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  • · Fachbeitrag · Soft Law

    Soft Law im Stiftungsrecht ‒ rechtlich zu beachten?

    von RA Dr. K. Jan Schiffer (www.schiffer.de und www.stiftungsrecht-plus.de)

    | Unter Soft Law versteht man nicht verbindliche Absichtserklärungen oder Leitlinien, Übereinkünfte und ähnliche informelle Regelungsinstrumente in Form von Erklärungen und Empfehlungen, wie sie auch Verbände veröffentlichen. Anders als das verpflichtende Hard Law hat Soft Law eine weniger strenge Bindungswirkung, was aber durchaus nicht Wirkungslosigkeit bedeutet. Man findet es im internationalen Bereich, vor allem im Völkerrecht, aber auch im Zusammenhang mit Compliance und Corporate Governance. |

     

    1. Soft Law: Sinnvoll aber auch kritisch

    Soft Law finden wir ganz unbefangen auch im Stiftungsrecht. So haben beispielsweise das Deutsche Stiftungszentrum in Essen im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft und der Bundesverband Deutscher Stiftungen, Berlin, „Grundsätze guter Stiftungsverwaltung“ für Treuhandstiftungen vorgestellt. Das Thema ist nicht neu. „Handlungsprinzipien für Stiftungen“ wurden schon früher und auch von anderen aufgestellt.

     

    Solche Grundsätze sind grundsätzlich begrüßenswert. Sie wirken etwa im Schadenersatzrecht, z. B. bei der Beantwortung der Frage, ob ein Verhalten (grob) fahrlässig und damit schuldhaft erfolgt ist oder nicht. Bekanntlich handelt fahrlässig (§ 276 Abs. 2 BGB), wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Grob Fahrlässig handelt derjenige, der die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt. Das Soft Law manifestiert hier die im Verkehr erforderliche Sorgfalt. Die Auffassung der die Grundsätze aufstellenden Verbände wirkt damit unmittelbar auf anzuwendendes Gesetzesrecht. Zumindest, wenn die Grundsätze eine gewisse Verbreitung erlangen. Letzteres ist bei diesen Verbandsrichtlinien aus meiner Sicht der Fall. Aber wer hat die Verbände eigentlich befugt, der Praxis ihre Meinung in Form von Grundsätzen vorzugeben? Das kann man auch kritisch sehen.

     

    2. Soft Law im deutschen Rechtsbereich

    Die deutsche Rechtspraxis scheint bisher, anders als etwa die EU-Gerichtsbarkeit, eher zurückhaltend in der Anerkennung von Soft Law als legitimem Regelungsinstrument zu sein, jedenfalls wenn es sich um verhaltensbezogene Regelungen von Hoheitsträgern handelt (Knauff, JM 18, 71). Knauff berichtet davon, dass das OLG Düsseldorf (18.1.17, VI-3 Kart 148/15 (v), Rn. 67) einen Leitfaden der Bundesnetzagentur nicht als maßgeblich angesehen, sondern auf die Anspruchsvoraussetzungen des § 19 Abs. 2 StromNEV verwiesen hat.

     

    Die Einzelheiten zum Thema Soft Law sind noch keineswegs abschließend rechtlich durchleuchtet. Wir werden das sorgfältig zu beobachten haben. Eines lässt sich aber festhalten: Solche Soft-Law-Grundsätze entheben uns Praktiker nicht von der Pflicht, uns für konkrete Einzelfälle eigene Gedanken zu machen. Wir müssen selbst entscheiden, was aus unserer Sicht und in unserer Verantwortung für den Einzelfall rechtlich „richtig“ ist.

    Quelle: Ausgabe 05 / 2018 | Seite 87 | ID 45135235