist als Abwägungsbelang nur Element des Entscheidungsgegenstandes. Etwaigen Arbeitserleichterungen ist daher bei der Bemessung der Einzelgebühr im Rahmen von § 14 RVG Rechnung zu tragen.
bb) Innerhalb des hiernach einschlägigen Gebührenrahmens der Nr. 3102 VV RVG bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisses des Auftraggebers nach billigem Ermessen (§ 14 Abs. 1 Satz 1 RVG). Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden (§ 14 Abs. 1 Satz 2 RVG).
Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (§ 14 Abs. 1 Satz 4 RVG).
Der Einräumung eines Ermessensspielraums liegt die Erwägung zugrunde, dass über die Bestimmung dessen, was als noch als billig oder schon als unbillig zu gelten hat, leicht Streit entstehen kann. Denn weder kann die billige Gebühr centgenau beziffert werden, noch generell umschrieben werden, wann eine Unbilligkeit vorliegt. Zur Vermeidung solcher Streitigkeiten räumt der Gesetzgeber dem Rechtsanwalt daher ein Beurteilungs- und Entscheidungsvorrecht ein, das mit der Pflicht zur Berücksichtigung jedenfalls der in § 14 Abs. 1 RVG genannten Kriterien verbunden ist. Literatur und Rechtsprechung gestehen dem Rechtsanwalt darüber hinaus einen Spielraum von 20 Prozent (Toleranzgrenze) zu, der von den erstattungspflichtigen Dritten wie auch den Gerichten zu beachten ist (vgl. BSG, Urteil vom 01.07.2009 - B 4 AS 21/09 R - juris RdNr. 19 m. w. N.; Mayer, in: Gerold/Schmidt, RVG, § 14 RdNr. 12). Voraussetzung ist freilich, dass der Rechtsanwalt nicht ohne weitere Begründung um bis zu 20 Prozent erhöht, sondern aufgrund der Umstände des Einzelfalls in Verbindung mit den Bemessungskriterien eine Ermessenentscheidung getroffen hat (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 17.08.2005 - 6 C 13/04 - juris RdNr. 26; Mayer, aaO.; vgl. auch BSG, Urteil vom 01.07.2009 - B 4 AS 21/09 R - juris RdNr. 24).
Bereits unter der Geltung der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) entwickelt und inzwischen von Literatur und Rechtsprechung einhellig als Grundsatz anerkannt ist für den Durchschnitts- oder Normalfall die Mittelgebühr billige Gebühr im Sinne des RVG.
Sie beträgt die Hälfte der Summe von Mindest- und Höchstgebühr des jeweiligen Betragsrahmens, hier also 250,00 € (40,00 € + 460,00 €, geteilt durch 2) und ist in Fällen zugrunde zu legen, in denen sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts nicht nach oben oder unten vom Durchschnitt abhebt (vgl. Mayer, in: Gerold/Schmidt, RVG, § 14 RdNr. 10). Hiermit wird zum einen Vereinfachungs- und Zweckmäßigkeitsgründen und zum anderen dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz Rechung getragen, wesentlich Gleiches gleich und Wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BSG, Urteil vom 01.07.2009 - B 4 AS 21/09 R - juris RdNr. 24).
Ausgangspunkt der Bestimmung der billigen Gebühr ist daher in jedem Fall die Mittelgebühr.
Unter Beachtung der - nicht abschließenden - Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG sind danach alle konkreten Umstände des Einzelfalls wertend zu betrachten, um in einer Gesamtschau zu beurteilen, ob von der Mittelgebühr nach oben oder unten und ggf. in welchem Maß abzuweichen ist.
Der Senat hält hierbei an der Rechtsprechung des bis 15.07.2012 für das Kostenrecht zuständigen 6. Senats des Sächsischen LSG zur so genannten "Chemnitzer Tabelle" (vgl. Beschluss vom 31.03.2010 - L 6 AS 99/10 B KO - juris) nicht fest. Zur Vereinheitlichung und Vorhersehbarkeit von PKH-Vergütungsfestsetzungen entwickelte der 6. Senat ein System zu vereinfachten Bestimmung der billigen Gebühr im sozialgerichtlichen Verfahren.
