· Nachricht · Editorial Juli 2023
Was zeichnet eine gute anwaltliche Beratung aus?
In dieser Fachzeitschrift schreiben immer wieder Kenner des Stiftungswesens zu Themen rund um die Stiftung. Dabei geht es ganz häufig auch um die richtige Beratung in Stiftungsprojekten. Was gibt es da fachlich nicht alles zu beachten! Ein wenig überrascht war ich, als ich dieser Tage unter Hinweis auf Beiträge gerade auch im StiftungsBrief darauf angesprochen wurde, wodurch sich denn eine gute anwaltliche Beratung auszeichne. Ich sei ja nun schon etwas älter und könnte aufgrund meiner Erfahrung sicher etwas dazu sagen.
Das mit dem Alter und der Erfahrung ist so ein Ding. Tatsächlich habe ich über die Jahre einige Erfahrungen sammeln dürfen ‒ von vielen interessanten Menschen und bei vielen spannenden Projekten. Nach einigem Nachdenken möchte ich meine eigene und ganz subjektive Sicht auf eine gute Beratung in wenigen Punkten zusammenfassen.
Klarer Ausgangspunkt einer jeden Beratung ist der Blick auf den Sachverhalt. Was sind die wesentlichen Eckpunkte? Worauf kommt es dem Mandanten an? Was halten der Mandant und seine Familie aus? Welches Konstrukt passt zu ihnen? Oder anders ausgedrückt: Die Lösung liegt im Fall, weshalb gutes Zuhören und ein genauer Blick auf die Angelegenheit unerlässlich sind. Ist das gelungen, so haben wir ‒ vorbehaltlich immer wieder notwendiger Nach- und Rückfragen ‒ den Ausgangspunkt für unsere Beratung.
Was kommt dann, wenn wir einmal Fachwissen (etwa durch Lektüre dieser Zeitschrift erworben) voraussetzen? Dann kommt im Gespräch mit dem Mandanten der Weg zur rechtlichen Lösung, d. h.: die Umsetzung der Wünsche des Mandanten in rechtliche Möglichkeiten gemeinsam zu erarbeiten. Dabei geht keinesfalls jeder Wunsch in Erfüllung. Denken wir nur an zwingende Rechtsregeln, wie die des Pflichtteilsrechts, die einem Wunsch im Wege stehen können. Für das Beratungs- und Rechtsgespräch, wobei Recht immer auch Steuerrecht umfasst, hat sich als wichtig herausgestellt, die Ratschläge und Lösungen jeweils deutlich zu begründen. Das gilt nicht nur für das Gespräch, sondern mitunter bis hin zu juristischen Ausarbeitungen, deren Begründungen durch Nachweise belegt sind. So lässt sich übrigens die Begründung für die Lösung auch Jahrzehnte später noch sinnvoll nachvollziehen. Das ist gerade bei der langlebigen Stiftung ein gar nicht hoch genug einzuschätzender Vorteil.
„Das ist es schon?“ fragte erstaunt der eingangs erwähnte Fragensteller. Ja, im Wesentlichen ist es das! Wenn wir das gut ausleben und umsetzen, sind wir nah an dem, was Franzen einmal als „Anwaltskunst“ tituliert hat. Ein jeder wird das für sich selbst in spezifischer Weise umsetzen, wichtig erscheint mir nur, dass wir uns in diese Richtung bewegen.
Viel Spaß bei der Lektüre.
Ihr
Dr. K. Jan Schiffer | Rechtsanwalt