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  • · Fachbeitrag · Lobbyregister

    Verschärfung des Lobbyregistergesetzes ‒ was NPO jetzt beachten müssen

    von Rechtsanwalt Timur Nayin, Flick Gocke Schaumburg, Bonn

    | Die Verschärfung des Lobbyregistergesetzes ist beschlossene Sache. Die Regelungen treten zum 01.03.2024 in Kraft. Auch gemeinnützige Stiftungen und Vereine sollten prüfen, ob sie durch die Gesetzesänderung erstmalig eintragungspflichtig geworden sind. Bestehende Eintragungen sind bis zum 30.06.2024 an die neuen Vorgaben anzupassen. SB macht Sie mit den Einzelheiten vertraut. |

    Das Lobbyregister ist auch für NPO ein Thema

    Das Lobbyregistergesetz ist zum 01.01.2022 in Kraft getreten. Es sieht vor, dass sich Interessenvertreter, die Einfluss auf den politischen Prozess auf Bundesebene nehmen wollen, d. h. gegenüber den Organen, Mitgliedern, Fraktionen oder Gruppen des Deutschen Bundestags oder gegenüber der Bundesregierung einschließlich der Bundesministerien, in das von der Bundestagsverwaltung geführte öffentliche Lobbyregister eintragen müssen. Auch gemeinnützige Körperschaften, die im Rahmen ihrer Satzungszwecke Einfluss nehmen wollen, sind eintragungspflichtig.

    Änderungen für eingetragene und nicht eingetragene NPO

    Ziel der Änderungen im Lobbyregistergesetz ist es, den Anwendungsbereich zu erweitern sowie die Offenlegungspflichten des Lobbyregisters nachzuschärfen.

     

    Körperschaften sollten die eigene Eintragungspflicht erneut überprüfen

    Körperschaften, die noch nicht in das Lobbyregister eingetragen sind, sollten prüfen, ob sie durch die Gesetzesänderung erstmalig eintragungspflichtig geworden sind.

     

    • Denn eine eintragungspflichtige Interessenvertretung liegt künftig bereits dann vor, wenn zu Mitarbeitern von Mitgliedern des Deutschen Bundestags oder zu Referatsleitern in Bundesministerien (nicht mehr wie bislang erst ab der Unterabteilungsleitung) Kontakt zum Zwecke der Interessenvertretung aufgenommen wird.

     

    • Zudem genügt es nun, wenn binnen drei Monaten 30 (anstatt wie bislang 50) entsprechende Adressaten kontaktiert wurden; das kann z. B. bei Rundschreiben an einen bestimmten Empfängerkreis schnell der Fall sein.

     

    • Schließlich sind künftig auch die Auftraggeber (entgeltlicher) Interessenvertreter selbst eintragungspflichtig. Vorsicht ist daher beispielsweise bei der Beauftragung von Lobbyagenturen geboten, die eine eigene Eintragungspflicht begründen kann.

     

    Verpflichtung zu finanziellen Angaben

    Mit der Reform fällt die Option weg, bestimmte finanzielle Angaben zu verweigern. Wer bislang Angaben verweigert hat, muss diese bis zum 30.06.2024 eintragen. Zu den erweiterten finanziellen Pflichtangaben gehören:

     

    • Neu: Hauptfinanzierungsquelle (nicht betragsmäßig, sondern nach bestimmten Kategorien entsprechend ihrem Anteil an den Gesamteinnahmen).

     

    • Jährliche finanzielle Aufwendungen im Bereich der Interessenvertretung in Stufen von 10.000 Euro (z. B. Personalkosten, Repräsentationskosten und Beratungskosten).

     

    • Einzelne Zuwendungen und einzelne Zuschüsse der öffentlichen Hand, sofern von einem einzelnen Zuwendungsgeber mehr als 10.000 Euro zugewendet wurden (gilt nun ausdrücklich auch für EU-Mittel und Mittel aus Drittstaaten). Zuvor galt dies erst ab Zuwendungen/Zuschüssen über 20.000 Euro.

     

    • Neu: Gesamtsumme jährlich erhaltener Schenkungen und sonstiger lebzeitiger Zuwendungen Dritter (in Stufen von 10.000 Euro). Als sonstige lebzeitige Zuwendungen sind neben Schenkungen (z. B. Spenden) künftig auch solche Zuwendungen erfasst, die von einer Gegenleistung abhängen oder für die ein werblicher oder sonst öffentlichkeitswirksamer Vorteil erreicht wird (z. B. Sponsoringleistungen).

