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  • · Nachricht · Editorial Oktober 2022

    Anforderungen an nachhaltige und tragfähige Stiftung

    | Ja, wir kennen sie, die „fachlichen Werbeaufsätze“ für Stiftungsmodelle zur Absicherung des Familienvermögens, zur Gestaltung der Unternehmensnachfolge oder zur Errichtung der eigenen Stiftung, weil es sich so gut macht. |

     

    Mich ärgern solche Werbeaufsätze nach all den Jahren immer noch, übergehen sie doch regelmäßig wesentliche Punkte. Es wird etwa übergangen, dass die Stiftung in der Regel eine Einbahnstraße ist (Schiffer, SB 2012, Seite 123), deren Satzung nicht ganz leicht zu ändern ist. Eine Stiftung lässt sich auch kaum einmal von der Stange errichten (siehe schon Schiffer, SB 2011, Seite 41). Die Erbersatzsteuer für Familienstiftungen wird ebenfalls nicht hervorgehoben. Die erforderliche „Stiftungsreife“ (ausf. Schiffer in Schiffer (Hrsg.), Die Stiftung in der Beraterpraxis, 4. Aufl. 2016, § 14 Rn. 31 ff.) ist fast nie ein Thema. Der Aufwand und die Kosten ist auch kaum Thema. Das führt dann zu Anfragen in der Art, wie ich sie hier einmal „typisiert“ beschreiben möchte:

     

    „Wir planen die Errichtung zumindest einer Stiftung mit einem Kapital von (jeweils) 125.000 Euro im Bundesland X. Dafür suchen wir einen kompetenten Berater für die Planung und Ausführung. Sie sind uns von XY empfohlen worden. Teilen Sie uns bitte Ihr Honorar für die Begleitung bei der Errichtung von einer Stiftung, von zwei Stiftungen und von drei Stiftungen mit. Weitere Informationen können wir Ihnen gerne zukommen lassen.“

     

    Wie soll da eine nachhaltige und tragfähige Stiftung herauskommen? Es liegt aber auch an uns Beratern, wenn wir zulassen, dass hier Fehlvorstellungen um sich greifen. Wir müssen immer wieder aufklären, was es bedeutet, eine Stiftung zu errichten.

     

    In dem Beispielsfall wird sich durch eine ernsthafte Beratung sehr schnell herausstellen, dass bei der aktuellen Kapitalmarktsituation mit 125.000,00 Euro Stiftungsvermögen keine nachhaltige rechtsfähige Stiftung errichtet werden kann. Es ist wohl eher an eine Mio. Euro anfängliches Stiftungsvermögen zu denken (Schiffer, SB 2019, Seite 141). Ganz zu schweigen davon, dass der Stiftungsvorstand (Vieraugenprinzip) und ggf. der Stiftungsrat auch nachhaltig besetzt werden müssen. Wie sich immer mehr zeigt, ist das ehrenamtlich kaum zu bewerkstelligen. Das sind aber nur die beiden wesentlichen Hürden. Dies und vieles mehr lässt sich unter dem Schlagwort Stiftungsreife (s. o.) gut zusammenfassen. Wenn wir eine Stiftungserrichtung empfehlen, müssen wir auch das deutlich machen. Dass das fair vergütet werden muss, ist auch klar.

     

    Viel Spaß bei der Lektüre.

     

    Ihr

    Dr. K. Jan Schiffer | Rechtsanwalt

    Quelle: ID 49328118