· Fachbeitrag · Stiftungsvermögen
Vermögensverwaltung: Zulässigkeit und Grenzen bei gemeinnützigen Stiftungen
von RA, StB, Dipl.- FinW (FH) Dr. Jörg Sauer und StB, Dipl.- FinW, (FH) Stephanie Schwarz
| In Zeiten niedriger und immer noch fallender Zinssätze kämpft so manche Stiftung um die Möglichkeit der Zweckerfüllung. Aufgrund desolater Erträge im Bereich der Vermögensverwaltung ist Kreativität gefragt. Aber die Vermögensverwaltung darf dabei nicht auf die Spitze getrieben werden. Wo das Gemeinnützigkeitsrecht hier die Grenzen zieht, wird im folgenden Beitrag beschrieben. |
1. Grundsätze der Vermögensverwaltung
Auf den ersten Blick scheint die vermögensverwaltende Tätigkeit dem in § 56 AO fixierten gemeinnützigkeitsrechtlichen Grundsatz der Ausschließlichkeit zu widersprechen, da durch die Vermögensverwaltung die satzungsmäßigen Zwecke einer gemeinnützigen Stiftung nicht verfolgt werden. Mittlerweile ist jedoch anerkannt, dass insbesondere bei sogenannten Mittelbeschaffungskörperschaften vermögensverwaltende Tätigkeiten als „Mittel zur Zweckverfolgung“ notwendig sind (AEAO zu § 56 AO Rn. 1). Auch im Gemeinnützigkeitsrecht müssen die Mittel erst erwirtschaftet werden, bevor sie für die gemeinnützigen Zwecke ausgegeben werden können.
Dennoch gibt das Gemeinnützigkeitsrecht, abgeleitet aus den Grundsätzen der Selbstlosigkeit (§ 55 AO) sowie der Ausschließlichkeit (§ 56 AO), Vorgaben zu gemeinnützigkeitskonformen Vermögensanlage.
2. Ziel der Vermögensanlage
Das Gemeinnützigkeitsrecht schreibt grundsätzlich keine bestimmte Anlageform vor. Jedoch ist es einer gemeinnützigen Stiftung aufgrund des Ausnahmecharakters der Vermögensverwaltung nicht gestattet, ihr Vermögen ungenutzt zu lassen, beziehungsweise dauerhaft Verluste daraus zu erwirtschaften (AEAO zu § 55 Rn. 8 i.V. mit Rn. 3 bis 7).
Vielmehr muss ihr Bestreben darauf gerichtet sein, mit dem Vermögen Erträge für die steuerbegünstigte Arbeit zu erzielen. Dabei kommt es nicht auf die maximale Rendite an, sondern es sind auch Sicherheitsaspekte bei den Anlageentscheidungen zu berücksichtigen.
Grundsätzlich ist also jede Vermögensanlage, die - unabhängig von deren Höhe - Erträge erwarten lässt, gemeinnützigkeitsrechtlich zulässig. Darüber hinaus sollten Nachhaltigkeitsgesichtspunkte bei der Vermögensanlage im Interesse einer dauerhaften Verwirklichung der gemeinnützigen Zwecke berücksichtigt werden. Dies wird erreicht, indem die Vermögensverwaltung, neben dem grundsätzlich notwendigen Streben nach Erträgen, auch darauf ausgerichtet ist, einen steten Zufluss von Mitteln für steuerbegünstigte Zwecke sicherzustellen.
Im Folgenden werden praktische Beispiele anhand der Beteiligung an gewerblichen Kapitalgesellschaften aufgezeigt, die mit der Finanzverwaltung diskutiert wurden.
3. Praxisbeispiele
Beteiligungen an gewerblichen Kapitalgesellschaften können z.B. durch Erbschaft oder durch Schenkung zu Lebzeiten des Stifters auf eine gemeinnützige Stiftung übertragen werden. Sei es um frühzeitig die Unternehmensnachfolge und die Versorgung der Familie, z.B. im Rahmen der Errichtung einer Doppelstiftung, zu regeln oder aus rein altruistischen Zwecken des Stifters.
