· Nachricht · Editorial März 2022
Stifter und Stiftungsorganmitglieder
| „Sie glauben gar nicht, wie sehr mir diese Funktionäre auf den Geist gehen“, sagte mir kürzlich ein Stifter. Ich fragte zurück, was er konkret meine. „Da spielen sich welche auf, als sei es ihr Geld, das sie für die Stiftung verteilen. Was ich als Stifter dazu meine, scheint gar nicht zu interessieren.“ Diese Ansicht eines Stifters ist nach meiner Erfahrung nicht unbedingt typisch, aber ich habe sie zuletzt mehrfach gehört. Was ist dran an dem Vorwurf? |
Klar ist: Wenn dem Stifter in der Stiftungssatzung keine Funktion ‒ etwa als Organmitglied ‒ zugewiesen ist und ihm keine Rechte ‒ etwa zur Ernennung von Stiftungsorganmitgliedern ‒ zugeschrieben werden, dann hat er als Stifter keine besonderen Befugnisse. Er steht der Stiftung letztlich wie ein fremder Dritter gegenüber. Es ist nicht „seine“ Stiftung.
Richtig ist auch der Hinweis des Stifters, dass die Stiftungsorganmitglieder seinen „Stifterwillen“ umzusetzen haben. Dabei geht es allerdings um den damaligen Stifterwillen bei Errichtung der Stiftung, wie er seinen Niederschlag vor allem in der Satzung gefunden hat. Ist den Stiftungsorganen in der Satzung und in sonstigen Stiftungsregularien (vor allem: Geschäftsordnung, Stiftertestament mit Erläuterungen zum ursprünglichen Stifterwillen) viel Spielraum gelassen worden, dann werden die Organmitglieder diesen Spielraum typischerweise auch nutzen. Tatsächlich müssen sie ihren Handlungsspielraum nach der Satzung verantwortungsvoll ausfüllen.
Leider ist auch richtig, dass das eine oder andere Stiftungsorganmitglied, gerne der Vorsitzende des Stiftungsvorstands oder des Stiftungsrats, wie der „wahre Stifter“ auftritt. Das ist aber aus meiner Sicht weniger eine Frage des „Funktionärsdaseins“, sondern eher eine Frage des Charakters der „Persönlichkeiten“. Das geht dann nicht selten mit Besserwisserei, Verkennen von Zusammenhängen und Gegebenheiten, mit dem Versuch des Durchsetzens qua Position und nicht qua Argument und mit sonstigen Auffälligkeiten einher.
Alles das und mehr führt dann nicht selten zu Unstimmigkeiten in den Stiftungsorganen, die die Zusammenarbeit unerfreulich belasten. Da helfen in der Praxis nach meiner Erfahrung weniger Satzungsregeln als vielmehr eine sorgfältige Auswahl der Organmitglieder. Das aber ist nicht einfach, da Organmitglieder aktuell vor allem im Ehrenamt nicht gerade Schlange stehen. Deshalb wünsche ich uns allen ein „glückliches Händchen“, wenn wir mit auszuwählen haben.
Bleiben Sie nach wie vor auf Sicherheitsabstand, gesund und wohlgemut!
Ihr
Dr. K. Jan Schiffer | Rechtsanwalt