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Neuer AEAO: Das ist für Stiftungen wichtig
RAin/StBin Martina Weisheit, Frankfurt a.M.
| Der neue AEAO ist da. Nach den Änderungen des Ehrenamtsstärkungsgesetzes (EhrAmtStG) vom 21.3.13 war deren Umsetzung im AEAO mit Spannung erwartet worden. Der folgende Beitrag gibt einen kurzen Überblick über ausgewählte Aspekte des überarbeiteten AEAO (BMF 31.1.14, IV A 3-S 0062/14/10002, Abruf-Nr. 140651 ). |
1. Mildtätige Förderung bei finanzieller Hilfsbedürftigkeit
Steuerbegünstigte Körperschaften, die Personen unterstützen, die wirtschaftlich hilfsbedürftig sind können in der Praxis oft nicht sicherstellen, dass regelmäßig nur hilfsbedürftige Menschen ihre Leistung in Anspruch nehmen. Deshalb hatte der Gesetzgeber durch das EhrAmtStG in § 53 Nr. 2 S. 8 AO die Möglichkeit geschaffen, die Körperschaft auf deren Antrag von diesem Nachweis zu befreien. Voraussetzung ist, dass aufgrund der besonderen Art der gewährten Unterstützungsleistung sichergestellt ist, dass nur wirtschaftlich hilfsbedürftige Personen unterstützt werden. Für den Bescheid über den Nachweisverzicht sollen die Regelungen über das Feststellungsverfahren nach § 60a AO entsprechend gelten. Bedeutung hat die Nachweiserleichterung vor allen Digen für gemeinnützige Körperschaften, deren Tätigkeiten nur dann als steuerbefreite Zweckbetriebe qualifiziert werden, wenn mindestens 2/3 der Leistungen Hilfsbedürftigen zugute kommt (§ 66 Abs. 3, § 68 Nr. 1a AO; AEAO Tz. 8 zu § 66 AO).
Der Gedanke, dass Einrichtungen, die typischerweise Leistungen an einen variablen Personenkreis wirtschaftlich hilfsbedürftiger Menschen erbringen von bürokratischen Nachweispflichten befreit werden sollen, ist durch den Gesetzgeber leider nur unvollständig umgesetzt worden. Der Nachweis über die Hilfsbedürftigkeit ist dem Nachweis der Art der Unterstützungsleistung gewichen. Dieser muss in einem gesonderten Verwaltungsverfahren (Bescheid über Nachweisverzicht) erbracht werden. Der neue AEAO legt vereinfachend fest, dass auf die Nachweisführung bei der Antragstellung verzichtet werden kann, wenn aufgrund der Art der Unterstützungsleistungen typischerweise davon auszugehen ist, dass nur bedürftige Menschen unterstützt werden. Hierbei sind die besonderen Gegebenheiten vor Ort sowie Inhalte und Bewerbungen des konkreten Leistungsangebots zu berücksichtigen (AEAO Tz. 12 zu § 53 AO). Im Regelfall sind laut AEAO kein Nachweise erforderlich ist bei,
- Kleiderkammern,
- Suppenküchen,
- Obdachlosenasyle
- Tafeln.
Das bedeutet, dass in der Praxis diese Einrichtungen bei dem Antrag auf Nachweisbefreiung im Regelfall keine gesonderte Sachverhaltsschilderung und Nachweis ihres Leistungsangebots vornehmen müssen.
Leider hat die Finanzverwaltung über die im AEAO genannten Beispiele hinaus keine weiteren ähnlichen Einrichtungen genannt. Die pauschale Behauptung, dass die Leistungen ohnehin nur von Hilfebedürftigen in Anspruch genommen werden, reicht nicht aus (AEAO Tz. 12 zu § 53 AO). So soll das Typizitätserfordernis bei einem Sozialkaufhaus nicht vorliegen, da dort grundsätzlich Leistungen erbracht werden, die von jedem in Anspruch genommen werden können.
Beachten Sie | Zu beachten gilt, dass für sämtliche Einrichtungen ein Antrag auf Befreiung von der Nachweispflicht erforderlich ist. Ändert sich bei der gemeinnützigen Einrichtung die Art der Leistungserbringung, muss u.U. ein erneuter Antrag gestellt werden, um Rechtssicherheit zu erlangen.
