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  • · Fachbeitrag · Stiftung & Steuern

    Keine Steuerbefreiung für gemeinnützige Stiftungen in sogenannten „Drittstaaten“

    von RA Berthold Theuffel-Werhahn, FAStR/FAHGR, Leiter des Bereichs Stiftungsberatung, PwC AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Kassel

    | Müssen gemeinnützige Stiftungen mit Sitz außerhalb der EU bzw. des EWR in Deutschland erzielte Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung versteuern oder sind sie davon befreit? Mit dieser Frage hat sich das FG Baden-Württemberg beschäftigt. Es entschied gegen eine Stiftung aus der Schweiz ( 23.4.15, 3 K 1766/13, Abruf-Nr. 145035 ). |

    1. Der Fall des FG Baden-Württemberg

    Geklagt hatte eine Stiftung schweizerischen Rechts mit Sitz in der Schweiz. Sie untersteht der dortigen Stiftungsaufsicht und ist in der Schweiz steuerbefreit, weil sie gemeinnützige Zwecke verfolgt.

     

    • Zweck der Stiftung ist „die Schaffung günstiger Voraussetzungen für eine positive Entwicklung des Menschen in einer vom gesellschaftlichen Wandel geprägten Welt. Im Vordergrund steht die möglichst frühzeitige Erforschung und Bekämpfung negativer Einflüsse, die einer gedeihlichen Entwicklung von jungen Menschen hinderlich sein können“.

     

    • In der Stiftungsurkunde ist ferner geregelt, dass der Stiftungszweck grundsätzlich mit Erträgen des Stiftungsvermögens zu erfüllen ist, der Stiftungsrat jedoch auch Zuwendungen zulasten des Vermögens vornehmen kann. Sollte die Stiftung einmal aufgelöst werden, ist ihr verbleibendes Restvermögen einer Institution mit gleicher oder ähnlicher Zielsetzung zuzuweisen und ein Rückfall von Stiftungsmitteln ausgeschlossen.

     

    • Organe der Stiftung sind der Stiftungsrat und die Kontrollstelle. Der Stiftungsrat kann über Einzelheiten der Organisation der Stiftung und der Geschäftsführung oder für die Grundsätze seiner Tätigkeit ein Reglement erlassen, welches der Aufsichtsbehörde zur Genehmigung vorzulegen ist. Die Überprüfung von Buchführung und Jahresrechnung der Stiftung unterliegt der Kontrollstelle.

     

    • Die Rechenschaftsablage der Stiftung in Gestalt des Berichts der Revisionsstelle, eines ausgefüllten Fragebogens und des Jahresberichts wurde von der Stiftungsaufsicht im Rahmen der gesetzlichen Aufsichtspflicht jährlich geprüft und genehmigt.

     

    Im Stiftungsvermögen befand sich unter anderem ein nicht näher beschriebenes Tagungszentrum in Deutschland, das von der Stiftung verpachtet wurde. Alle Neben- und Betriebskosten in Zusammenhang mit dem Pachtgegenstand hatte die Pächterin zu tragen. Zu Leistungen, die über die Überlassung des Pachtgegenstands, dessen Instandhaltung und Instandsetzung hinausgehen, hatte sich die Stiftung nicht verpflichtet. Das Finanzamt behandelte die Stiftung in den Jahren 2004 bis 2008 mit den aus der Verpachtung des Tagungszentrums erzielten Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als beschränkt steuerpflichtig. Es führte eine Außenprüfung durch und setzte für Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung Körperschaftsteuer unter Vorbehalt der Nachprüfung fest. Dagegen legte die Stiftung Einspruch ein. Sie begehrte, die Körperschaftsteuerbescheide ersatzlos aufzuheben und Freistellungsbescheiden wegen Gemeinnützigkeit zu erteilen. Nach erfolglosem Einspruch erhob die Stiftung Klage. Das FG hielt die Klage für nicht begründet.