Hierzu wurden ausgehend vom statistischen sozialgerichtlichen Durchschnittsfall (Rentenfall ohne rechtliche Besonderheiten mit Befundberichten und einem Gutachten) für verschiedene Kriterien (z. B. Kausalitätsproblem, nur eine Rechtsfrage, Leistungen für mehr als ein Jahr) Zu- oder Abschläge von der Mittelgebühr vorgenommen (vgl. im Einzelnen Sächsisches LSG, aaO. RdNr. 46 ff.).
Der erkennende Senat hält die hiermit einher gehende weitreichende Typisierung für nicht vereinbar mit § 14 Abs. 1 RVG. Der zur Rechtfertigung angeführte Rechtssicherheitsgedanke trägt die dem Tabellensystem immanente Pauschalierung nicht. Dieser Gedanke stößt dann an seine Grenzen, wenn er den vom Parlamentsgesetzgeber vorgegebenen Rahmen des § 14 Abs. 1 RVG nicht beachtet. Diese Gefahr besteht, denn das Tabellensystem wird den Umständen des Einzelfalls nicht durchgehend und nicht hinreichend gerecht. Bereits der Ausgangspunkt vom Rentenfall ohne rechtliche Besonderheiten mit Befundberichten und einem Gutachten als typisch existenzsichernder und statistischer Durchschnittsfall (vgl. Sächsisches LSG, Beschluss vom 31.03.2010 - L 6 AS 99/10 B KO - juris RdNr. 98) ist zweifelhaft. Dies mag in der Vergangenheit statistisch zutreffend gewesen sein. In den letzten Jahren stehen in der Sozialgerichtsbarkeit jedoch Fälle der Grundsicherung für Arbeitsuchende quantitativ im Vordergrund. Im Jahre 2011 etwa entfielen 54,7 Prozent der erledigten Fälle in der sächsischen Sozialgerichtsbarkeit in dieses Teilrechtsgebiet, während auf den Bereich der (allgemeinen) Rentenversicherung insgesamt nur 17,2 Prozent der Erledigungen entfielen (vgl. Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen, Statistischer Bericht - Organisation, Personal und Geschäftsanfall bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften im Freistaat Sachsen 2011, S. 52, abrufbar unter www.statistik.sachsen.de/download/100_Berichte-B/B_VI_2_j11_SN.pdf). Dem Erledigungsanteil entspricht hierbei in etwa auch der Eingangsanteil. Es ist gerichtsbekannt, dass auch bundesweit Streitigkeiten aus dem Bereich des SGB II einen Großteil der sozialgerichtlichen Verfahren stellen.
Hiervon abgesehen ist der sozialgerichtliche Durchschnittsfall aber schon nicht nach quantitativen, sondern qualitativen Kriterien zu bestimmen. Für die Einordnung, ob ein Fall durchschnittlich, über- oder unterdurchschnittlich ist, ist ferner nicht nach einzelnen Rechtsgebieten zu differenzieren (vgl. BSG, Urteil vom 01.07.2009 - B 4 AS 21/09 R - juris RdNr. 35). Die Einordnung anwaltlicher Tätigkeitsfelder stellt stets nur eine Orientierungshilfe dar, die die Einzelfallbetrachtung nicht ersetzen kann (Mayer, in: Gerold/Schmidt, RVG, § 14 RdNr. 16). Grundsätzlich kennzeichnet den sozialrechtlichen Routinefall rechtsgebietsübergreifend die Darlegung eines Anspruchs auf Leistungen mittels Subsumtion unter die Tatbestandsmerkmale der einschlägigen Normen, aber ohne umfangreiche Beweiswürdigung und eingehende Auseinandersetzung mit Rechtsprechung und Literatur (vgl. BSG, aaO.). Diesen Routinefall bildet die "Chemnitzer Tabelle" mit dem "rentenrechtlichen Normalfall" nicht hinreichend ab. Darüber hinaus vermag sie mit ihren Kriterien der Vielgestaltigkeit der sozialrechtlichen Lebenssachverhalte und dem folgend der anwaltlichen Tätigkeit nicht angemessen Rechnung zu tragen. Keine Lösung bietet die Tabelle etwa dann, wenn sich erhebliche Probleme im juristischen oder tatsächlichen Bereich, wie beim Umgang mit problematischen Mandanten, akustischen Verständigungsproblemen oder umfangreichen Beweiswürdigungen, stellen. Ebenso wenig vermag das typisierende Abstellen auf die Anzahl von Streitgegenständen oder von Rechtsfragen den Besonderheiten der jeweiligen Fälle Rechnung zu tragen. Die Anwendung der "Chemnitzer Tabelle" stößt bei der Überprüfung der anwaltlichen Ermessensentscheidung daher an tatsächliche und rechtliche Grenzen, die den Senat hindern, sie weiter anzuwenden.