PRAXISHINWEIS | Einrichtungen, die zwar das Typizitätserfordernis erfüllen, jedoch nicht ausdrücklich im AEAO genannt werden, sollten jedenfalls von der Möglichkeit der formlosen Antragstellung Gebrauch machen. Es bleibt abzuwarten, welche Einrichtungen die Finanzverwaltung mit den aufgeführten Beispielen des AEAO als vergleichbar ansieht. Im Zweifelsfall muss im Antrag der Nachweis des Typizitätserfordernisses der Unterstützungsleistungen erbracht werden. |
2. Lockerung des Endowment-Verbots
Nach dem Endowment-Verbot war es steuerbegünstigten Körperschaften untersagt, Mittel, die der zeitnahen Mittelverwendung unterliegen, zur Vermögensausstattung einer anderen Körperschaft zu verwenden. Durch das EhrAmtStG wurde dieses Verbot mit Wirkung zum 1.1.14 eingeschränkt. Nach § 58 Nr. 3 AO ist es nun zulässig, dass eine Körperschaft ihre
- Überschüsse der Einnahmen über die Ausgaben aus Vermögensverwaltung,
- Gewinne aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben ganz oder teilweise und
- darüber hinaus höchstens 15 % ihrer sonstigen nach § 55 Abs. 1 Nr. 5 zeitnah zu verwendenden Mittel
einer anderen steuerbegünstigten Körperschaft oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts zur Vermögensausstattung zuwendet. Einschränkend sieht jedoch der Gesetzgeber vor, dass die aus den Vermögenserträgen zu verwirklichenden steuerbegünstigten Zwecke den steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecken der zuwendenden Körperschaft entsprechen müssen. Die Empfängerkörperschaft darf die ihr zugewandten Mittel und deren Erträge nicht für weitere Vermögensausstattungen anderer Körperschaften verwenden. Die vom Gesetzgeber geforderte Zweckidentität zwischen Geber- und Empfängerkörperschaft wurde - wie bereits im Schrifttum vertreten (Hüttemann, DB 13, 774) - durch die Finanzverwaltung i.S. einer Teilkongruenz interpretiert. Nach ihrer Ansicht reicht es daher aus, wenn der mit den weitergegebenen Mitteln verfolgte Zweck sowohl vom Geber- als auch vom Empfänger gefördert wird. Im AEAO heißt es: „Beide Körperschaften können daneben aber noch weitere Zweck fördern“ (AEAO Tz. 3 zu § 58 Nr. 3 AO).
Die Finanzverwaltung stellt für die Prüfung, ob die Grenze der Mittelweitergabe eingehalten ist, aus Gründen der Praktikabilität auf die Verhältnisse des vorangegangenen Kalender- oder Wirtschaftsjahrs ab (AEAO Tz. 3 zu § 58 Nr. 3 AO). Dies bedeutet, dass eine steuerbegünstigte Körperschaft auch eine Mittelweitergabe in den Grenzen des § 58 Nr. 3 AO vornehmen könnte, wenn im Jahr der Mittelweitergabe die betragsmäßigen Voraussetzungen des § 58 Nr. 3 AO nicht erfüllt wären. Im umgekehrten Fall könnte sie Mittel nach § 58 Nr. 3 AO nicht weitergeben, wenn die Grenzen im Vorjahr nicht erreicht wurden, aber im Jahr der geplanten Vermögensausstattung ein entsprechender Mittelzufluss bei der Geberkörperschaft selbst zu verzeichnen gewesen ist. Im Einzelfall sollte bei einer abweichenden Finanzsituation der Geberkörperschaft daher eine Abstimmung mit der Finanzverwaltung erfolgen (Kirchhain, DStR 14, 289, 296).
Die zugewandten Mittel sowie deren Erträge unterliegen bei der Empfängerkörperschaft der Mittelverwendungspflicht. Der neue AEAO stellt klar, dass auch die Vermögensausstattung einer steuerbegünstigten Kapitalgesellschaft (z.B. gGmbH) bei Neugründung oder Kapitalerhöhung unter den genannten Voraussetzungen zulässig ist. Nicht erfasst ist dagegen der häufig vorkommende Erwerb von Anteilen an einer bereits bestehenden Kapitalgesellschaft (AEAO Tz. 3 zu § 68 Nr. 3 AO). Damit bestätigt der AEAO die Verwaltungsauffassung, dass der Erwerb von Anteilen an gemeinnützigen Kapitalgesellschaften nur aus der freien Rücklage, einer Kapitalerhaltungsrücklage oder sonstigem, nicht zeitnah zu verwendenden Vermögen möglich sei, ohne gegen das Gebot der Selbstlosigkeit zu verstoßen (OFD Rheinland 20.9.12, DStR 13, 44). Fraglich ist, ob diese Unterscheidung der Mittelausstattung durch Anteilserwerb und durch Neugründung konsistent ist. Sie wäre jedenfalls obsolet, wenn das Halten einer Beteiligung an einer gemeinnützigen Körperschaft, die unmittelbar der gemeinnützigen Zweckverwirklichung der Trägerkörperschaft dient, dem steuerbegünstigten Zweckbetrieb zugeordnet werden könnte.