     

    1.1. Grundsätzlich beschränkte Steuerpflicht für Mieteinkünfte

    Mit ihren Einkünften aus der Verpachtung des im Inland belegenen Grundvermögens ist die Stiftung beschränkt steuerpflichtig. Beschränkt körperschaftsteuerpflichtig sind ausländische Stiftungen mit ihren inländischen Einkünften (§ 2 Nr. 1 KStG). Beschränkt körperschaftsteuerpflichtig bedeutet dabei nur, dass ausländische juristische Personen nicht ihre sämtlichen Einkünfte, die sie im Ausland erzielen, in der Bundesrepublik versteuern müssen (z.B. Vermietungseinkünfte aus Immobilien in ihrem Heimatland oder Zinseinkünfte bei einer Bank in einem ganz anderen Staat).

     

    Es müssen nur die Einkünfte, die in der Bundesrepublik erzielt werden, auch versteuert werden (daher „beschränkt“). Was als Einkommen gilt und wie das Einkommen zu ermitteln ist, bestimmt sich - für inländische gleichermaßen wie für ausländische Stiftungen e- wiederum nach dem EStG (§ 8 Abs. 1 S. 1 KStG). So sind inländische Einkünfte i.S. der beschränkten Einkommensteuerpflicht u. a. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, wenn das Grundvermögen im Inland belegen ist (§ 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG i.V. mit § 1 Abs. 4 EStG und § 21 EStG).

     

    1.2. Steuerbefreiung für gemeinnützige Stiftung in der Schweiz?

    Nun wäre eine deutsche Stiftung, die eine Immobilie in Deutschland vermietet, für daraus erzielte Überschüsse von der Körperschaftsteuer befreit. Vorausgesetzt sie dient nach Satzung, Stiftungsgeschäft oder sonstigen Verfassung und tatsächlicher Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 S. 1 KStG i.V. mit §§ 51 bis 68 AO).

     

    Anders wäre es nur, wenn die gemeinnützige Stiftung diese Einkünfte im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs erzielte. Dann wiederum wären die Einkünfte doch steuerpflichtig, sofern die Einnahmen aus wGB einschließlich Umsatzsteuer 35.000 EUR im Jahr übersteigen (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 S. 2 KStG i. V. mit § 14 AO, § 64 Abs. 3 AO). Regelmäßig liegt aber Vermögensverwaltung vor, wenn Vermögen genutzt, zum Beispiel unbewegliches Vermögen vermietet oder verpachtet wird (§ 14 S. 3 AO). Dies gilt auch, wenn es sich um ein großes Vermögen handelt, dessen Nutzung einen erheblichen Einsatz von Arbeitskraft mit sich bringt.

     

    Nur wenn besondere Umstände vorliegen, kann eine gewerbliche, d.h. eine auf Gewinnerzielungsabsicht abzielende, selbstständige, nachhaltige Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr angenommen werden.

     

    • Beispiel

    Die Stiftung erbringt über die reine Vermietungsleistung noch andere Dienstleistungen, z.B. die Reinigung, Bewachung und Ähnliches („Facility Management“), oder sie nutzt die konjunkturelle Lage aus, um Gewinne zu erzielen oder in ungewöhnlichem Maße Fremdkapital zur Finanzierung aufnimmt (Theuffel-Werhahn, SB 12, 174).

     

    Diese besonderen Umstände lagen aber im Streitfall nicht vor, es handelte sich um Vermietungseinkünfte im Rahmen der Vermögensverwaltung. Die für inländische Stiftungen geltende Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 S. 1 KStG i.V. mit §§ 51 bis 68 AO wollte die schweizerische Stiftung auch für sich in Anspruch nehmen. Dies erscheint zunächst einmal verständlich und nachvollziehbar. Sie berief sich auf § 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG. Danach gelten die Steuerbefreiungen nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG - z.B. inländische Stiftungen - auch für ausländische, sofern

    • diese „nach den Rechtsvorschriften eines EU- oder EWR-Mitgliedstaats gegründet“ wurden,
    • sich ihr Sitz und Ort der Geschäftsleitung innerhalb des Hoheitsgebiets eines dieser Staaten befindet und schließlich
    • mit diesen Staaten ein Amtshilfeabkommen besteht.