Maßgebend ist vielmehr eine Bewertung des jeweiligen Einzelfalls anhand der Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG.
c) Den konkreten Umständen des hier zu entscheidenden Falles trägt die Festsetzung der Verfahrensgebühr in Höhe der Mittelgebühr von 250,00 € ausreichend Rechnung.
aa) Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit war durchschnittlich. Hierbei ist der zeitliche Aufwand zu berücksichtigen, den der Rechtsanwalt tatsächlich in der Sache betrieben hat und den er davon auch objektiv auf die Sache verwenden musste (vgl. BSG, Urteil vom 01.07.2009 - B 4 AS 21/09 R - juris RdNr. 28). Bezugspunkt der anwaltlichen Tätigkeit ist das in der jeweiligen Gebührenziffer umschriebene Tätigkeitsfeld, hier die Vertretung im Verfahren vor dem Sozialgericht, in dem Betragsrahmengebühren entstanden. Der durchschnittliche Aufwand hat sich dabei am Ablauf des sozialgerichtlichen (hier: Eil-)Verfahrens zu orientieren. Zu berücksichtigen sind der Aufwand etwa für Besprechung und Beratung, das Lesen der Verwaltungsentscheidung, das Aktenstudium, das Anfertigen von Notizen, das Anfordern und die Sichtung von Unterlagen des Mandanten, der Schriftverkehr mit dem Gericht und der Gegenseite. Die zeitliche Dauer des Eilverfahrens selbst bietet allenfalls eine Orientierungshilfe für den Umfang der Tätigkeit. Für diesen kommt es nicht nur auf die Zahl der gewechselten Schriftsätze an, sondern auch darauf, welchen Einsatz der Anwalt zur Erstellung dieser Ausführungen notwendigerweise erbringen musste (vgl. zum Ganzen BSG, aaO. RdNr. 29 f.).
Während des seit dem 23.11.2010 anhängigen Eilverfahrens hat die Beschwerdeführerin im Zeitraum bis zu dem Eilbeschluss des SG vom 28.12.2010 drei (teilweise umfangreiche) Schriftsätze nebst Anlagen gefertigt sowie eine eidesstattliche Versicherung des Antragstellers zur Akte gereicht und auf Anforderung des SG zwei Negativatteste von Banken im Hinblick auf weitere Kreditausreichungen an den Antragsteller beigebracht. Trotz dieses in relativ gedrängter Zeit absolvierten Arbeitspensums geht der Senat insgesamt von einem noch durchschnittlichen Aufwand der Beschwerdeführerin aus. Denn sie muss sich nicht unerhebliche Arbeitserleichterungen aus der Vorbefassung mit dem Sachverhalt im Rahmen weitere sozialgerichtlicher Verfahren sowie dem parallel geführten Widerspruchsverfahren entgegenhalten lassen, sodass sich der notwendig zu verwendende Arbeitsaufwand objektiv minderte. So waren die letztlich zum Versagungsbescheid vom 22.11.2010 führenden, vom Antragsgegner abverlangten Mitwirkungspflichten im Wesentlichen bereits Gegenstand der Feststellungsklage vom 11.11.2010 (S 38 AS 7352/10) und die Leistungshöhe einschließlich der streitigen Frage zur Höhe und Verwertbarkeit des Miteigentumsanteils Gegenstand weiterer Klageverfahren für die Zeit ab 01.07.2006 (beginnend ab Aktenzeichen