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  • · Fachbeitrag · Stiftung & Recht

    Leistungen an Stiftungsorgane müssen ausdrücklich genehmigt werden

    von RA Berthold Theuffel-Werhahn, FA StR/FA HGR, Leiter des BereichsStiftungsberatung, PricewaterhouseCoopers AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

    | Zunehmend stehen Stiftungen auch wegen ihres Ausgabeverhaltens im Blickpunkt des allgemeinen Interesses, insbesondere, wenn sie sich teilweise aus öffentlichen Mitteln finanzieren. Die Diskussion um Franz-Peter Tebartz-van Elst, Bischof des Bistums Limburg, zeigt dies aktuell anschaulich. Aber auch die Gerichte beschäftigen solche Fragestellungen mehr und mehr, so z.B. die folgende Entscheidung des OLG Oldenburg vom 1.8.13, 2 U 46/13, Abruf-Nr. 133427 ). |

    1. Der Fall des OLG Oldenburg

    Geklagt hatte eine kirchliche Stiftung des privaten Rechts gegen eines ihrer früheren Organe. Der Beklagte ist als Pfarrer und Dechant geborenes Mitglied des Kuratoriums der klagenden Stiftung und deren früherer Kuratoriumsvorsitzender gewesen. Die Stiftung hatte geltend gemacht, dass ihr früherer Kuratoriumsvorsitzender im Zeitraum 1996 bis 2007 Zahlungen von 277.814 EUR in bar erhalten habe, was insoweit auch unstreitig war. Die Stiftung vertrat die Meinung, der frühere Kuratoriumsvorsitzende habe diese Zahlungen ohne Rechtsgrund erlangt, weshalb sie ihn auf die Rückzahlung dieser geleisteten Zahlungen in Anspruch nahm. Der frühere Kuratoriumsvorsitzende hatte unter anderem eingewandt, dass die Stiftung die Rechtsgrundlosigkeit dieser Leistungen an ihn gekannt und Prüfungen durch Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und die OFD zu keinen Beanstandungen geführt hätten.

     

    Erhalten hatte der frühere Kuratoriumsvorsitzende diese Zahlungen wohl für von ihm geleistete seelsorgerische Leistungen gegenüber den von der Stiftung betreuten Personen (das ergibt sich aus dem Tatbestand nicht eindeutig). Während diese seelsorgerischen Leistungen noch bis einschließlich 1995 Eingang in die Pflegesätze gefunden hätten, galt dies in dem Zeitraum, für den die Stiftung die Rückzahlung der Leistungen der Stiftung an ihren früheren Kuratoriumsvorsitzenden eingeklagt hatte, jedenfalls nicht mehr.

     

    In erster Instanz verurteilte das LG Oldenburg den Beklagten zur Zahlung des eingeklagten Betrags. Es kam zu dem Schluss, dass die Zahlungen ohne Rechtsgrund erfolgt seien, da es an einem entsprechenden Beschluss des Kuratoriums gefehlt habe. Darüber hinaus habe die Genehmigung durch die kirchliche Stiftungsbehörde gefehlt. Bei der Stiftung hätten die als Zeugen vernommenen, mit den Zahlungen betrauten Personen keine Kenntnis davon gehabt; dementsprechend könne der Stiftung auch keine Kenntnis vom fehlenden Rechtsgrund zugerechnet werden. Dass der frühere Kuratoriumsvorsitzende, der diese Leistungen entgegengenommen habe, Kenntnis vom fehlenden Rechtsgrund gehabt habe, schade nicht. Schließlich sei der Anspruch der Stiftung auch nicht verwirkt oder verjährt.

     

    Gegen das erstinstanzliche Urteil legte der frühere Kuratoriumsvorsitzende Berufung ein und machte geltend, dass die Zahlungen bis 1999 in den im Auftrag der Stiftung durch eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft erstellten Prüfungsberichten als seelsorgerischer Aufwand aufgeführt worden seien. Zahlungen hätten auf einer Anordnung des damaligen Kuratoriumsvorsitzenden beruht und auch einer betrieblichen Übung entsprochen. Durch die Einberechnung in die Pflegesätze sei eine Genehmigung erfolgt. Der Verwaltungsleiter der Stiftung habe Kenntnis vom fehlenden Rechtsgrund gehabt, sodass § 814 BGB einschlägig sei. Der Anspruch sei verwirkt, da er, der frühere Kuratoriumsvorsitzende, keinen Vorsatz gehabt habe, sich unrechtmäßig zu bereichern und alle Überprüfungen ohne Beanstandungen geblieben seien. Zudem sei der Anspruch verjährt, weil die von der Stiftung beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft bereits 1981 Kenntnis von den Vorgängen gehabt habe.