     

    Beachten Sie | Allen ausländischen Stiftungen, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, bleiben die Steuerbefreiungen versagt.

     

    1.3 Steuerbefreiungen nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG

    Das FG erläutert, warum die schweizerische Stiftung die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG erfüllte. Zwar sei ohne Bedeutung, dass die Stiftung in der Schweiz wegen Verfolgung gemeinnütziger Zwecke steuerbefreit sei. Denn maßgeblich für die Beurteilung als gemeinnützig sei allein das (innerstaatliche) deutsche Recht, gleichviel, ob die betreffende Körperschaft im In- oder im Ausland ansässig ist.

     

    Die Stiftung habe in den Streitjahren gemeinnützige Zwecke i.S. des § 52 AO verfolgt. Als übergeordneten Zweck der Stiftung nennt ihre Satzung die „Schaffung günstiger Voraussetzungen für eine positive Entwicklung des Menschen in einer vom gesellschaftlichen Wandel geprägten Welt“. Dieser Zweck werde in der Stiftungssatzung konkretisiert. Die dort genannten Zwecke (Erforschung und Bekämpfung negativer Einflüsse, die einer gedeihlichen Entwicklung junger Menschen hinderlich sein können) sowie der aufgeführte weitere Zweck des Betriebs eines Museums fallen als Förderung von Wissenschaft und Forschung, Bildung und Erziehung, der Jugendhilfe und Kultur in den Bereich der in § 52 Abs. 2 Nr. 1, 4, 5, 7 AO genannten Zwecke.

     

    Ferner werden in der Stiftungsurkunde der Stiftung kein Zweck erwähnt, der nicht einem der in § 52 Abs. 2 AO genannten Zwecke zugeordnet werden könne. Die Angabe eines bestimmten Zwecks enthalte ohne Weiteres auch die Feststellung, dass keine anderen als die angegebenen Zwecke verfolgt werden. Des Weiteren bestünde kein Zweifel daran, dass die Stiftung in Erfüllung ihrer satzungsmäßigen Zwecke selbst tätig geworden sei, d.h. diese durch eigene, ihr zuzurechnende Tätigkeiten verwirklicht habe. Nicht erforderlich sei es, in der Satzung auch etwaige, für die Steuerbefreiung unschädliche Betätigungen gemäß § 58 Nr. 2 bis 12 AO zu regeln. Auch der Grundsatz der satzungsmäßigen Vermögensbindung stünde in den Streitjahren einer Anerkennung der Stiftung als gemeinnützig wegen § 62 AO nicht entgegen. Anhaltspunkte dafür, dass die tatsächliche Geschäftsführung der Stiftung nicht auf die ausschließliche und unmittelbare Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke gerichtet gewesen sei (§ 63 AO), ließen sich den Tätigkeitsberichten der Streitjahre nicht entnehmen.

     

    1.4 Aber: Ausnahmeregelung in § 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG greift nicht

    Als in der Schweiz ansässige Stiftung unterfällt sie aber nicht der Ausnahmeregelung in § 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG. Die Schweiz ist weder Mitgliedstaat der EU oder des EWR, sondern ein Drittstaat. Des Weiteren bestand mit der Schweiz in den Streitjahren kein Amtshilfeabkommen in Steuersachen. Zudem bestand auch kein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung mit Auskunftsregelung. Denn für eine solche Auskunftsregelung wäre es erforderlich gewesen, dass sich die Behörden der Mitgliedstaaten gegenseitig alle Auskünfte erteilen, die für eine korrekte Festsetzung der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen geeignet sind. Zwar besteht zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft seit 1971 ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen. In den Streitjahren enthielt dieses Abkommen in seinem Art. 27 Abs. 1b auch eine Verpflichtung zur Amtshilfe zur Durchführung innerstaatlichen Rechts. Dieses war allerdings auf Betrugsdelikte beschränkt.

    2. Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit?