Die Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften auf eine gemeinnützige Stiftung erfolgt dabei grundsätzlich erbschaft- bzw. schenkungsteuerfrei nach § 13 Abs. 1 Nr. 16b ErbStG.
3.1 Beteiligung mit der Mehrheit an Stimmrechten
Kann die gemeinnützige Stiftung aufgrund der Mehrheit der Stimmrechte über die Gewinnausschüttung der Tochterkapitalgesellschaft entscheiden, darf auf Ebene der Tochterkapitalgesellschaft nicht eine fortwährende Gewinnthesaurierung erfolgen. Eine ertragslose Vermögensanlage ist nach herrschender Meinung nicht zulässig. Im Zweifelsfall kann das Finanzamt eine Vermögensumschichtung verlangen, um die weitere Gemeinnützigkeit der Stiftung nicht zu gefährden.
Die gemeinnützige Stiftung muss ihre Stimmrechte so ausüben, dass ihr ausreichend Erträge zur Verwirklichung ihrer satzungsmäßigen Zwecke zur Verfügung stehen. Allein die Ausübung von Gesellschafterrechten führt jedoch noch nicht dazu, dass die Beteiligung bei der Stiftung dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zugeordnet wird (hierzu auch Sauer/Schwarz, SB 12, 167).
Unseres Erachtens bedeutet dies aber nicht zwangsläufig, dass alle Gewinne der Kapitalgesellschaft an die gemeinnützige Stiftung abgeführt werden müssen. In der Literatur wird vielmehr die Auffassung vertreten, dass eine Thesaurierung auf Ebene der Tochterkapitalgesellschaft möglich ist, soweit zulässigerweise Rücklagen auf Ebene der gemeinnützigen Stiftung gebildet werden dürften (AEAO zu § 55 Rn. 2 S. 3 ff.). Diese Betrachtung führt im Endeffekt dazu, dass z.B. die gewerbliche Tochtergesellschaft in Höhe der gemeinnützigkeitsrechtlich zulässigen freien Rücklage (§ 58 Nr. 7a AO) Gewinne thesaurieren darf.
Darüber hinaus muss es unserer Ansicht nach auch zulässig sein, Rücklagen auf Ebene der Tochterkapitalgesellschaft zu bilden, die wirtschaftlich sinnvoll erscheinen. Eine jährliche Vollausschüttung entspricht nicht dem üblichen Geschäftsgebaren. Der Abzug aller Gewinne kann dazu führen, dass der Tochtergesellschaft die notwendige unternehmerische Flexibilität und die Wettbewerbsfähigkeit entzogen wird. Daraus kann eine negative Entwicklung des Tochterunternehmens resultieren, die wiederum eine Gewinnminderung oder gar einen Verlust mit sich bringt. Unter dem Aspekt einer nachhaltigen Vermögensanlage muss daher eine (teilweise) Gewinnthesaurierung zulässig sein.
In Einzelfällen hat die Finanzverwaltung die Vereinbarung einer betragsmäßig festgelegten „Mindestausschüttung“ akzeptiert. Eine derartige Lösung stellt eine Win-win-Situation für alle Beteiligten dar. Einerseits kann die gemeinnützige Stiftung aufgrund des garantierten Mittelzuflusses nachhaltig und dauerhaft ihre steuerbegünstigten Zwecke verfolgen. Andererseits bietet diese Lösung auch der Tochtergesellschaft Planungssicherheit und Flexibilität um unternehmerische Entscheidungen zu treffen.
Zusammenfassend ist somit bei Beteiligungen, die einer gemeinnützigen Stiftung die Mehrheit der Stimmrechte vermitteln, die Beschlussfassung von Gewinnausschüttungen notwendig. Ob diese jährlich und in welcher Höhe diese stattfinden müssen, hängt vom Einzelfall ab. Eine Vollausschüttung ist unseres Erachtens nicht erforderlich. Auch eine Gewinnthesaurierung auf Ebene der Tochtergesellschaft nur in Höhe von gemeinnützigkeitsrechtlichen Rücklagen halten wir grundsätzlich für nicht sachgerecht.