     

    • Angabe einzelner Schenkungen und sonstiger Zuwendungen Dritter, wenn die Zuwendungen je zuwendender Person den jährlichen Gesamtwert von 10.000 Euro und zugleich zehn Prozent der Gesamtsumme der erhaltenen Schenkungen und Zuwendungen übersteigt. Solche Großspender und Mäzene sind namentlich im Lobbyregister zu benennen. Hierbei wurde die Schwelle von 20.000 Euro auf 10.000 Euro gesenkt.

     

    • Jahresabschlüsse oder Rechenschaftsberichte (mindestens eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung). Insbesondere bei gemeinnützigen Vereinen und Stiftungen, die nicht schon kraft Rechtsform zur Veröffentlichung ihres Jahresabschlusses verpflichtet sind, kann die Eintragungspflicht in das Lobbyregister erstmalig zur Veröffentlichung führen.

     

    Besonderheiten für Vereine: Vereinsspezifische Pflichtangaben

    Anknüpfend an ihre mitgliedschaftliche Organisation müssen eingetragene Vereine weitere neue Pflichtangaben veröffentlichen:

     

    • Mitgliederzahl, künftig aufgeschlüsselt nach natürlichen Personen, juristischen Personen und sonstigen Organisationen

     

    • Neu: Gesamtsumme der Mitgliedsbeiträge (in Stufen je 10.000 Euro)

     

    • Neu: Angabe einzelner wesentlicher Mitgliedsbeiträge, die je Beitragszahler den Gesamtwert von 10.000 Euro und zugleich zehn Prozent der Gesamtsumme der Mitgliedsbeiträge übersteigen. Der Beitragszahler ist namentlich zu benennen (anders als bei Großspenden aber nicht die Höhe des Beitrags).

     

    Weitere neue oder erweiterte Pflichtangaben

    Daneben gibt es noch folgende wesentliche neue oder erweiterte Angaben:

     

    • Neu: Angaben zu früheren Tätigkeiten als Amts- oder Funktionsträger auf Bundesebene (Vermeidung des sog. „Drehtüreffekts“).

     

    • Erweiterte Angaben bei Kettenbeauftragung (Offenlegung von Drittinteressen bis zum letzten Glied der Auftragskette).

     

    • Erweiterte Angabe aller Personen, die mit der Interessenvertretung nicht nur bei Gelegenheit betraut sind und diese unmittelbar ausüben. Dazu gehören nicht mehr nur „Beschäftigte“, sondern auch ehrenamtlich tätige Mitglieder eines Vereins oder Angehörige eines erweiterten Vorstands oder Aufsichtsrats sowie kooptierte Vorstandsmitglieder. Tatsächlich „Beschäftigte“, deren Arbeitszeit zu mindestens zehn Prozent auf Interessenvertretung entfällt, müssen künftig in Vollzeitäquivalenten angegeben werden; hierbei sind Schätzungen zulässig.

     

    • Neu: Konkrete Bezeichnung eines Regelungsvorhabens, auf das sich die Interessenvertretung bezieht (z. B. das konkrete Gesetzesvorhaben, Vorlagen für Rechtsverordnungen, auch bestimmte Positionierung zu EU-Richtlinien und -Verordnungen).

     

    • Neu: Veröffentlichung grundlegender Stellungnahmen und Gutachten (solche, die „wesentliche Argumente oder Positionen“ enthalten; anonymisiert, mit Zeitpunkt der Eingabe und abstrakter Bezeichnung des Empfängers).

    Das gilt es (künftig) zeitlich zu beachten

    Die Änderungen treten am 01.03.2024 in Kraft. Bestehende Eintragungen sind bis zum 30.06.2024 an die neuen Vorgaben anzupassen.

     

    In der Praxis sind insbesondere die verschärften und bußgeldbewährten Aktualisierungspflichten zu beachten, die gegebenenfalls eine Anpassung eines bereits vorhandenen Compliance-Systems erforderlich machen:

     

    • Künftig korrespondiert die jährliche Aktualisierungspflicht mit dem jeweiligen Geschäftsjahr der eingetragenen Körperschaft; auf den zufälligen Zeitpunkt der Eintragung kommt es insofern nicht mehr an. Wer die erforderliche Aktualisierung nicht vornimmt, wird nach Ablauf von sechs Monaten automatisch in die Liste früherer Interessenvertreteraufgenommen und unterliegt damit erkennbar dem Verbot eintragungspflichtiger Interessenvertretung.

     

    • Zahlreiche Pflichtangaben, die teilweise nur quartalsweise zu aktualisieren waren, müssen fortan unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Zögern, aktualisiert werden (z. B. Stammdaten, gesetzliche Vertreter, Namen der Personen, die unmittelbar mit der Interessenvertretung betraut sind, Angabe der konkreten Regelungsvorhaben).
    Quelle: Ausgabe 01 / 2024 | Seite 3 | ID 49811920