· Fachbeitrag · Unselbstständige Stiftung/Treuhandstiftung
Zu Lebzeiten Vermögen auf unselbstständige Stiftung übertragen ‒ so gelingt es
von RA und Notar a. D. Jürgen Gemmer, FA Steuerrecht, Magdeburg
| Zwar ist die rechtsfähige Stiftung der Prototyp der Stiftung des bürgerlichen Rechts. Daneben aber werden mit stetig steigender Zahl nichtrechtsfähige oder unselbstständige Stiftungen in privatrechtlicher Trägerschaft errichtet. Der folgende Beitrag erläutert, wie eine nichtrechtsfähige Stiftung zu Lebzeiten des Stifters errichtet wird und liefert eine Musterformulierung. |
Was hinter der unselbstständigen Stiftung steckt
Bei unselbstständigen Stiftungen handelt es sich um schuldrechtliche Vereinbarungen zwischen dem Stifter und einem Stiftungstreuhänder. Träger des Stiftungsvermögens ist bei unselbstständigen Stiftungen der Stiftungstreuhänder; er ist jedoch verpflichtet, das Vermögen der unselbstständigen Stiftung getrennt von seinem sonstigen Vermögen besonders zu verwalten (Sondervermögen). Weil die schuldrechtliche Beziehung zum Stiftungstreuhänder meistens Aspekte eines Treuhandverhältnisses aufweist, werden unselbstständige Stiftungen auch als „Treuhandstiftungen“ bezeichnet
Die unselbstständige Stiftung/Treuhandstiftung empfiehlt sich vor allem bei kleinerem Vermögen, weil durch sie nur geringe laufende Verwaltungskosten entstehen. Auch in Kombination mit selbstständigen Stiftungen oder als Zwischenschritt zu deren Errichtung sind unselbstständige Stiftungen ein wertvoller Baustein.
So gestaltet sich das Stiftungsgeschäft
Nachfolgend finden Sie eine Musterformulierung, wie das Stiftungsgeschäft unter Lebenden umgesetzt werden kann.
Muster / Stiftungsgeschäft unter Lebenden zur Errichtung einer nichtrechtsfähigen Stiftung |
Zwischen ... (Name des Stifters, Vorname, Anschrift, Geburtsdatum ‒ nachfolgend „Stifter“ genannt) und ... (Name des Stiftungsträgers, Anschrift ‒ nachfolgend „Stiftungsträger“ genannt) wird das folgende Stiftungsgeschäft (Treuhandvereinbarung) geschlossen:
§ 1 Stiftungserrichtung
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§ 2 Pflichten des Stiftungsträgers
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§ 3 Vergütung
§ 4 Rückgabe, Übertragung, Widerruf, Kündigung
§ 5 Umwandlung
§ 6 Salvatorische Klausel Sollten Bestimmungen dieses Stiftungsgeschäfts ganz oder teilweise nicht rechtswirksam oder nicht durchführbar sein oder ihre Rechtswirksamkeit oder Durchführbarkeit später verlieren, so wird die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen nicht berührt. An die Stelle der unwirksamen bzw. undurchführbaren Bestimmungen tritt eine Regelung, die dem von den Parteien gewünschten Ergebnis am nächsten kommt.
… (Ort), den … ... ... Unterschrift Stifter Unterschrift Stiftungsträger |
Wichtig | Um Wiederholungen zu vermeiden, wird an dieser Stelle auf eine Musterformulierung für eine Stiftungssatzung verzichtet. Diese finden Sie in SB 2/2024, Seite 29 → Abruf-Nr. 49624563
Erläuterungen zu einzelnen Passagen
Maßgebliche Grundlage der unselbstständigen Stiftung ist der Vertrag zwischen Stifter und Stiftungsträger. Hier können schnell Konflikte entstehen, denen es durch entsprechende Vertragsgestaltung vorzubeugen gilt. Eine sorgfältige Auswahl des Stiftungsträgers ist von großer Bedeutung.
Zu § 1 Nr. 5: Der Stifter kann Personen seines Vertrauens zu Mitgliedern eines „Kontrollgremiums“ (z. B. eines Kuratoriums) berufen. Er kann auch selbst Mitglied sein. Der Stifter sollte die ersten Mitglieder des Gremiums bereits bei Gründung einsetzen. Er kann sich alternativ das Einsetzen eines Gremiums vorbehalten. Dem Stiftungsträger oder dessen Vertretern kann ein Platz in einem solchen Gremium eingeräumt werden. Sofern der Träger einbezogen wird, ist darauf zu achten, dass er von den übrigen Mitgliedern überstimmt werden kann. Damit die Entscheidungsfindung erleichtert wird, ist es ratsam, das Gremium mit einer ungeraden Zahl an Mitgliedern zu besetzen.
Zu § 4: Der Stifter sollte auch Steuerungsmechanismen vorsehen. Dies kann z. B. mittels Beendigungs- und Umstrukturierungsoptionen erfolgen. Fehlt es an geeigneten vertraglichen Abreden, so sind dem Stifter im Konfliktfall oft die Hände gebunden oder er muss sich solche Optionen teuer erkaufen.
Die Kündigung kann sowohl von Seiten des Stifters als auch von Seiten des Stiftungsträgers erfolgen. Ist die Treuhandstiftung als steuerbefreite Körperschaft anerkannt, sind in jedem Fall die gemeinnützigkeitsrechtlichen Vorgaben zu beachten, z. B. der Grundsatz der Vermögensbindung. Es ist daher empfehlenswert, die Folgen der Kündigung dergestalt zu regeln, dass das Vermögen von einem anderen Träger unter Beachtung der gemeinnützigkeitsrechtlichen Vorgaben übernommen wird und nicht an den Stifter zurückfällt (§ 4 Nr. 1); denn das wäre gemeinnützigkeitsschädlich. Das gleiche gilt für den Widerruf oder die einvernehmliche Beendigung.
§ 5: Der Stifter sollte auch die Umwandlungsmöglichkeit vorsehen, dass die nichtrechtsfähige Stiftung in eine gleichnamige rechtsfähige und steuerbegünstigte Stiftung umgewandelt werden kann.
Zuletzt: Die Vermögensübertragung durch den Stifter zugunsten des Stiftungsträgers ist zivilrechtlich eine Schenkung und mindert den künftigen Nachlass. Daher kann sie eine pflichtteilsreduzierende Wirkung entfalten. Eine Schenkung wird innerhalb des ersten Jahres vor dem Erbfall in vollem Umfang, innerhalb jedes weiteren Jahres vor dem Erbfall um jeweils ein Zehntel weniger berücksichtigt. Sind zehn Jahre seit der Leistung des verschenkten Gegenstands verstrichen, bleibt die Schenkung unberücksichtigt. Bis dahin hat der Pflichtteilsberechtigte Pflichtteilsergänzungsansprüche.
Weiterführende Hinweise
- Musterformulierung „Stiftungssatzung für nichtrechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts“ → Abruf-Nr. 49868006
- Musterformulierung „Testament Errichtung einer unselbstständigen Stiftung von Todes wegen“ → Abruf-Nr. 49867985
- Musterformulierung „Stiftungsgeschäft unter Lebenden zur Errichtung einer nichtrechtsfähigen Stiftung“ → Abruf-Nr. 49991641