Beachten Sie | Der neue AEAO stellt klar, dass für Vermögensausstattungen nach § 58 Nr. 3 AO keine Rücklagen gebildet werden dürfen. In Tz. 4 zu § 62 Abs. 1 Nr. 1 AO heißt es: „Eine beabsichtigte Vermögensausstattung nach § 58 Nr. 3 AO rechtfertigt keine Rücklagenbildung nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 AO“. Dies wird im Schrifttum zumindest für Förderkörperschaften i.S. des § 58 Nr. 1 AO, die ihre Mittel für Endowments an andere gemeinnützige Körperschaften oder juristische Personen des öffentlichen Rechts weitergeben dürfen, kritisch gesehen (Kirchhain, DStR 14, 289 (291)).
3. Feststellungsverfahren nach § 60a AO
Eine wesentliche verfahrensrechtliche Änderung, die durch das EhrAmtsStG eingeführt wurde, ist das förmliche Anerkennungsverfahren nach § 60a AO, das die vorläufige Bescheinigung ersetzt und erstmals für die Feststellung der satzungsmäßigen Voraussetzungen der Steuerbegünstigung Rechtssicherheit in Form eines Verwaltungsakts schafft. Da die gesonderte Feststellung nun Voraussetzung für die Einwerbung von Spenden von der Gründungsphase bis zur ersten steuerlichen Veranlagung der gemeinnützigen Körperschaft ist, stellt der neue AEAO klar, dass die Feststellung nach § 60a AO abgelehnt wird, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung über die gesonderte Feststellung bereits Erkenntnisse vorliegen, dass die tatsächliche Geschäftsführung der Körperschaft den Anforderungen des § 51 AO nicht entsprechen wird (AEAO Tz. 2 zu § 60a AO). Dies ist aus Sicht der Finanzverwaltung verständlich, da die Berechtigung zur Ausstellung von Zuwendungsbestätigungen nicht durch Einrichtungen missbraucht werden soll, die die Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit tatsächlich nicht erfüllen. Allerdings ist dieses Vorgehen nicht durch den Gesetzeswortlaut gedeckt (Kirchhain, DStR 14, 289, 292).
Die Feststellung der satzungsmäßigen Voraussetzungen kann bereits vor einer Registereintragung oder einer Anerkennung der Körperschaft erfolgen, sofern zu diesem Zeitpunkt bereits eine Körperschaftsteuerpflicht besteht (AEAO Tz. 4 zu § 60a AO). Ihr muss ein wirksamer Organbeschluss vorausgehen. Bei einer Stiftung, die nach h.M. erst nach Bekanntgabe der behördlichen Anerkennung Rechtssubjektivität erlangt, kann ein Feststellungsbescheid nach § 60a AO daher erst nach dieser Anerkennung ergehen. Im Vorfeld muss daher der Entwurf der Stiftungssatzung mit dem Finanzamt abgestimmt werden, bevor die Anerkennung durch die Stiftungsaufsichtsbehörde erfolgt.
Beachten Sie | Im Ergebnis ist im Gründungsstadium einer Stiftung eine Unbedenklichkeitsbescheinigung noch nicht gegenstandslos. Etwas anderes würde erst gelten, wenn das Rechtsinstitut der Vorstiftung anerkannt werden würde.
4. Verlängerung der Mittelverwendungsfrist
Für viele gemeinnützige Stiftungen ist die Verlängerung der Mittelverwendungsfrist nach § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO von erheblicher praktischer Bedeutung. Mit Wirkung zum 1.1.13 können die Mittel bis zum Ende der auf den Zufluss folgenden zwei Kalender- oder Wirtschaftsjahre verwendet werden. Dies schafft Erleichterungen für eine gemeinnützige Stiftung, wenn ihr z.B. unerwartet ein größerer Betrag zugewendet wird. Die Verlängerung der Mittelverwendungsfrist mit Wirkung zum 1.1.13 führt zu einer faktischen Rückwirkung auf die nach dem 31.12.11 vereinnahmten und noch nicht verauslagten Mittel. Dies hat die Finanzverwaltung ausdrücklich im AEAO anerkannt (AEAO Tz. 29 zu § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO). Explizit führt der AEAO aus, dass die Veräußerung oder der Sphärenwechsel von nutzungsgebundenem Vermögen, das aus zeitnah zu verwendenden Mitteln finanziert wurde, dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung unterliegt (AEAO Tz. 28 zu § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO). Werden derartige Vermögensgegenstände in den Bereich der Vermögensverwaltung oder in den steuerpflichtigen wGB überführt, lebt die Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung in Höhe des Verkehrswerts dieser Vermögensgegenstände wieder auf.
