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  • · Fachbeitrag · Kindergeld

    Kindergeldanspruch für verheiratetes Kind: So setzen Sie sich gegen Familienkassen zur Wehr

    | Eltern volljähriger Kinder bekommen seit 2012 unabhängig davon Kindergeld, wie hoch die Einkünfte und Bezüge des Kindes sind. Nur verheiratete Kinder wollen die Familienkassen anders behandeln. Verfügen diese über zu hohe Einkünfte bzw. zu hohen Unterhalt, soll kein Anspruch auf Kindergeld bestehen. So steht es in einer Dienstanweisung des Bundeszentralamts für Steuern (BZSt), gegen die sich Eltern unbedingt wehren sollten.n |

    Seit 2012 gelten zum Kindergeld neue Regeln

    Einen Anspruch auf Kindergeld haben Eltern eines volljährigen Kindes bis zum 25. Lebensjahr dann, wenn das Kind eine Berufsausbildung absolviert, einen Freiwilligendienst leistet, eine Übergangszeit durchläuft oder eine Wartezeit überbrückt. Auf die Höhe der Einkünfte und Bezüge des volljährigen Kindes kommt es seit dem 1. Januar 2012 nicht mehr an.

     

    Familienkasse will bei Heirat eines Kindes alte Regeln weiter anwenden

    Heiratet das volljährige Kind oder geht eine eingetragene Lebenspartnerschaft ein, wechselt die vorrangige Unterhaltsverpflichtung auf den Ehegatten bzw. auf den Lebenspartner des volljährigen Kindes. Eltern solcher Kinder können ihren Kindergeldanspruch nach Auffassung des BZSt nur noch retten, wenn sie nachweisen, dass der eigentlich Unterhaltsverpflichtete (Ehepartner/Lebenspartner) aufgrund seiner wirtschaftlichen Situation nicht in der Lage ist, seiner Verpflichtung zur Sicherung des Unterhalts nachzukommen (sogenannter Mangelfall).

     

    • Beispiel zu Mangelfall bei Heirat

    Ihr 20-jähriger Sohn hat am 15. August 2013 geheiratet. Er befindet sich das ganze Jahr über in einer Erstausbildung und generiert daraus im Jahr 2013 insgesamt Einkünfte in Höhe von 4.260 Euro. Seine Ehefrau (= Ihre Schwiegertochter) verdient von Januar bis Dezember 2013 als Arbeitnehmerin 26.634 Euro.

    Folge: Dass Sie für Ihren Sohn bis einschließlich August Kindergeld bekommen, ist unstrittig. Ab September kommt es dann darauf an, ob ein Mangelfall vorliegt.

     

    Kindergeld wird nur bei Vorliegen eines Mangelfalls gewährt

    Ob ein Mangelfall vorliegt, prüft die Familienkasse in vier Schritten (BZSt, Dienstanweisung FamEStG 31.2.2; Abruf-Nr. 133003).

     

    Schritt 1: Hier wird berechnet, ob das verfügbare Nettoeinkommen Ihres Kindes über dem anteiligen Grundfreibetrag liegt. Dieser beträgt für die Monate September bis Dezember 2.710 Euro (8.130 Euro x 4/12). Im konkreten Fall lautet die Antwort: Nein, denn das verfügbare Nettoeinkommen des Kindes beträgt nur 1.420 Euro (Ausbildungsvergütung: 4.260 Euro x 4/12).

     

    Schritt 2: Ist das verfügbare Nettoeinkommen des Ehegatten Ihres Kindes höher als das verfügbare Nettoeinkommen Ihres volljährigen Kindes, ist die Hälfte der Differenz als Unterhaltsleistung zu behandeln und dem verfügbaren Nettoeinkommen Ihres Kindes hinzuzurechnen. Im konkreten Fall beträgt dieser Betrag 3.729 Euro. Er errechnet sich aus dem verfügbaren Nettoeinkommen für die Monate September bis Dezember 8.878 Euro (26.634 Euro x 4/12). Davon wird das anteilige Nettoeinkommen Ihres Kindes abgezogen, also 1.420 Euro. Von dem verbleibenden Nettoeinkommen des Ehegatten von 7.458 Euro gilt die Hälfte als Unterhaltsleistung (7.458 Euro: 2 = 3.729 Euro).

     

    Schritt 3: Hier wird geprüft, ob das steuerfrei zu stellende Jahresexistenzminimum der Ehegattin gewährleistet ist. Das ist hier der Fall. Denn das Nettoeinkommen der Ehegattin beläuft sich nach Abzug der Unterhaltsleistungen auf 22.905 Euro (26.634 Euro Gehalt ./. 3.729 Euro Unterhalt) und liegt weit über dem Grundfreibetrag von 8.130 Euro.

     

    Schritt 4: Hier wird - abschließend - errechnet, ob die Unterhaltsleistungen Ihres volljährigen Kindes unter dem anteiligen Grundfreibetrag liegen. Die Antwort lautet hier: Nein. Der anteilige Grundfreibetrag (Schritt 1) beträgt nämlich 2.710 Euro, das verfügbare Nettoeinkommens des Kindes aber 5.149 Euro (1.420 Euro anteilige Ausbildungsvergütung plus 3.729 Euro Unterhaltsleistung des Ehegatten).

     

    FAZIT | Es liegt kein Mangelfall vor, weil das verfügbare Nettoeinkommen Ihres Kindes mit 5.149 Euro über dem anteiligen Grundfreibetrag von 2.710 Euro liegt. Ab September steht Ihnen als Eltern folglich kein Kindergeld mehr zu; zumindest dann, wenn es nach dem BZSt geht).

     

    Wehren Sie sich gegen „Mangelfall-Berechnungen“

    Die Auffassung des BZSt ist aber umstritten. Folge: Prüft die Familienkasse für Steuerjahre ab 2012 für Ihr volljähriges, verheiratetes Kind einen Mangelfall und lehnt ihn ab, nehmen Sie das nicht widerspruchslos hin. Legen Sie gegen den nachteiligen Kindergeldbescheid vielmehr Einspruch ein.

     

    PRAXISHINWEIS | Mehrere Finanzgerichte haben nämlich bereits entschieden, dass bei volljährigen Kindern, die ab dem 1. Januar 2012 heiraten bzw. geheiratet haben und die andere Voraussetzungen für den Bezug von Kindergeld erfüllen, kein Mangelfall mehr zu prüfen ist. Eltern dieser Kinder haben vielmehr immer Anspruch auf Kindergeld:

    Zu den Entscheidungen des FG Köln und des FG Sachsen sind mittlerweile Revisionen beim BFH anhängig (FG Köln - Az. XI R 32/13; FG Sachsen - Az. III R 34/13). Legen Sie also gegen ablehnende Kindergeldbescheide Einspruch ein und beantragen Sie mit Hinweis auf die anhängigen Verfahren das Ruhen Ihres Verfahrens.

    Quelle: Ausgabe 10 / 2013 | Seite 14 | ID 42313184

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