3.2 Beteiligung mit der Minderheit an Stimmrechten
Aufgrund der Minderheitsbeteiligung kann die gemeinnützige Stiftung allein keine Gewinnausschüttungen der gewerblichen Tochterkapitalgesellschaft beschließen. Trotz allem sollten Gewinnausschüttungen an die gemeinnützige Stiftung erfolgen, um deren Qualifikation als gemeinnützigkeitsschädliche ertragslose Beteiligung zu vermeiden.
Über die Höhe der Gewinnausschüttungen lässt sich trefflich streiten. Offizielle Äußerungen gibt es hierzu wie auch zur Gewinnthesaurierung bei Mehrheitsbeteiligungen seitens der Finanzverwaltung nicht.
PRAXISHINWEIS | Es ist jedoch festzuhalten, dass
Gewinnausschüttungen in dem Maße, wie sie von der Literatur im Falle von Mehrheitsbeteiligungen gefordert werden (Gewinnthesaurierung nur in Höhe gemeinnützigkeitsrechtlich zulässiger Rücklagen), sind unseres Erachtens nicht notwendig. |
3.3 Stiftung als Minderheitsgesellschafterin einer Organgesellschaft
Eine Stiftung kann aus gemeinnützigkeitsrechtlicher Sicht auch als Minderheitsgesellschafterin einer Organgesellschaft, der ein ertragsteuerliches Organschaftsverhältnis (§§ 14 ff. KStG) zugrunde liegt, beteiligt sein.
Kennzeichnend für die ertragsteuerliche Organschaft ist, dass das gesamte Einkommen der Organgesellschaft an den Organträger (Mehrheitsgesellschafter) abgeführt werden muss. Dies spricht auf den ersten Blick gegen die gemeinnützigkeitsrechtliche Zulässigkeit, da die Stiftung als Minderheitsgesellschafterin nicht am Ergebnis partizipiert.
Der Gesetzgeber hat die Benachteiligung des Minderheitsgesellschafters erkannt und umfangreiche Schutzmechanismen vorgesehen. So erhält der Minderheitsgesellschafter entweder bei Begründung der Organschaft eine Abfindungszahlung („Verkauf“ der Minderheitsbeteiligung) oder laufende jährliche Ausgleichszahlungen. t
Aufgrund dessen sind bei der gemeinnützigen Stiftung als Minderheitsgesellschafterin Erträge aus der Beteiligung gesichert. Ob sie die Zahlung der Einmalabfindung, die sich am Unternehmenswert der Beteiligung orientiert, oder die jährliche Ausgleichszahlung akzeptiert, ist vom Einzelfall abhängig. Für eine jährliche Ausgleichszahlung sprechen folgende Punkte:
- regelmäßig zufließende Erträge während der Laufzeit des Ergebnisabführungsvertrags,
- Zufluss der fixen Ausgleichszahlung ist unabhängig vom Ergebnis der Organgesellschaft,
- gegebenenfalls übersteigt die Ausgleichszahlung eine angemessene Verzinsung des Abfindungsbetrags,
- keine „Abhängigkeit“ von anderen Gesellschaftern bei Beschlussfassung von Gewinnausschüttungen (bei Nichtvorliegen einer Organschaft) und
- in der Regel ist die Ausgleichszahlung höher als eine anteilige Gewinnausschüttung.
Wie sich zeigt, verschafft die jährliche Ausgleichszahlung der gemeinnützigen Stiftung Planungssicherheit und versetzt sie so in die Lage, langfristig eigene Projekte durchzuführen oder Maßnahmen zu unterstützen. Eine Zustimmung des Vorstands zum Ergebnisabführungsvertrag sollte dennoch erst nach verbindlicher Abstimmung mit der Finanzverwaltung erfolgen.
4. Zusammenfassung
Das Halten von Beteiligungen kann für gemeinnützige Stiftungen eine lukrative Anlageform sein. Aus gemeinnützigkeitsrechtlicher Sicht ist, unabhängig ob eine Mehr- oder Minderheitsbeteiligung besteht, darauf zu achten, dass der Stiftung nachhaltig ausreichend Erträge zufließen. Was als ausreichend betrachtet werden kann, ist im Einzelfall zu prüfen und gegebenenfalls mit der Finanzbehörde abzustimmen.