04.04.2011 | BFH
Destinatäre mit Einfluss sind kapitalertragsteuerpflichtig
Sachverhalt: Die Klägerin ist eine Familienstiftung mit dem Zweck, das Stiftungsvermögen den männlichen Abkömmlingen zu erhalten und ihnen durch Zuwendungen eine gesicherte Lebensstellung zu verschaffen. Die Klägerin erzielte in 2002 bis 2005 Einkünfte aus Kapitalvermögen. Das Finanzamt forderte sie auf, Kapitalertragsteueranmeldungen abzugeben. Sie weigerte sich mit der Begründung, dass ihre Auskehrungen an die Destinatäre keine Leistungen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG 2002 n.F. seien. Das FA nahm die Klägerin daraufhin für Kapitalertragsteuer 2002 bis 2005 von insgesamt 210.946,79 EUR nach § 44 Abs. 5 EStG 2002 n.F. als Haftende in Anspruch. Das FG Berlin-Brandenburg gab der dagegen gerichteten Klage statt. Die Revision des beklagten Finanzamts hatte Erfolg.
Entscheidung: Der BFH weist darauf hin, dass nach der Satzung zwar das Kuratorium der Klägerin über die Verwendung der Erträge bestimmt. Jedoch soll gemäß § 4 Abs. 3 der Satzung zumindest ein Mitglied der Familie im Kuratorium vertreten sein. Ferner können Kuratoriumsmitglieder jederzeit durch Beschluss abberufen werden, den eine Mehrheit von mindestens zwei Dritteln sämtlicher stimmberechtigter Familienmitglieder auf einem ordentlichen oder außerordentlichen Familientag durch Abstimmung fasst (§ 4 Abs. 11 der Satzung). Zur Teilnahme an Familienbeschlüssen sind alle volljährigen männlichen Abkömmlinge der drei Stammväter berechtigt (§ 5 der Satzung). Damit haben hier die Destinatäre ähnlich wie die Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung Einfluss auf die Verwendung der Erträge der Stiftung und letztlich auch des Vermögens. Können die Leistungsempfänger einer Stiftung unmittelbar oder mittelbar Einfluss auf das Ausschüttungsverhalten der Stiftung nehmen, handelt es sich bei den Leistungen um Einkünfte aus Kapitalvermögen.
(BFH 3.11.10, I R 98/09)(Abruf-Nr. 110728)