    2. Begründung

    Das OLG vermochte sich diesen Argumenten des früheren Kuratoriumsvorsitzenden ebenso wenig anzuschließen wie bereits das LG und wies daher die Berufung des früheren Kuratoriumsvorsitzenden auf seine Kosten zurück. Das OLG wies die Berufung aus folgenden Gründen zurück:

     

    2.1 Fehlende Genehmigung seitens des Trägers

    In den jeweiligen Prüfberichten seien die Barzahlungen an den früheren Kuratoriumsvorsitzenden nicht als solche ausgewiesen gewesen, sondern es fände sich lediglich die Bezeichnung als seelsorgerische Betreuung. Ein in erster Instanz vernommener Zeuge, vermutlich ein Mitarbeiter der von der Stiftung beauftragten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, habe lediglich zu sagen vermocht, dass dies eine Erfassung der streitgegenständlichen Zahlungen gewesen sein könne. Da somit das Offizialat keine Kenntnis der dem früheren Kuratoriumsvorsitzenden zugeflossenen Beträge gehabt habe, habe es diese konsequenterweise auch nicht genehmigen können.

     

    Beachten Sie | Im Bistum Münster bezeichnet man den vom Diözesanbischof für den oldenburgischen Teil des Bistums eingesetzten Vertreter (Vikar) als Offizial, während mit der Bezeichnung „Offizial“ im deutschen Sprachraum zumeist der Gerichtsvikar gemeint ist, der einem römisch-katholischen Kirchengericht vorsteht. Der Offizial, der seit den 1970er Jahren zugleich Weihbischof ist, leitet das Bischöflich Münstersche Offizialat mit Sitz in Vechta (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Offizialat).

     

    2.2 Auch keine Genehmigung durch die Stiftungsaufsichtsbehörde

    Da die erheblichen Barzahlungen an den früheren Kuratoriumsvorsitzenden der Stiftungsbehörde nicht bekannt gewesen seien, könne auch durch die Einberechnung in die Pflegesätze keine Genehmigung durch die Stiftungsbehörde erfolgt sein. Ohne entsprechende Genehmigung seien die Zahlungen allerdings unwirksam gewesen. Soweit das Sozialministerium die Einbeziehung in die Pflegesätze genehmigt habe, sei nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass das Ministerium Kenntnis von dieser ungewöhnlichen Handhabe gehabt hätte. Darüber hinaus könne eine Genehmigung durch das Sozialministerium die erforderliche Genehmigung durch die Stiftungsbehörde nicht ersetzen.

     

    Es könne allerdings ohnehin nicht davon ausgegangen werden, dass eine eventuelle Genehmigung auch über den Zeitpunkt hinaus gewirkt habe, bis zu dem seelsorgerische Betreuungsleistungen in die Pflegesätze einberechnet werden durften. Geltend gemacht worden seien seitens der Stiftung jedoch ohnehin nur Beträge aus einem Zeitraum, ab dem dieses nicht mehr zulässig war.

     

    2.3 Keine Kenntnis der Stiftung von Rechtsgrundlosigkeit der Zahlungen

    Des Weiteren greife § 814 BGB nicht zugunsten des früheren Kuratoriumsvorsitzenden ein. Nach § 814 BGB kann das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war, oder wenn die Leistung einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprach. Schon durch die Beweisaufnahme habe sich nicht bestätigt, dass die übrigen Kuratoriumsmitglieder positive Kenntnis von der Rechtsgrundlosigkeit der Zahlungen gehabt hätten.

