· Fachbeitrag · Außergerichtliche Streitschlichtung
Antworten auf Vergütungsfragen des Rechtsanwalts
von RA U.W. Hauskötter, Dortmund
| Insbesondere in den letzten Jahren ist die außergerichtliche Streitschlichtung im Vordringen. Auch hiermit lassen sich Gebühren verdienen. Der diesjährige 66. Deutsche Anwaltstag in Hamburg behandelte als Schwerpunktthema die „Anwaltsvergütung bei außergerichtlicher Streitschlichtung“. Eine Beitragsreihe gibt Ihnen fortan einen strukturierten Überblick, welche Vergütung für welches Schlichtungsmodell anfällt und welche konfliktspezifischen Aspekte zu berücksichtigen sind. Dieser erste Teil behandelt allgemeine Aspekte und das Grundmodell. |
1. Faktoren für die außergerichtliche Konfliktbeilegung
Zwar betrug der Anteil außergerichtlicher Aufträge bei den Rechtsanwälten schon 1987 etwa 70 Prozent aller Mandate. Aber den Großteil der Gebühren verdiente die Anwaltschaft in der Vergangenheit mit Aufträgen für den Zivilprozess. Vor allem drei Entwicklungen der letzten Jahre lassen die außergerichtliche Konfliktbeilegung bedeutsamer werden:
- Die Justizressourcen wurden deutlich verknappt durch Stillstand oder sogar Abbau bei Richter-, Staatsanwalts- und Rechtspflegerstellen. Gerichtsstandorte wurden geschlossen. Es entwickelte sich vielerorts ein Innovationsstau im Bereich moderner Bürotechnik (z.B. durch langsame Ausstattung der Gerichte mit zeitgemäßer Hard-und Software).
- Sowohl die nationalen Normgeber (Bund und Länder) als auch die europäischen Institutionen schaffen verstärkt Regelungen und Angebote für kostengünstige außergerichtliche Streitschlichtungsmodelle. Oft ist die Motivation fiskalisch. Zudem soll ein besserer Zugang zum Recht für den Verbraucher geschaffen werden.
- Gerade die jüngeren Generationen und zunehmende Geschäftsaktivitäten im Internet kehren sich vom klassischen Streitschlichtungsmodell des Zivilprozesses vor Gericht ab - zugunsten von mediativen, schlichtenden oder schiedsrichtenden Konfliktlösungen. Diese verheißen oft eine deutlich schnellere und kostengünstigere Erledigung des Konflikts.
2. Das Grundmodell: Die außergerichtliche Beauftragung
Der häufigste und wichtigste Fall einer konsensualen Streiterledigung mit anwaltlicher Hilfe ist die außergerichtliche Beauftragung. Diese kann erfolgen als Beratungsmandat oder als Auftrag zur außergerichtlichen Vertretung durch den Rechtsanwalt. Für die außergerichtliche Beratung, aber auch für die Erstellung von Gutachten oder für die Tätigkeit als Mediator richtet sich die Vergütung des Anwalts nach Abschnitt 5 des RVG und dort insbesondere nach § 34. Dessen Grundregel in Abs. 1 S. 1 lautet:
„Für einen mündlichen oder schriftlichen Rat oder eine Auskunft (Beratung), die nicht mit einer anderen gebührenpflichtigen Tätigkeit zusammenhängen, ... soll der Rechtsanwalt auf eine Gebührenvereinbarung hinwirken, soweit in Teil 2 Abschnitt 1 des Vergütungsverzeichnisses keine Gebühren bestimmt sind.“ Wenn entgegen der Empfehlung der Gesetzesnorm keine Gebührenvereinbarung getroffen worden ist, erhält der Rechtsanwalt Gebühren nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts. Dies bedeutet, dass für außergerichtliche Beratung Gebühren nach § 612 Abs. 2 BGB vom Anwalt verlangt werden können. § 612 Abs. 2 BGB regelt: „Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.“
Wichtig | Das bedeutet: Da für die Anwaltsvergütung bei außergerichtlicher Beratung seit dem 1.7.06 keine gesetzliche Gebührenregelung mehr besteht, gibt es keine taxmäßige Vergütung. Deshalb ist die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen. Übliche Vergütung kann eine Anwaltsvergütung auf der Basis eines Stundensatzes sein.
Nach statistischen Erhebungen liegt der bundesweit durchschnittliche Stundensatz für Rechtsanwaltstätigkeiten bei etwa 180 EUR pro Stunde. Für spezialisierte Anwälte, für Anwälte, die in wirtschaftsnahen Feldern tätig sind und für solche in Großstädten sind durchweg höhere Stundensätze als Durchschnittsbeträge ermittelt worden. Der am häufigsten von den Anwälten genannte Stundensatz war 150 EUR (Hommerich, Kilian, AnwBl. 06, 437).
PRAXISHINWEIS | Die „übliche Vergütung“ kann auch nach anderen Kriterien bemessen werden. Ohne eine Gebührenvereinbarung nach § 34 Abs. 1 S. 1 RVG bleibt es undeutlich, in welcher Höhe der Anwalt abrechnen kann. Deshalb ist sehr zu empfehlen, für diese Konstellation immer eine Gebührenvereinbarung zu treffen. Das kann nach § 3a Abs. 1 S. 4 RVG sogar mündlich geschehen. |
Wenn der Auftraggeber ein Verbraucher gemäß § 13 BGB ist, beträgt die Gebühr für die Beratung oder Ausarbeitung eines schriftlichen Gutachtens ohne Gebührenvereinbarung höchstens 250 EUR (§ 43 Abs. 1 S. 3 RVG). Sie wird nach § 14 Abs. 1 RVG, also nach den Kriterien der Ermessensausübung, festgelegt. Für ein Erstberatungsgespräch beträgt die Gebühr höchstens 190 EUR. Auch hier gilt: Durch eine Vereinbarung kann der Anwalt die Deckelung der Beratungs- oder der Erstberatungsgebühr abbedingen und das Vereinbarte abrechnen. Nach § 34 Abs. 2 RVG ist die vereinbarte Gebühr für die Beratung auf eine Gebühr auf eine sonstige Tätigkeit, die mit der Beratung zusammenhängt (also auch für eine anschließende außergerichtliche oder gerichtliche Vertretung) anzurechnen. Diese Anrechnung kann durch Gebührenvereinbarung ausgeschlossen werden mit folgendem kurzen Satz:
Musterformulierung / Ausschluss der Anrechnung |
Die Anrechnung der Gebühr für die Beratung auf eine Gebühr für eine sonstige Tätigkeit, die mit der Beratung zusammenhängt, wird ausgeschlossen. |