· Fachbeitrag · Kooperation
So lassen sich Kooperationen gemeinnütziger Stiftungen im In- und Ausland ausgestalten (Teil 1)
von RA Dr. Tom Offerhaus und RAin Sandra Heide, beide WTS Group AG Steuerberatungsgesellschaft, München
| Im Gemeinnützigkeitssektor wird verstärkt auf nationale und internationale Synergien gesetzt. Nonprofit Organisationen bündeln Ressourcen, Kompetenzen und Erfahrungswerte, um ihre gemeinnützigen Ziele noch umfassender und wirkungsvoller zu erfüllen. Gleichwohl sind die rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen solcher Kooperationen im Blick zu behalten, um ungewünschte Folgen für die Gemeinnützigkeit zu vermeiden. SB nimmt in einer zweiteiligen Serie Gestaltungen unter die Lupe. Im ersten Teil steht die inländische Zusammenarbeit im Fokus. |
Möglichkeiten der Zusammenarbeit bei Stiftungen
Die Möglichkeiten der Zusammenarbeit sind in der Praxis vielfältig und bieten für gemeinnützige Stiftungen in Deutschland zweifelsohne große Potenziale. Dabei geht es etwa um die gemeinsame Umsetzung von Projekten, die gegenseitige Unterstützung oder auch den Zusammenschluss für ein lokales bzw. möglicherweise auch weltweites Netzwerk.
SB zeigt anhand von Beispielen und Praxisfragen, wie die Zusammenarbeit gemeinnütziger Stiftungen in der Praxis ausgestaltet werden kann.
Mittelweitergaben nach § 58 AO
Frage: Unsere Stiftung M ist bereits seit mehreren Jahren als gemeinnützig anerkannt. Gemäß ihrer Satzung verfolgt die Stiftung neben der Förderung der Volks- und Berufsbildung auch die Förderung von Kunst und Kultur. Die Stiftung verfügt über eigene Seminarräume, in denen regelmäßig Bildungsveranstaltungen und kulturelle Events stattfinden. Die Stiftung überlegt, wie sie ihr Engagement in den Förderbereichen ggf. auch mit Hilfe anderer gemeinnütziger Einrichtungen ausweiten kann. Die Stiftung ist gesund, erhält zahlreiche Spenden bzw. Zuschüsse und erzielt u. a. Einnahmen durch Seminarangebote und kulturelle Veranstaltungen. Was ist aus gemeinnützigkeits- und steuerrechtlicher Sicht zu beachten? Was kann die Stiftung tun?
Antwort: Für gemeinnützige Stiftungen ermöglicht die Vorschrift des § 58 AO die wohl einfachste und unkomplizierteste Form der Kooperation. Nach § 58 Nr. 1 und Nr. 2 AO können finanzielle Mittel und auch Sachmittel unentgeltlich an andere gemeinnützige Organisationen weitergegeben werden. § 58 Nr. 4 AO gewährt die Überlassung von Personal und § 58 Nr. 5 AO die Überlassung von eigenen Räumlichkeiten zu steuerbegünstigten Zwecken. Dabei sind aus gemeinnützigkeits- und steuerrechtlicher Sicht v. a. folgende Aspekte zu berücksichtigen:
Teilweise Mittelweitergabe nach § 58 Nr. 2 AO
Über § 58 Nr. 2 AO können Mittel inländischen steuerbegünstigten Organisationen oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts zugewendet werden (AEAO zu § 58 AO Nr. 2 Abs. 2). Eine Mittelweitergabe an privatnützige Organisationen ist hingegen nicht möglich.
Wichtig | Zulässig ist lediglich eine teilweise Mittelweitergabe. Die absolute Obergrenze dürfte bei der Hälfte des Nettovermögens liegen.
Die Empfängerorganisation muss die Mittel für steuerbegünstigte Zwecke verwenden. Die geförderten Zwecke müssen insoweit allerdings nicht mit den Satzungszwecken der Geberkörperschaft übereinstimmen.
Handelt es sich um zeitnah zu verwendende Mittel i. S. v. § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO, unterliegen diese Mittel auch beim Empfänger dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung. Wird dagegen verstoßen, handelt es sich um eine Mittelfehlverwendung bei der Empfängerkörperschaft (AEAO zu § 58 Nr. 2 AO).