    Der EuGH hat entschieden, dass eine Beschränkung des freien Kapital- und Zahlungsverkehrs vorliegt, wenn eine Steuerbefreiung für Vermietungseinkünfte nur zugunsten von Stiftungen gilt, die als gemeinnützig anerkannt und grundsätzlich in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig sind. Dies ist nach Art. 63 AEUV grundsätzlich verboten. Die Kapitalverkehrsfreiheit ist auch im Verhältnis zu Drittstaaten anwendbar, sodass sich auch die in der Schweiz ansässige Stiftung auf sie berufen kann.

     

    2.1 Keine Rechtfertigung durch Art. 64 AEUV

    Eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit im Verhältnis zu Drittstaaten ist im Streitfall nicht durch Art. 64 AEUV gerechtfertigt. Danach gilt das Verbot von Beschränkungen des freien Kapitalverkehrs nicht für Beschränkungen auf Drittstaaten, die bereits am 31.12.93 bestanden. Die hier infrage stehende Regelung des § 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG war bereits zuvor ununterbrochen Bestandteil des KStG. Zwar gab es eine Änderung durch das Jahressteuergesetz 2009. Laut EuGH fällt eine Vorschrift, die im Wesentlichen mit der früheren Regelung übereinstimmt oder nur ein Hindernis, das nach der früheren Regelung der Ausübung der gemeinschaftlichen Rechte und Freiheiten entgegenstand, abmildert oder beseitigt, unter die Ausnahmeregelung des Art. 64 AEUV. So hat der EuGH in einer Entscheidung vom 5.5.11 angenommen, dass eine bereits vor dem 31.12.93 bestehende Beschränkung vorliegt, obwohl die dort streitgegenständliche Steuerbefreiung mit Wirkung zum 1.1.08 auf in einem Mitgliedstaat der EU ansässige Gesellschaften erstreckt worden war.

     

    Bei der vorliegenden Beschränkung handelt es sich jedoch nicht um eine in Zusammenhang mit einer Direktinvestition stehende Beschränkung. Mit der Bezugnahme in Art. 64 Abs. 1 AEUV auf „Direktinvestitionen einschließlich Anlagen in Immobilien“ sind nach der Rechtsprechung des EuGH nur bestimmte Direktinvestitionen in Immobilien gemeint.

     

    • Definition von Direktinvestitionen

    Investitionen jeder Art durch natürliche Personen, Handels-, Industrie- oder Finanzunternehmen zur Schaffung oder Aufrechterhaltung dauerhafter und direkter Beziehungen zwischen denjenigen, die die Mittel bereitstellen, und den Unternehmern oder Unternehmen, für die die Mittel zum Zwecke einer wirtschaftlichen Tätigkeit bestimmt sind.

     

    Bei der Stiftung, die gemeinnützige Zwecke verfolgt, handelt es sich nicht um ein Handels-, Industrie- oder Finanzunternehmen. Auch werden keine Mittel einem anderen Unternehmen zum Zwecke einer wirtschaftlichen Tätigkeit bereitgestellt. Vielmehr verpachtet die Stiftung, die neben der Überlassung des Grundstücks keine weitergehenden sonstigen Leistungen an die Pächterin erbringt, das Tagungszentrum im Rahmen ihrer eigenen vermögensverwaltenden Tätigkeit. Damit liegt zwar eine Immobilieninvestition, aber keine Direktinvestition i.S. der Richtlinie 88/361/EWG vor.

     

    2.2 Erfordernis einer wirksamen Steueraufsicht

    Ein Eingriff in die Kapitalverkehrsfreiheit ist hier aber gerechtfertigt, weil keine wirksame Steueraufsicht gegeben ist. Nach dem EuGH ist sie ein zwingender Grund des Allgemeininteresses, der es rechtfertigen kann, unionsrechtlich gewährleistete Grundfreiheiten zu beschränken. In einem Sachverhalt, der nur Mitgliedstaaten und keine Drittstaaten betrifft, gilt Folgendes: Die Finanzbehörden können von der gemeinnützigen Stiftung die Vorlage stichhaltiger Belege verlangen. Außerdem können sie sich aufgrund der Richtlinie 77/799/EWG an die Behörden eines anderen Mitgliedstaats wenden, um alle Auskünfte zu erhalten, die notwendig erscheinen, um die Steuer der ausländischen gemeinnützigen Stiftung ordnungsgemäß zu bemessen. Dies schließt die Frage ein, ob ihr eine Steuerbefreiung erteilt werden kann.