PRAXISHINWEIS | Führt die Mittelverwendungsrechnung aufgrund der Veräußerung oder der Umwidmung zu einem Verwendungsrückstand, muss daher darauf geachtet werden, dass dieser Rückstand gegebenenfalls durch eine freie Rücklage ausgeglichen werden kann oder eine entsprechende Verwendung im Rahmen der Mittelverwendungsfrist erfolgt. |
5. Rücklagenbildung nach AO
Die Verlängerung der Mittelverwendungsfrist spiegelt sich auch in der Rücklagenbildung wider. So sind Rücklagen nach der AO in der Frist des § 55 Abs. 1 Nr. 5 S. 3 AO zu bilden (AEAO Tz. 14 zu § 62 Abs. 2 AO).
5.1 Freie Rücklage
Das bedeutet für die Bildung der freien Rücklage nach § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO n.F., dass Mittel nachträglich innerhalb der beiden Folgejahre in die Rücklage eingestellt werden können, wenn der jährliche Höchstbetrag für die Bildung oder Erhöhung der freien Rücklage nicht ausgeschöpft wurde (AEAO Tz. 11 zu § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO). Der neue AEAO nennt dazu folgenden Beispielsfall:
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Eine steuerbegünstigte Stiftung S hätte im Jahr 01 30.000 EUR in die freie Rücklage einstellen können. Tatsächlich stellte sie aber nur 25.000 EUR ein. In den nächsten beiden Jahren kann die S zusätzlich zu dem für das jeweilige Jahr zulässigen Betrag nach § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO noch weitere 5.000 EUR in die freie Rücklage des jeweiligen Jahres einstellen. Die S kann diesen Betrag auf beide Jahre aufteilen (Jahr 02: 3.000 EUR; Jahr 03: 2.000 EUR) oder den gesamten Betrag (5.000 EUR) entweder im Jahr 02 oder im Jahr 03 in die Rücklage einstellen. |
5.2 Wiederbeschaffungsrücklage
Die durch das EhrAmtsStG eingeführte Wiederbeschaffungsrücklage (§ 62 Abs. 1 Nr. 2 AO) setzt eine tatsächliche Wiederbeschaffungsabsicht voraus. Nach dem AEAO liegt eine solche nur vor, wenn tatsächlich eine Neuanschaffung des einzelnen Wirtschaftsguts geplant und in einem angemessenen Zeitraum möglich ist. Begrüßenswert ist die Erleichterung, die die Finanzverwaltung für den Nachweis der Absicht als inneren Tatsache vorsieht. So ist im Regelfall als Nachweis für die Wiederbeschaffungsrücklage ausreichend, dass diese Rücklage gebildet wurde (AEAO Tz. 6 zu § 62 Abs. 1 Nr. 2 AO). Allerdings gilt diese Nachweiserleichterung nicht für Immobilien.
6. Mittelweitergabe nach § 58 Nr. 2 AO
Interessant ist eine Neuregelung des AEAO hinsichtlich der Mittelweitergabe nach § 58 Nr. 2 AO. Entsprechend dem Gesetzeswortlaut muss sie für die steuerbegünstigten Zwecke der Empfängerkörperschaft erfolgen. Die Verwendung der zugewendeten Mittel unterliegt auch bei der Empfängerkörperschaft dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung (§ 55 Abs. 1 Nr. 5 AO). Bei einem Verstoß liegt eine Mittelfehlverwendung bei der Empfängerkörperschaft vor. Der AEAO sieht nun vor, dass nicht zeitnah zu verwendende Mittel der Geberkörperschaft (z.B. Mittel der freien Rücklage) auch bei der Empfängerkörperschaft nicht dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung unterliegen (AEAO Tz. 2 zu § 58 Nr. 2 AO). Insofern geht die Finanzverwaltung von einer Art „Fußstapfentheorie“ bezüglich der übertragenen Mittel aus.
PRAXISHINWEIS | Fraglich ist, wie ein entsprechender Nachweis der Mittelherkunft erfolgen kann. Im Ergebnis müsste die Geberkörperschaft die entsprechenden Mittel gegenüber der Empfängerkörperschaft kenntlich machen und gegebenenfalls anhand ihrer Mittelverwendungsrechnung nachweisen können. In der Praxis bleibt abzuwarten, welchen Nachweis die Finanzverwaltung hier erwartet. |