· Fachbeitrag · Unfallschadensregulierung
So müssen Sie reagieren, wenn der Kasko-VR nach Klageeinreichung gegen den Schädiger zahlt
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Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Genau an dem Tag, an dem der Kl. seine Klage gegen den Unfallgegner eingereicht hatte, zahlte sein Kasko-VR den Netto-WBW. Rund zwei Monate später, inzwischen war die Klage zugestellt, erfolgte eine weitere Zahlung in Höhe der Umsatzsteuer. Mit Rücksicht auf diese Zahlungen erklärte der Kl. die Hauptsache teilweise für erledigt, während der Bekl. seinen Klageabweisungsantrag aufrechterhielt. Das LG stellte antragsgemäß die Erledigung des Rechtsstreits in Höhe der nach Rechtshängigkeit erfolgten Zahlung fest. Wegen der vorausgegangenen Zahlung ging es von einer teilweisen Klagerücknahme aus und verurteilte den Bekl. zur Übernahme sämtlicher Kosten. Mit seiner Berufung wendet sich der Bekl. gegen die Erledigungsfeststellung sowie gegen die Kostenentscheidung. Das Rechtsmittel war teilweise erfolgreich.
Für falsch hält das OLG, dass das LG den Rechtsstreit in der Hauptsache für teilweise erledigt festgestellt habe. In Höhe der nach Rechtshängigkeit erfolgten Zahlung sei die Klage weder unzulässig noch wegen Wegfalls der Aktivlegitimation unbegründet geworden. Vielmehr sei der Kl. berechtigt und auch verpflichtet gewesen, seine Zahlungsklage weiterzuführen, jedoch auf Zahlung an den VR umzustellen (§ 265 Abs. 2 ZPO). Die in der einseitig gebliebenen Erledigungserklärung liegende Feststellungsklage sei mithin kostenpflichtig abzuweisen.
Was die Überweisung des Kasko-VR am Tag der Klageeinreichung und damit vor Rechtshängigkeit angeht, sieht das OLG die Lage so: Die einseitige Erledigungserklärung sei als Klagerücknahme auszulegen. Damit sei der Weg nach § 269 Abs. 3 S. 3, Abs. 4 ZPO eraöffnet. Den Bekl., wie vom LG entschieden, mit den vollen Kosten zu belasten, sei nicht gerechtfertigt. Dabei werde nicht verkannt, dass der Bekl. schon bei Eingang der ersten Zahlung in Verzug gewesen sei. Der Kl. müsse sich im Rahmen der Billigkeitsentscheidung entgegenhalten lassen, dass er voreilig geklagt habe, nämlich ohne die Reaktion des von ihm in Anspruch genommenen Kasko-VR abzuwarten. Unter diesen Umständen seien die Kosten, die auf die Teilforderung in Höhe der Erstzahlung entfielen, hälftig zu teilen.
Praxishinweis
Zahlt der Kasko-VR während des laufenden Haftpflichtprozesses, ist für den Kl.-Anwalt wichtig, ob die Zahlung vor oder nach Rechtshängigkeit erfolgt ist. Bei einer Zahlung nach Rechtshängigkeit schützt ihn § 265 Abs. 2 ZPO. Der Anspruchsübergang nach § 86 Abs. 1 VVG hat auf den Prozess keinen Einfluss. Der Kl. muss lediglich seinen Antrag auf Zahlung an den VR als Rechtsnachfolger umstellen, andernfalls ist seine Klage mangels Aktivlegitimation als unbegründet abzuweisen. Als Alternative kommt eine Fortsetzung des Verfahrens kraft einer gewillkürten Prozessstandschaft in Betracht, was aber eine Ermächtigung des Kasko-VR voraussetzt. Erklärt der Kl. den Rechtsstreit in Höhe der Versicherungszahlung, wie im Entscheidungsfall, in der Hauptsache für erledigt, läuft er Gefahr, dass sich der Bekl., wie hier geschehen, dem nicht anschließt und seinen Klageabweisungsantrag aufrechterhält. Dann muss das Gericht prüfen, ob die Hauptsache erledigt ist, ob also die eingereichte Klage zulässig und begründet, aber durch ein nach Rechtshängigkeit eingetretenes Ereignis gegenstandslos geworden ist. Diese Prüfung muss bei einer Zahlung des Kasko-VR nach Rechtshängigkeit zum Nachteil des Kl. ausfallen (so schon OLG Brandenburg 1.7.10, 12 U 15/10). Die geänderte Klage auf Feststellung der (teilweisen) Erledigung ist in der Tat kostenpflichtig abzuweisen.
Checkliste / Möglichkeiten bei Zahlung nach Rechtshängigkeit |
Es gibt im Fall einer Zahlung nach Rechtshängigkeit vier gute Varianten und zwei schlechte.
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Bei einer Zahlung des Kasko-VR zwischen Anhängigkeit und Rechtshängigkeit ist § 265 Abs. 2 ZPO nicht anwendbar, auch nicht analog. Der Anspruchsübergang nach § 86 Abs. 1 VVG führt zum Verlust der Aktivlegitimation und macht die Klage damit unbegründet. Fortgeführt werden kann sie in zulässiger Weise kraft einer Ermächtigung des VR im Wege gewillkürter Prozessstandschaft. Dann muss der Kl. davon aber auch Gebrauch machen und darf die Klage nicht einseitig in der Hauptsache „für erledigt“ erklären. Eine solche Erledigungserklärung mit dem OLG Karlsruhe als Klagerücknahme auszulegen, erscheint sachgerecht. Auslegung geht vor Umdeutung. Sicherer ist, den Weg über § 269 Abs. 3 S. 3, Abs. 4 ZPO direkt einzuschlagen. Freilich ist er nicht alternativlos. Denn eine Billigkeitsentscheidung nach dieser Vorschrift kann den Kl. kostenmäßig stärker belasten als eine Kostenerstattungsklage (bei Schwierigkeiten mit der Bezifferung in Gestalt einer Feststellungsklage).
Weiterführende Hinweise
- Zum Recht, zwischen einer Billigkeitsentscheidung und einer Kostenerstattungsklage aus materiellem Recht zu wählen sowie zu den Vor- und Nachteilen s. BGH NJW 13, 2201 m. Anm. Elzer; Zöller/Greger, § 269 Rn. 18e.
- Zum Anspruchsübergang im Fall der Zahlung des Kasko-VR bei einem Leasingfahrzeug mit Fremdversicherung (§ 43 Abs. 1 VVG) und den Auswirkungen auf das Quotenvorrecht: OLG München 26.4.13, 10 U 3879/12, Abruf-Nr. 132627 (Umsatzsteuer nur nach Quote!).