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  • · Fachbeitrag · Erbrecht

    Pflichtteilsergänzungsanspruch eines bei Schenkung noch nicht geborenen Abkömmlings

    von RAin StBin Martina Weisheit, Frankfurt/M.

    | Der BGH hat seine Rechtsprechung zum Pflichtteilsergänzungsanspruch eines bei Schenkung noch nicht geborenen Abkömmlings geändert. Der folgende Beitrag zeigt, dass die Entscheidung auch Bedeutung für gemeinnützige Stiftungen haben kann. |

    1. Die Entscheidung des BGH

    Der BGH hat am 23.5.12 entschieden, dass auch ein Abkömmling Anspruch auf Pflichtteilsergänzung haben kann, der im Zeitpunkt der Schenkung noch nicht geboren war. Damit ändert er seine bisherige Rechtsprechung (BGH NJW 73, 40; 97, 2676), nach der der Anspruch auf Pflichtteilsergänzung (§ 2325 BGB) voraussetzt, dass zum Zeitpunkt der Schenkung das rechtliche Verhältnis bereits bestand, das den Pflichtteilsanspruch begründet. Gläubiger des Ergänzungsanspruchs konnte nach dieser Auffassung nur sein, wer zum Zeitpunkt der Schenkung bereits pflichtteilsberechtigt war („Theorie der Doppelberechtigung“). Der BGH lässt es nun ausreichen, dass die Pflichtteilsberechtigung im Zeitpunkt des Erbfalls besteht (IV ZR 250/11, ZErb 12, 248, Abruf-Nr. 121830).

     

    1.1 Sachverhalt

    Der Entscheidung des BGH liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die 1976 und 1978 geborenen Enkel (Kläger) machen gegen ihre Großmutter (Beklagte) im Wege der Stufenklage Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche nach ihrem 2006 verstorbenen Großvater (Erblasser) geltend. Die Beklagte und der Erblasser hatten vier Kinder, darunter auch die im Jahr 1984 vorverstorbene Mutter der Kläger. Die Beklagte und der Erblasser errichteten im Jahr 2002 ein gemeinschaftliches privatschriftliches Testament, in dem sie sich u.a. gegenseitig zu Erben einsetzten. Dadurch enterbten sie ihre Enkelkinder, die unstreitig nach § 2303 Abs. 1 S. 1 BGB pflichtteilsberechtigt sind. Vor seinem Tod hatte der Erblasser Schenkungen vorgenommen. Zu dieser Zeit waren die Kläger noch nicht geboren. Die Parteien stritten darüber, ob den Klägern auch dann ein Pflichtteilsergänzungsanspruch zusteht, wenn sie im Zeitpunkt der jeweiligen Schenkungen noch nicht geboren und erst im Zeitpunkt des Todes des Erblassers pflichtteilsberechtigt waren.