· Fachbeitrag · Zwischenruf
Das Dilemma der Berater: Was bringt die Zukunft?
von RA Dr. K. Jan Schiffer, Bonn (www.stiftungsrecht-plus.de)
| Die Fachzeitschriften sind voll von Fragen zu Stiftungen. Was ist noch steuerfreie Vermögensverwaltung und was schon steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb? Was ist eine angemessene Vorstandsvergütung i.S. des § 55 AO ? Unter welchen Voraussetzungen fällt die Erbersatzsteuer bei einer Stiftung an? Ich könnte den Fragenkatalog beliebig fortsetzen und Sie, liebe Leser, könnten ihn noch umfassend ergänzen. Diese Fragen „verführen“ zum genauen Blick auf die Gegenwart. |
1. Visionäre gefragt
Natürlich ist dieser Blick unumgänglich. Satzungsregelungen, die nach der aktuellen Rechtslage falsch sind, treffen die Stiftung sofort. Bei der Betrachtung der Gegenwart dürfen wir aber gerade bei der Stiftungserrichtung nicht stehen bleiben. Ja, wir müssen hier wirklich den Blick in die künftigen Jahrhunderte wagen - und das mit unseren, notwendigerweise durch die Vergangenheit geprägten aktuellen Erkenntnissen. Die sind aus der Sicht künftiger Generationen natürlich beschränkt und unvollständig. (Nur am Rande: Der simple Rückgriff auf irgendein Muster, und sei es von der zuständigen Stiftungsaufsichtsbehörde, verbietet sich da ganz besonders!) Der Inhalt „unserer“ Stiftungssatzung wird dann gegebenenfalls erst Jahrzehnte oder auch Jahrhunderte später beurteilt. In einem Streitfall urteilen Behörden oder Gerichte dann aufgrund ihrer aktuellen Sicht und ihrer bis dahin gemachten zusätzlichen Erfahrungen. Die Erfahrungen aus den Folgejahren finden sie ja in den Akten und in Schriftsätzen in der Regel auch ganz prima aufbereitet. So können sie leicht zurückblicken und klug urteilen.
Wir Berater können das ersichtlich nicht. Bei keiner anderen Vertragsgestaltung reicht der Blick so weit in die Zukunft wie bei Stiftungen. Wir müss(t)en folglich versuchen, die nachträgliche Betrachtung unserer Nachkommen im Kopf vorwegzunehmen. Das ist ausgeschlossen, denn es gilt der Satz: Der „klügste“ Mensch von heute weiß weniger, was in 100 Jahren „richtig“ ist, als der „dümmste“, der dann lebt. Dennoch müssen wir mit Sichtweisen leben wie der, die mir 2009 (!) ein hoher Richter unterbreitete, als er unbefangen rückblickend meinte: „Das hätte der Stifter 1968 anders machen müssen.“
2. Orientierung für die Entscheider von morgen geben
Bleiben wir dennoch mutig, aber auch bedacht - nicht nur bei der Gestaltung von Stiftungssatzungen. Geben wir uns Mühe und vertrauen wir auf die Vernunft sowie Weitsicht der uns folgenden Generationen! Etwas anderes bleibt uns ohnehin nicht. Für die Zukunft können wir durch den Inhalt einer aus heutiger Sicht guten Stiftungssatzung anregen und etwa in der Präambel zum besseren Verständnis erklären, aus welchem Beweggrund wir was wie in der Satzung geregelt haben. Umsetzen müssen es die Nachkommenden. Wir können allerdings für die hier skizzierte Sichtweise werben und so im besten Fall die Sichtweise der künftigen Beurteiler schärfen.