S 38 AS 1010/07). Es lag damit nicht die Situation eines Anwalts vor, der erstmals mit der Sache befasst ist und sich vollständig neu in den Lebenssachverhalt einarbeiten muss. Die Beschwerdeführerin konnte vielmehr in vielfältiger Weise an die Vortätigkeiten anknüpfen und diese für die Einarbeitung in den Lebenssachverhalt des Eilverfahrens nutzbar machen. Diese Tatsache erhellt etwa aus den von der Beschwerdeführerin mehrfach erfolgten Hinweisen auf die parallel geführten Verfahren oder die eingefügten Passagen aus anderen Schriftsätzen. Auch eine Einsichtnahme in die Verwaltungsakten des Antragsgegners wurde im Rahmen des Eilverfahrens nicht getätigt. Ferner liegt es auf der Hand, dass etwa das (elektronische) Einfügen des Schriftsatzes vom 09.07.2010 aus dem Verfahren S 38 AS 1010/07 in den Antragsschriftsatz objektiv erheblich weniger Aufwand bereitet als sein erstmaliges Erstellen. Dies gilt ausdrücklich unter Beachtung des Umstandes, dass auch die Inbezugnahme einen eigenständigen Wert hat und selbstverständlich einen gewissen Überprüfungs- und Anpassungsbedarf erfordert. Aufgrund der Vorbefassung waren zudem auch die tatsächlichen Details zur Berechnung des Bedarfs des Antragstellers hinlänglich bekannt. Zudem beschränkte sich der Eilantrag auf Gewährung von Leistungen in mindestens der bis zur Versagung vom Antragsgegner geleisteten Höhe, ohne eine gesonderte Berechnung vornehmen zu müssen. Besonderheiten, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen könnten, sind weder konkret vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Die mit der Beschwerde geltend gemachten grundsätzlichen Bedenken gegen eine den Umfang der anwaltlichen Tätigkeit mindernde Berücksichtigung von auf Vorbefassungen beruhenden Kenntnissen des Lebenssachverhaltes teilt der Senat nicht. Es ist nicht nötig, dass das RVG ausdrücklich von Arbeitserleichterungen oder Synergien spricht. Fremd sind diese dem Gesetz nicht. Typisierende Fälle von Arbeitserleichterungen aufgrund Vorbefassungen enthalten etwa die Gebührentatbestände Nr. 3103 oder Nr. 2401 VV RVG. Dem Kriterium des Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit des § 14 Abs. 1 RVG ist es aber auch sonst immanent, nach dem im Einzelfall erforderlichen Einsatz des Rechtsanwalts zur Bewältigung der Vertretung im sozialgerichtlichen Verfahren zu fragen und hierbei objektive Erleichterungen zu berücksichtigen (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen; Beschluss vom 25.05.2012 - L 19 AS 449/12 B - juris RdNr. 46; Beschluss vom 20.07.2011 - L 16 AL 103/10 B - juris RdNr. 36; Thüringer LSG, Beschluss vom 15.02.2012 - L 6 SF 1489/11 B - juris RdNr. 7; Bayerisches LSG, Beschluss vom 02.12.2011 - L 15 SF 28/11 B E - juris RdNr. 21, 24 m. w. N.; bereits zur BRAGO BSG, Beschluss vom 22.02.1993 - 14b/4 Reg 12/91 - juris RdNr. 7 ["Rationalisierungseffekte"]).