     

    Auch fehle es überhaupt an einer Konstellation, die dem Anwendungsbereich des § 814 BGB unterliege, da der frühere Kuratoriumsvorsitzende es selbst in der Hand gehabt habe, die Zahlungen an ihn zu veranlassen oder zu stoppen. Hinzu komme, dass dem früheren Kuratoriumsvorsitzenden aufgrund seiner Funktion als Kuratoriumsvorsitzender bekannt gewesen sei, dass Barzahlungen an ihn nicht durch einen Kuratoriumsbeschluss gedeckt gewesen seien. Insofern habe der frühere Kuratoriumsvorsitzende auch nicht auf ein Recht vertrauen dürfen, die erhaltenen Zahlungen zu behalten.

     

    2.4 Keine Verwirkung des Anspruchs auf Rückzahlung

    Der Verwirkungseinwand, auf den sich der frühere Kuratoriumsvorsitzende berufen hatte, greife ebenfalls nicht durch. Dabei könne es dahinstehen, ob der frühere Kuratoriumsvorsitzende sich darauf eingestellt habe, die Stiftung werde ihr Recht nicht mehr geltend machen. Die verspätete Geltendmachung müsse nämlich zudem als eine mit Treu und Glauben unvereinbare Härte erscheinen. Dass diese Voraussetzung vorliege, trage der frühere Kuratoriumsvorsitzende nicht vor. Er habe vielmehr die Behauptung der Stiftung, er, der frühere Kuratoriumsvorsitzende, sei vermögend, unwidersprochen gelassen.

     

    2.5 Schließlich auch keine Verjährung eingetreten

    Letztlich sei der Anspruch der Stiftung gegen ihren früheren Kuratoriumsvorsitzenden auch nicht verjährt. Eine Zurechnung einer Kenntnis der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft auf die Stiftung über § 278 BGB finde nicht statt. Die Stiftung habe sich nämlich nicht im Verhältnis zu dem früheren Kuratoriumsvorsitzenden der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zur Erfüllung einer Verbindlichkeit bedient. Das gälte nur, wenn die Stiftung gegenüber ihrem früheren Kuratoriumsvorsitzenden verpflichtet gewesen sei, dessen Tätigkeit zu überwachen.

     

    Allerdings habe die Rechtsprechung aus dem Rechtsgedanken des § 166 Abs. 1 BGB abgeleitet, dass auch die Kenntnis eines „Wissensvertreters“ genüge. So müsse ein Gläubiger, der einen Dritten mit der Tatsachenermittlung gerade zur Durchsetzung oder Abwehr unter anderem desjenigen Anspruchs beauftragt habe, um dessen Verjährung es konkret gehe, dessen Kenntnis gegen sich gelten lassen. Denn derjenige, der einen anderen mit der Erledigung bestimmter Angelegenheiten in eigener Verantwortung betraue, habe sich unabhängig von einem Vertretungsverhältnis das in diesem Rahmen erlangte Wissen des anderen zurechnen zu lassen. Der BGH habe zwar offengelassen, ob diese Rechtsprechung unverändert auf § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB übertragen werden könne, obwohl diese Vorschrift nicht nur deliktische, sondern auch vertragliche und bereicherungsrechtliche Ansprüche erfasse.

     

    Nach der zitierten Vorschrift beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger (hier: die Stiftung) von den den (Rückzahlungs-)Anspruch begründenden Umständen (hier: der Rechtsgrundlosigkeit), und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Hätte das OLG Oldenburg die Anwendbarkeit dieser Vorschrift über die Zurechnung des Wissens bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft bejaht, wäre vermutlich ein erheblicher Teil der Ansprüche bereits verjährt gewesen.

     

    Um einen derartigen Wissensvertreter handele es sich, so das OLG Oldenburg in seiner Beschlussbegründung weiter, bei der von der Stiftung beauftragten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft jedoch nicht. Die Stiftung habe die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft nämlich nicht mit der Erledigung bestimmter Angelegenheiten in eigener Verantwortung im Sinne der Rechtsprechung betraut. Die Tätigkeit der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft sei in keiner Weise darauf ausgerichtet gewesen, die Tätigkeit des früheren Kuratoriumsvorsitzenden in dieser Funktion zu überwachen und mögliche Regressansprüche oder Ansprüche sonstiger Art gegen ihn zu verfolgen. Unabhängig davon, ob auf Seiten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Kenntnis oder grobe Fahrlässigkeit vorliege, komme eine Zurechnung bei der Stiftung deshalb nicht in Betracht.