Mittelweitergabe als Förderkörperschaft nach § 58 Nr. 1 AO
Für gemeinnützige Stiftungen kommt auch eine Mittelweitergabe als Förderkörperschaft nach § 58 Nr. 1 AO in Betracht.
Wichtig | Eine höhenmäßige Begrenzung gilt im Rahmen von § 58 Nr. 1 AO grundsätzlich nicht. Die gemeinnützige Stiftung muss aber imstande bleiben, ihren Stiftungsbetrieb aufrechtzuerhalten.
- Empfängerkreis: Zum zulässigen Empfängerkreis gehören neben inländischen steuerbegünstigten Körperschaften und juristischen Personen des öffentlichen Rechts auch ausländische Organisationen. Für die zuletzt genannten Einrichtungen gelten jedoch zusätzliche Voraussetzungen, die im zweiten Teil des Beitrags gesondert dargestellt werden.
- Förderzweck: Für Mittelweitergaben nach § 58 Nr. 1 AO muss in der Satzung der Geberkörperschaft ausdrücklich die Mittelbeschaffung für andere Organisationen als Förderzweck niedergeschrieben sein. So muss die „Beispiels-Stiftung“ M in ihre Satzung ausdrücklich aufnehmen, dass sie Förderkörperschaft nach § 58 Nr. 1 AO ist, um etwa gemeinnützige Träger von Museen und Kultureinrichtungen finanziell unterstützen zu können.
- Zweckidentität: Erforderlich ist weiter, dass die Zwecke der hingebenden und der empfangenden Körperschaft identisch sind (AEAO zu § 58 AO Nr. 1 S. 8) Sprich: Die Empfängerkörperschaft dürfte die von der Stiftung M erhaltenen Mittel nur für die Förderung der Volks- und Berufsbildung oder die Kunst- und Kulturförderung verwenden. Dies ist entsprechend zu dokumentieren.
Überlassung von Personal und Räumlichkeiten nach § 58 Nr. 4 und Nr. 5 AO
§ 58 Nr. 4 AO gewährt die Überlassung von Personal und § 58 Nr. 5 AO die Überlassung von eigenen Räumlichkeiten zu steuerbegünstigten Zwecken.
- Personal: Bei der Überlassung von Personal nach § 58 Nr. 4 AO ist entscheidend, dass das „überlassene“ Personal von der Empfängerorganisation nur zur Verwirklichung steuerbegünstigter Zwecke eingesetzt wird. Die Empfängerkörperschaft muss dabei nicht zwingend selbst steuerbegünstigt sein.
- Räumlichkeiten: Anders ist dies bei der Überlassung von Räumlichkeiten nach § 58 Nr. 5 AO. Zulässig ist die Überlassung von Räumlichkeiten lediglich zugunsten anderer steuerbegünstigter Körperschaften oder juristischen Personen des öffentlichen Rechts zur Nutzung zu gemeinnützigen Zwecken.
Soll die Überlassung von Personal und/oder Räumlichkeiten entgeltlich erfolgen, ist im Vorfeld zu klären, wie das Entgelt steuerlich einzuordnen sein wird. Ggf. wird durch die Überlassung ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb begründet.
Durchführung gemeinsamer Projekte und Veranstaltungen
Frage: Die gemeinnützige Stiftung B ist im Bereich der Wissenschafts- und Forschungsförderung tätig. Die Stiftung richtet zahlreiche Veranstaltungen wie z. B. Seminare, Tagungen und Vorträge aus. Die Stiftung plant ein Symposium mit Themen aus Wissenschaft und Forschung. Hierzu sind externe Räumlichkeiten anzumieten. Die Veranstaltung soll in Zusammenarbeit mit weiteren gemeinnützigen Trägern durchgeführt werden. Was ist hierbei aus gemeinnützigkeitsrechtlicher Sicht zu beachten?
