· Nachricht · Editorial November 2020
Eigennutz und Selbstlosigkeit
| Die Frage nach der Selbstlosigkeit (§ 55 AO) ist ein Thema, das mir im Beratungsalltag bei der Gemeinnützigkeit immer wieder begegnet. Die Abgrenzung zur Eigennützigkeit ist oft nicht einfach. Auf das Thema stoße ich allerdings auch in der Presse. Dort lese ich seit Jahren immer wieder über Fälle, die bei genauer Betrachtung lehrreich sind: |
Da ist der Konzernchef, der auf Anfrage eine Spende für den Ankauf eines Bildes durch ein Museum zusagt. Die Museumsdirektorin zeigt sich ob dieser Großzügigkeit begeistert. Oder die Vorstandsvorsitzende der großen gemeinnützigen Organisation (NPO) stattet zur Freude der regionalen Honoratioren die NPO-Zentrale mit einem teuren Kunstwerk aus. Wie ist das einzuordnen?
Im Fall des Konzernchefs wird man steuerlich an Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EStG) denken. Eine Aufwendung ist betrieblich veranlasst, wenn sie objektiv mit dem Betrieb zusammenhängt und subjektiv dem Betrieb zu dienen bestimmt ist (so etwa BFH, Urteil vom 16.03.2010, Az. VIII R 20/08, Abruf-Nr. 102335). Die Art der Betriebsausgaben und auch deren Höhe bestimmt der Betrieb grundsätzlich selbst. Das nötigt den Unternehmenschef gleichwohl dazu, bei einer „Spende“ genau zu prüfen, ob sie zulässig ist. Eine echte Spende müsste zudem freiwillig und „ohne die Erwartung eines besonderen Vorteils“ erfolgen (BFH, Urteil vom 19.12.1990, Az. X R 40/86).
Im zweiten Fall greifen die gemeinnützigkeitsrechtlichen Vorgaben aus § 55 AO. Danach ist eine Förderung oder Unterstützung dann noch selbstlos, wenn dadurch nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke ‒ z. B. gewerbliche Zwecke oder sonstige Erwerbszwecke ‒ verfolgt werden und wenn einige weitere Voraussetzungen erfüllt sind. Klar ist zudem, dass eine Körperschaft ihre Mittel nur für ihre satzungsmäßigen Zwecke verwenden darf. Jede Ausgabe muss also der Erfüllung des Satzungszwecks dienen. Die NPO-Chefin muss sich also im Rahmen der Zwecke der NPO bewegen, ist es doch die NPO, die das Kunstwerk erwirbt.
Beiden Fallkonstellationen ist gemein, dass Chefs ihre Macht so ausüben, dass sich Fragen nach der Abgrenzung von Eigennutz und Selbstlosigkeit stellen. Im Gemeinnützigkeits- und Stiftungsalltag bedeutet es, dass wir genau hinsehen und prüfen müssen, auch damit nicht der Vorwurf der Satzungswidrigkeit erhoben wird, der dann zwangsläufig die Frage nach einer Schadenersatzforderung und nach Untreue (§ 266 StGB) mit sich bringt. Vorsicht ist auch hier die Mutter der Porzellankiste!
Bleiben Sie gesund, auf Abstand und wohlgemut!
Mit freundlichen Grüßen
Dr. K. Jan Schiffer | Rechtsanwalt