     

    Hinzu komme, dass es für die Kenntnis bzw. Unkenntnis aus grober Fahrlässigkeit i.S. des § 199 BGB bei juristischen Personen auf deren Organe ankomme. Das wäre im zu entscheidenden Sachverhalt der frühere Kuratoriumsvorsitzende selbst gewesen. Sei das Organ einer juristischen Person aber selbst der Schuldner, könne es der juristischen Person die erforderliche Kenntnis nicht verschaffen.

    3. Fazit

    Die Entscheidung des OLG Oldenburg ist in sich schlüssig und stimmig und wird daher aller Voraussicht nach rechtskräftig werden. Die entscheidungsrelevanten Aspekte wurden gesehen und hinreichend gewürdigt. Dass der frühere Kuratoriumsvorsitzende mit einer Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 544 i.V. mit § 522 Abs. 3 ZPO eine Aufhebung der bisherigen Entscheidungen erreicht, scheint eher unwahrscheinlich. Wichtig ist in diesem Zusammenhang noch Folgendes:

     

    • Hätte die Stiftung bei diesem Sachverhalt - aus falsch verstandener „Solidarität“ oder aus Reputationsgründen - keine Klage gegen ihren früheren Kuratoriumsvorsitzenden anhängig gemacht, träfe die gegenwärtigen Organe ohne plausible Gründe z.B.
      • deutlich pessimistisches Gutachten zu den Erfolgsaussichten der Klage,
      • voraussichtlich dauerhafte Vermögenslosigkeit des früheren Kuratoriumsvorsitzenden
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    • Nicht angesprochen - weil für das OLG Oldenburg offensichtlich nicht entscheidungserheblich - wurden strafrechtliche Gesichtspunkte. In ähnlichen Fällen könnte aber möglicherweise durchaus ein konkreter Anfangsverdacht wegen Untreue des früheren Kuratoriumsvorsitzenden zum Nachteil der Stiftung nach § 266 Abs. 1 StGB anzunehmen sein.

     

    Bei der Lektüre der Entscheidung fällt auf, dass der Anspruch der Stiftung gegen ihren früheren Kuratoriumsvorsitzenden möglicherweise noch aus anderen Rechtsgründen berechtigt gewesen sein könnte:

     

    • § 280 Abs. 1 BGB i.V. mit dem Anstellungsvertrag zwischen der Stiftung und dem früheren Kuratoriumsvorsitzenden oder, falls weder ausdrücklich noch konkludent ein Anstellungsvertrag geschlossen wurde: Auftrag, § 662 BGB (über die Verweisungen in § 27 Abs. 3, § 86 BGB). Ob dem früheren Kuratoriumsvorsitzenden das Haftungsprivileg des seit 3.10.09 geltenden § 31a Abs. 1 S. 1 und 3 i.V. mit § 86 zugute gekommen wäre, darf bezweifelt werden: Jedenfalls bis zur Änderung des § 31a BGB durch das Ehrenamtsstärkungsgesetz am 29.3.13 hätte der frühere Kuratoriumsvorsitzende „Vorstand“ der Stiftung gewesen sein müssen. Das Haftungsprivileg entfällt aber bereits deshalb, weil er die Rechtsgrundlosigkeit der an ihn geleisteten Zahlungen kannte, also Vorsatz vorlag.

     

    • § 823 Abs. 2 i.V. mit § 266 Abs. 1 StGB, wenn dem früheren Kuratoriumsvorsitzenden Untreue hätte nachgewiesen werden können.

     

    Der Umfang des vom Gericht angenommenen bereicherungsrechtlichen Anspruchs bestimmt sich nach Ansicht des Verfassers gemäß der § 819 Abs. 1, § 818 Abs. 4, § 292 Abs. 1 i.V. mit §§ 985 ff. BGB (die Entscheidung führt dies nicht weiter aus). Weil der frühere Kuratoriumsvorsitzende den Mangel des rechtlichen Grunds bei Empfang der Zahlungen kannte, haftet er verschärft. Dies hat zur Folge, dass er sich z.B. nicht auf Entreicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) hätte berufen können.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Zur Haftung von Stiftungsorganen, Theuffel-Werhahn, SB 11, 151
    Quelle: Ausgabe 11 / 2013 | Seite 204 | ID 42382057