Antwort: Bei der Durchführung gemeinsamer Projekte und Veranstaltungen ist auf die Ausgestaltung der Kooperation zu achten. Aus gemeinnützigkeits- bzw. steuerrechtlicher Sicht ist es ratsam, vorab schriftliche Vereinbarungen zu schließen und darin die wesentlichen Rechte und Pflichten der Kooperationspartner festzuhalten. Je nach Umfang und Größe der Veranstaltung können auch informelle Abstimmungen, z. B. per E-Mail oder Telefon, erfolgen. Wichtig ist zu Nachweiszwecken allerdings die schriftliche Dokumentation und selbstverständlich auch die entsprechende Umsetzung in der Praxis.
Vermeidung der Begründung einer Außen-GbR
Bei der Zusammenarbeit mit anderen gemeinnützigen Einrichtungen ist darauf zu achten, dass die beteiligten Organisationen durch ihre Zusammenarbeit nicht versehentlich eine Außen-GbR begründen. Um dies zu verhindern, sollten externe Räumlichkeiten z. B. nicht als Kollektiv angemietet werden.
Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) kann aufgrund ihrer Rechtsform nicht als gemeinnützig anerkannt werden; sie kann die Steuerbegünstigungen der Gemeinnützigkeit nicht in Anspruch nehmen. Auch gewisse umsatzsteuerliche Befreiungstatbestände ‒ wie z. B. § 4 Nr. 22a UStG ‒ scheiden dann aus.
Alternative Gestaltungsmöglichkeiten
Kooperationen gemeinnütziger Träger sind in der Praxis daher so auszugestalten, dass etwa eine Organisation federführend die Durchführung der Veranstaltung oder des Projekts übernimmt und weitere Partner als Hilfspersonen gemäß § 57 Abs. 1 S. 2 AO einbezogen werden.
Alternativ ist auch eine Einschaltung der Partner nach den Voraussetzungen des § 58 Nr. 1 und Nr. 2 AO bzw. über § 58 Nr. 4 und Nr. 5 AO möglich.
Im Einzelfall mag auch die Errichtung eines e. V. oder einer gemeinnützigen Kapitalgesellschaft (z. B. gGmbH) empfehlenswert sein.
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Planen die Kooperationspartner etwa auch künftig gemeinsame Veranstaltungen, könnten die Partner z. B. eine gGmbH gründen, die die Veranstaltungen zur Förderung gemeinnütziger Zwecke ausrichtet. |
Kooperationen mit Unternehmen und Betrieben
Gemeinnützige Stiftungen können ferner auch mit Unternehmen oder lokalen Betrieben kooperieren.
- Die Unternehmen und Betriebe können z. B. als Förderer von gemeinnützigen Projekten und Veranstaltungen auftreten sowie durch finanzielle Zuwendungen und ggf. auch durch Sachspenden eingebunden werden.
- Auch Sponsoring ist im Unternehmens- und Gemeinnützigkeitsbereich weit verbreitet. Die Stiftung sollte aber nur nach Prüfung der steuerlichen Folgen (v. a. umsatzsteuerliche Auswirkungen) und ggf. Abschluss eines schriftlichen Sponsoringvertrags mit Sponsoren zusammenarbeiten.
Gemeinnützige Stiftungen können zudem bestimmte Forschungsprojekte unterstützen. In der Zusammenarbeit mit Unternehmen und Betrieben ist dabei allerdings stets die unterschiedliche Zielsetzung der Beteiligten im Blick zu behalten. Während gemeinnützige Stiftungen nach Maßgabe des § 55 Abs. 1 S. 1 AO selbstlos handeln müssen, also nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgen dürfen, geht es bei Wirtschaftsunternehmen verständlicherweise natürlich (auch) um wirtschaftliche Interessen.
Wichtig | Um die Gemeinnützigkeit nicht zu gefährden, sollte die Stiftung die Eckpunkte der Förderung z. B. in einem Kooperationsvertrag vorab genau festlegen.
Weiterführender Hinweis
- Den zweiten Teil der Serie finden Sie in der Ausgabe 6/2020. Im Fokus steht die Zusammenarbeit mit ausländischen Organisationen sowie die Ausweitung des lokalen bzw. globalen Netzwerks. Haben Sie Anregungen dazu, schreiben Sie an sb@iww.de.