     

    Diese Rechtsprechung, die sich darauf bezieht, dass Verkehrsfreiheiten innerhalb der Union beschränkt werden können, kann aber nicht in vollem Umfang auf den Kapitalverkehr zwischen Mitgliedstaaten und Drittstaaten übertragen werden. Denn der Kapitalverkehr zwischen Mitgliedstaaten und Drittstaaten fügt sich in einen anderen rechtlichen Rahmen ein. Der durch die Richtlinie 77/799 geschaffene Rahmen der Zusammenarbeit zwischen den Behörden der Mitgliedstaaten zwischen diesen und den Behörden eines Drittstaats besteht nicht, wenn dieser Drittstaat keine Verpflichtung zur gegenseitigen Amtshilfe eingegangen ist.

     

    Müssen für einen Steuervorteil Verpflichtungen erfüllt werden und kann nicht überprüft werden, ob sie eingehalten wurden, weil es unmöglich ist, Auskünfte von Behörden des betreffenden Drittlandes zu erhalten, darf der Mitgliedstaat den Vorteil versagen.

     

    Dies gilt insbesondere, wenn - wie hier im Verhältnis zur Schweiz - eine vertragliche Verpflichtung des Drittlandes zur Vorlage der Informationen fehlt. Die Gewährung der Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 2 Nr. 2 i.V. mit § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG ist davon abhängig, dass die Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit u. a. auch im Hinblick auf die tatsächliche Geschäftsführung der Stiftung (§ 63 AO) vorliegen. Um diese zu überprüfen, könnten sich Auskünfte der Schweizer Behörden als notwendig erweisen. Wie oben bereits ausgeführt, bestand mit der Schweiz in den Streitjahren kein Amtshilfeabkommen in Steuersachen und auch kein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung mit Auskunftsregelung, sondern lediglich zur Amtshilfe bei Betrugsdelikten.

    3. Kein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit

    Nach den Gegebenheiten des Streitfalls kam eine Anwendbarkeit der Bestimmungen über die Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV bzw. 43 EVG) nicht in Betracht, da die Stiftung über keine Niederlassung in Deutschland verfügte und das Tagungszentrum im Rahmen ihrer Vermögensverwaltung verpachtete.

    4. Kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz

    Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG kam schon deshalb nicht in Betracht, weil Art. 19 Abs. 3 GG eine Anwendung von Grundrechten nur für inländische juristische Personen vorsieht. Die Erweiterung der Grundrechtsberechtigung des Art. 19 Abs. 3 GG aufgrund des Anwendungsvorrangs der Grundfreiheiten im Binnenmarkt (Art. 26 Abs. 2 AEUV) und des allgemeinen Diskriminierungsverbots wegen der Staatsangehörigkeit (Art. 18 AEUV) erstreckt sich zwar auch auf juristische Personen aus dem EU-Raum, nicht dagegen auf im Drittland ansässige Personen wie hier einer schweizerischen Stiftung.

    5. Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten

    Auf die Diskriminierungsverbote nach Art. 14 i.V. mit Art. 6 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) und Art. 1 des 12. Zusatzprotokolls kann sich die Stiftung gleichfalls nicht berufen. Der Anwendungsbereich von Art. 14 EMRK als akzessorisches Gleichheitsrecht beschränkt sich auf den Genuss der in der Konvention anerkannten Rechte. Art. 6 EMRK gewährleistet ein Recht auf ein faires Verfahren nur für Streitigkeiten über zivilrechtliche Ansprüche oder über eine strafrechtliche Anklage. Das 12. Zusatzprotokoll zur EMRK wurde bislang von Deutschland nicht ratifiziert.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Zur Doppelbesteuerung von Leistungen einer ausländischen Familienstiftung, SB 15, 27
    Quelle: Ausgabe 01 / 2016 | Seite 12 | ID 43779554