bb) Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit war leicht überdurchschnittlich. Die vom Umfang zu unterscheidende Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit meint die Intensität der Arbeit (vgl. Mayer, in: Gerold/Schmidt, RVG § 14 RdNr. 16). Ausgehend von einem objektiven Maßstab ist auf einen Rechtsanwalt abzustellen, der sich bei der Wahrnehmung des Mandats darauf beschränken kann und darf, den Fall mit den einschlägigen Rechtsvorschriften, gegebenenfalls unter Heranziehung von Rechtsprechung und Kommentarliteratur, zu bearbeiten. Dies beinhaltet aber auch, dass hierfür spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten in eingeschränktem Umfang erforderlich sein können. Damit ist auf der einen Seite unerheblich, ob der Rechtsanwalt wegen geringer Berufserfahrung Schwierigkeiten bei der Bewältigung der Aufgabe hat. Andererseits spielt es auch keine Rolle, dass der Anwalt etwa auf Grund vertiefter Fachkenntnisse oder Erfahrung das Mandat leichter als andere Rechtsanwälte bewältigen kann (vgl. zum Ganzen BSG, Urteil vom 0.07.2009 - B 4 AS 21/09 R - juris RdNr. 32).
Vorliegend stellte sich in der Kombination von vorläufigem Rechtsschutz gegen den Versagungsbescheid sowie (parallelem) Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung eine vom Routineeilfall abweichende Konstellation, die neben rechtlichen Ausführungen zur Frage der Mitwirkungspflichten zudem eine eingehende Darstellung von Anordnungsanspruch und -grund im Sinne von § 86b Abs. 2 SGG sowie des streitigen Verhältnisses von Rechtsschutz nach § 86b Abs. 1 und Abs. 2 SGG (vgl. etwa LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 08.03.2010 - L 13 AS 34/10 B ER - juris RdNr. 33 m. w. N. zum Meinungsstand) erforderte. Vor diesem Hintergrund und im Zusammenhang mit den sich weiter stellenden Fragen der Verwertbarkeit eines Miteigentumsanteils an einer Immobilie war die Sache als leicht überdurchschnittlich schwierig zu betrachten. Dass sich der Beschwerdeführerin möglicherweise aufgrund der Vorbefassung bereits vertraute Rechtsprobleme stellten, führt - wie ausgeführt - dagegen nicht zu einer Senkung der Schwierigkeit. Synergien entstehen auf tatsächlichem, nicht jedoch juristischem Gebiet.
cc) Die Bedeutung der Angelegenheit für den Antragsteller war durchschnittlich. In Bezug hierauf kommt es auf eine unmittelbare tatsächliche, ideelle, gesellschaftliche, wirtschaftliche oder rechtliche Bedeutung für den Auftraggeber, nicht aber für die Allgemeinheit, an (vgl. BSG, Urteil vom 01.07.2009 - B 4 AS 21/09 R - juris RdNr. 37).
Mit dem Eilverfahren verfolgte der Antragsteller das Ziel der Gewährung vorläufiger Leistungen nach dem SGB II ab 01.12.2010 in Höhe von monatlich mindestens 364,49 €. Hierin kommt zwar grundsätzlich eine nicht unerhebliche wirtschaftliche Bedeutung für ihn zum Ausdruck, denn ohne die ergänzenden vorläufigen Leistungen war er nicht in der Lage, sein soziokulturelles Existenzminimum zu decken. Andererseits kommt nicht jedem Eilverfahren aus dem Bereich der Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende allein wegen der Tangierung existenzsichernder Leistungen überdurchschnittliche Bedeutung zu.
Vielmehr ist in den Blick zu nehmen, dass Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes grundsätzlich lediglich auf eine vorläufige Regelung nur für einen begrenzten Zeitraum gerichtet sind. Es kommt im Regelfall zu keiner endgültigen Klärung der zugrunde liegenden materiell-rechtlichen Streitfragen, sondern nur zu einem zeitlich befristeten Sicherungsergebnis, womit regelmäßig eine geringere Bedeutung der Sache einhergeht (vgl. hierzu Hessisches LSG, Beschluss vom 25.05.2009 - L 2 SF 50/09 E - juris RdNr. 30 [regelmäßig 2/3-Mittelgebühr]; RdNr. 34; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.12.2010 - L 19 AS 1138/10 B - juris RdNr. 37 [Minderung, wenn nur vorläufige Klärung]).
