29.04.2010 | Stiftungsvermögen
Widerspricht die Vermögenserhaltung der gemeinnützigen Mittelverwendung?
Von RA StB Dipl.- FinW. (FH) Dr. Jörg Sauer, Ebner Stolz Mönnig Bachem
Potenzielle Stifter werden in der Planungsphase ihrer Stiftung mit sicherlich gut gemeinten Ratschlägen überhäuft, die jedoch, zumindest auf den ersten Blick, widersprüchlich sind und deshalb oftmals nicht verstanden werden. Als Paradebeispiel kann hierfür das Wechselspiel zwischen stiftungsrechtlicher Vermögenserhaltung und gemeinnützigkeitsrechtlicher zeitnaher Mittelverwendung herangezogen werden. Den Stiftern wird einerseits mit auf den Weg gegeben, dass das in die Stiftung hinein gegebene Grundstockvermögen aus stiftungsrechtlichen Gesichtspunkten zu erhalten ist. Andererseits müssen gleichzeitig sowohl aus stiftungsrechtlicher als auch aus gemeinnützigkeitsrechtlichen Gründen sämtliche Mittel der Stiftung (insbesondere die Erträge aus dem Grundstockvermögen) „zeitnah“ für die gemeinnützigen Stiftungszwecke verwendet werden. Wie dies in Niedrigzinszeiten (Erträge aus festverzinslichen Geldanlagen sind nur unwesentlich höher als der Wertverzehr durch Inflation) bewerkstelligt werden soll, bleibt offen. Der folgende Beitrag versucht diesen nur auf den ersten Blick vorhandenen Wertungswiderspruch aufzudecken und praktikable Lösungsansätze hierfür zu finden.
1. Gebot der Bestandserhaltung des Stiftungsvermögens
Die meisten Landesstiftungsgesetze bestimmen (im Wesentlichen inhaltsgleich), dass das Stiftungsvermögen in seinem Bestand ungeschmälert zu erhalten ist. Das Stiftungsvermögen darf daher grundsätzlich nicht verbraucht, sondern allein zur Erzielung von Erträgen verwendet werden. Da die konkrete Ausgestaltung dieses Grundsatzes nicht näher geregelt wird, ist zunächst zu klären, wo die Grenzen des zu erhaltenden Stiftungsvermögens zu ziehen sind und ob der Grundsatz gegenständlich (Erhaltung des Vermögens in Natur), wertmäßig oder ertragsmäßig auszulegen ist.
1.1 Definition des zu erhaltenden Stiftungsvermögens
Das zu erhaltende Stiftungsvermögen setzt sich aus dem Grundstockvermögen (Stiftungskapital, welches der Stiftung durch den Stifter bei Stiftungserrichtung zugewendet wurde, um aus seinen Erträgen den Stiftungszweck nachhaltig zu erfüllen) sowie nachträglichen Zustiftungen in das Grundstockvermögen (sowohl von Dritten bzw. dem/den Stifter denkbar) zusammen. Potenzielle Stifter/Zustifter haben in diesem Punkt einen erheblichen Gestaltungsspielraum, da diese durch entsprechende Zweckwidmung des zugewendeten Vermögens selbst den Umfang des zu erhaltenden Stiftungsvermögens bestimmen können. Soweit etwa eine dem Vermögenserhaltungsgrundsatz unterfallende Zustiftung und keine sofort für die Stiftungszwecke zu verwendende Spende beabsichtigt ist, könnte folgende Zustiftungserklärung abgegeben werden:
Musterformulierung: Zustiftungserklärung/Annahmeerlaubnis |
„Hiermit wende/n ich/wir der ... Stiftung ... EUR zu, verbunden mit der Maßgabe, dass der zugewendete Betrag dafür bestimmt ist, dauerhaft das Stiftungskapital (Grundstockvermögen) der ... Stiftung zu verstärken (Zustiftung).“
Höchstvorsorglich sollte zudem in die jeweilige Stiftungssatzung aufgenommen werden, dass die Stiftung in jedem Fall berechtigt ist Zustiftungen anzunehmen. Dies könnte wie folgt formuliert werden:
„§ 3 Stiftungsvermögen
(1) Das zu erhaltende Stiftungsvermögen setzt sich aus dem Grundstockvermögen sowie aus weiteren Zustiftungen des Stifters und dritter natürlicher oder juristischer Personen zusammen, wenn sie vom jeweiligen Zuwendenden ausdrücklich zur Aufstockung des Grundstockvermögens bestimmt sind.
(2) Die Stiftung darf derartige Zustiftungen annehmen.“ |
1.2 Auslegung des Vermögenserhaltungsgrundsatzes
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