· Fachbeitrag · Nachbesserungsverfahren
Unmittelbarer zeitlicher Bezug zur Erstellung des Verzeichnisses erforderlich
Der an den Gerichtsvollzieher gerichtete Gläubigerauftrag zur Nachbesserung einer eidesstattlichen Versicherung ist nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform der Sachaufklärung unzulässig, wenn kein unmittelbarer zeitlicher Bezug zu dem ursprünglich erstellten Vermögensverzeichnis besteht und es dem Gläubiger deswegen zumutbar ist, dem Gerichtsvollzieher einen Auftrag zur Einholung einer neuen Vermögensauskunft zu erteilen (LG Wuppertal 11.9.13, 6 T 29/13, Abruf-Nr. 140780). |
Sachverhalt
Schuldner S. hat am 18.3.11 vor dem Gerichtsvollzieher X. die eidesstattliche Versicherung abgegeben. Gläubiger G. hat mit Schriftsatz vom 16.4.12 bei X. beantragt, den S. zur Nachbesserung der eidesstattlichen Versicherung zu laden (Fragenkatalog Nr. 1 bis 9 gemäß der vom AG und fortan auch von G. verwendeten Nummerierung). Das hat X. abgelehnt.
Hiergegen hat G. sich mit der Erinnerung gewandt, die das AG überwiegend zurückgewiesen hat. Nur wegen der Nr. 1 und 2 des Fragenkatalogs ist X. angewiesen worden, den Nachbesserungsauftrag zu erledigen.
Gegen diese Entscheidung wendet sich G. mittels der sofortigen Beschwerde. Das LG wies diese als unbegründet zurück.
Entscheidungsgründe
Der Auftrag des G. zur Nachbesserung der eidesstattlichen Versicherung ist mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung (ZwVollstrÄndG) am 1.1.13 unzulässig geworden. Nach altem Recht konnte die Nachbesserung verlangt werden, wenn die eidesstattliche Versicherung äußerlich erkennbar unvollständig, ungenau oder widersprüchlich war (BGH, VE 04, 169), sie mithin nicht so vollständig ausgefüllt war, wie das nach dem Zweck des § 807 ZPO für die Kenntnis des Gläubigers zum Zugriff auf angegebene Vermögenswerte erforderlich ist. Damit war das Nachbesserungsverfahren die Fortsetzung des alten, wegen der Unvollständigkeit noch nicht abgeschlossenen Verfahrens. Das aber bedeutete schon nach der alten Rechtlage, dass eine Nachbesserung nicht mehr in Betracht kam, wenn der Schuldner nach drei Jahren (§ 903 ZPO a.F.) zur Vorlage eines vollständig neuen Vermögensverzeichnisses und erneuter Abgabe der eidesstattlichen Versicherung verpflichtet war.
Aber auch schon gegen Ende der alten Dreijahresfrist, also nach längerer Zeit und außerhalb des zeitlichen Zusammenhangs mit der zuvor abgegebenen eidesstattlichen Versicherung, fehlt dem Gläubiger - hier dem G. - das Rechtsschutzbedürfnis zur Nachbesserung: Nun gilt gemäß § 39 Nr. 4 EGZPO für das Gesetz zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung die Übergangsvorschrift, dass im Rahmen des § 802d Abs. 1 S. 1 ZPO („Erneute Vermögensauskunft“) die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung gemäß § 807 ZPO a.F. der Abgabe einer Vermögensauskunft nach § 802c ZPO in der ab dem 1.1.13 geltenden Fassung gleich steht. Danach ist hier der S. jedenfalls seit dem 19.3.13 auf Gläubigerantrag zur Vermögensauskunft verpflichtet und dem G. ist es von Gesetzes wegen verwehrt, das Altverfahren weiter zu betreiben. Das gilt auch bereits für den Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen Gesetzes am 1.1.13. Denn zu diesem Zeitpunkt war kein unmittelbarer zeitlicher Bezug mehr zu dem am 18.3.11 erstellten Vermögensverzeichnis gegeben und es war dem G. zumutbar, dem X. einen Auftrag zur Einholung der (neuen) Vermögens-auskunft des S. nach § 802 c ZPO zu erteilen.
Praxishinweis
Das Nachbesserungsverfahren selbst ist im Gesetz nicht geregelt. Es hat sich auf der Grundlage gefestigter Rechtsprechung vor dem Hintergrund des § 807 Abs. 3 ZPO a.F. entwickelt. Danach muss der Schuldner im Vermögensauskunftsverfahren seine Angaben zum Vermögensverzeichnis richtig und vollständig leisten. Hat er ein unvollständiges, un- oder missverständliches Vermögensverzeichnis ausgefüllt und hierzu die eidesstattliche Versicherung abgegeben, hat er seine Verpflichtung noch nicht erfüllt. Es kann dann von ihm verlangt werden, dass er erneut geladen wird, um seine Angaben klarzustellen oder zu ergänzen und auch die ergänzenden Angaben an Eides Statt zu versichern (LG Bonn DGVZ 06, 92). Es geht also darum, die noch nicht zu Ende geführte Vermögensauskunft durch eine aufgrund ergänzender Fragen erreichte Komplettierung des Verzeichnisses zu beenden. Dies aber bedeutet, dass von einer Nachbesserung nicht mehr gesprochen werden kann, wenn der unmittelbare zeitliche Bezug zu dem im Verfahren über die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung erstellten Vermögensverzeichnis nicht mehr gegeben ist. Die Nachbesserung oder Ergänzungsversicherung steht dafür, dass das erstellte Vermögensverzeichnis lückenhaft ist. Dies erkennt ein Gläubiger unmittelbar mit der Zuleitung des Verzeichnisses. Deshalb muss er auch unmittelbar diese Lücken rügen und eine Ergänzung oder Nachbesserung verlangen. Insofern sind zwei Fälle der berechtigten Nachbesserung denkbar:
- Der Gläubiger hat am Termin beim Gerichtsvollzieher nicht teilgenommen und der Gerichtsvollzieher hat mangels konkreter Ergänzungsfragen den Schuldner nicht detailliert genug und seiner speziellen Situation angemessen befragt, oder der Gerichtsvollzieher hat die ihm vom abwesenden Gläubiger eingereichten Fragen nicht gestellt.
- Der Gläubiger war im Termin anwesend. Der Gerichtsvollzieher hat aber Fragen des Gläubigers (insgesamt oder zum Teil) nicht zugelassen.
In beiden Fallalternativen muss das Vollstreckungsgericht (Richter) auf die Erinnerung des Gläubigers gemäß § 766 ZPO prüfen, ob die Fragen zulässig sind und bei Zulässigkeit den Gerichtsvollzieher anweisen, dem Schuldner in einem neuen Termin diese Fragen vorzuhalten. Dabei ist es erforderlich, dass dieser neue Termin in einem engen zeitlichen Bezug zum ersten Termin steht. Rügt der Gläubiger dagegen nicht sofort das ihm zugänglich gemachte Vermögensverzeichnis, erklärt er damit konkludent, dass er es für vollständig hält. Ihm bleibt dann nur noch die Möglichkeit, den Schuldner im Rahmen der besonderen Voraussetzungen gemäß § 802d zur erneuten Vermögensauskunft zu zwingen (LG Bonn, a.a.O.).