Systematisch entspricht dies auch der Gebührenbemessung in streitwertabhängigen Verfahren. Auch der Streitwert ist nach der Bedeutung der Sache für den Antragsteller zu bemessen (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz). Die Rechtsprechung sieht in Anlehnung an die verschiedenen Streitwertkataloge für Eilverfahren typisierend Abschläge vom Hauptsachestreitwert vor (vgl. etwa Ziffer 7.1 Satz 1 des Streitwertkatalogs für die Sozialgerichtsbarkeit [abgedruckt in Gerold/Schmidt, RVG, Anhang VIII] oder Ziffer 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit [abgedruckt in Gerold/Schmidt, RVG, Anhang VII]).
Dies gilt allerdings nicht ausnahmslos. Kommt der gerichtlichen Eilentscheidung eine die Hauptsache vorwegnehmende Bedeutung zu und war eine vollständige Aufklärung des Sachverhalts oder eine abschließende Prüfung der Sach- und Rechtslage vorzunehmen (vgl. hierzu Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 - juris RdNr. 25), erreicht die Bedeutung der Eilsache die Bedeutung der Hauptsache. Dem entsprechen auch die Empfehlungen der Streitwertkataloge (vgl. etwa Buchst. B Ziffer 7.1 Satz 2 des Streitwertkatalogs für die Sozialgerichtsbarkeit [abgedruckt in Gerold/Schmidt, RVG, Anhang VIII] oder Ziffer 1.5 Satz 2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit [abgedruckt in Gerold/Schmidt, RVG, Anhang VII]).
So lag es hier aber nicht. Eine Vorwegnahme der Hauptsache erfolgte nicht. Zum Einen stand die Versagung wegen fehlender Mitwirkungshandlungen, die der Nachholung zugänglich waren, im Raum. Zum Anderen wurde auch materiell-rechtlich auf eine abschließende Prüfung der Sach- und Rechtslage - insbesondere im Hinblick auf die streitigen Fragen zur Verwertbarkeit des Miteigentumsanteils - gerade verzichtet.
dd) Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Antragstellers sind unterdurchschnittlich.
Ohne dass es einer Entscheidung zur genauen Höhe seines Einkommens bedarf, lagen seine Einkommensverhältnisse jedenfalls im unterdurchschnittlichen Bereich, denn von mehr als 199,33 € monatlichen Mieteinnahmen ging auch der Antragsgegner nicht aus. Dies gilt auch für die Vermögensverhältnisse, denn sein Miteigentumsanteil war nicht unmittelbar verwertbar.
ee) Ein besonderes Haftungsrisiko ist nicht ersichtlich. Ob diesem Kriterium in sozialgerichtliche Verfahren angesichts des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 103 SGG) und der Möglichkeit von Überprüfungsverfahren nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch überhaupt Bedeutung zukommt, kann daher dahinstehen. Sonstige unbenannte Kriterien (vgl. hierzu Mayer, in: Gerold/Schmidt, RVG, § 14 RdNr. 20), die geeignet wären, zu einer Herauf- oder Herabbemessung der Gebühr zu führen, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
ff) Die vom Durchschnitt abweichenden Kriterien "Schwierigkeit der Angelegenheit" sowie "Einkommens- und Vermögensverhältnisse" kompensieren sich gegenseitig (vgl. Mayer, in: Gerold/Schmidt, RVG, § 14 RdNr. 11). Da im Übrigen sowohl Umfang als auch Bedeutung durchschnittlich sind und nicht wenigstens eines dieser beiden Kriterien überdurchschnittlich ausgeprägt ist, greift die Mittelgebühr der Nr. 3102 VV RVG Platz.
d) Die weiteren Auslagentatbestände nach Nr. 7002 VV RVG (Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen) und Nr. 7008 VV RVG i. V. m. § 12 Abs. 1 Umsatzsteuergesetz (Umsatzsteuer auf Vergütung) sind nicht streitig und der Höhe nach zutreffend festgesetzt.
III. Diese Entscheidung ergeht gebührenfrei (§ 56 Abs. 2 Satz 2 RVG). Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Satz 3 RVG). Sie ist nicht weiter anfechtbar (§ 56 Abs. 2 Satz 1 RVG i. V. m. § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG)