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  • · Fachbeitrag · Vorbereitung Gesetzesentwurf

    Reform der strafbefreienden Selbstanzeige

    von RA Prof. Dr. Carsten Wegner, FA StrafR, Krause & Kollegen, Berlin

    | Die Finanzministerkonferenz hat am 27.3.14 in Berlin unter TOP 1 „Gesetzliche Regelungen zur Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung und zum Absehen von Verfolgung in besonderen Fällen ( §§ 371 , 398a AO )“ erörtert. |

    1. Steuerhinterziehung kein Kavaliersdelikt

    Es wird angemerkt, dass Steuerhinterziehung kein Kavaliersdelikt ist und deshalb konsequent bekämpft werden muss. Sie dürfe daher im Interesse der ehrlichen Steuerzahler kein kalkulierbares und hinnehmbares Risiko sein. Die Finanzminister sprechen sich für eine deutliche Verschärfung des Rechtsinstituts der strafbefreienden Selbstanzeige aus, eine Abschaffung des § 371 AO ist aktuell nicht geplant.

    2. Handhabbarkeit und Rechtssicherheit der Selbstanzeige

    Die Finanzminister der Länder weisen darauf hin, dass Handhabbarkeit und Rechtssicherheit für strafrechtliche Vorschriften - und um diese handele es sich bei §§ 371, 398a AO - von besonderer Bedeutung sind. Dieser Aspekt scheint insbesondere bei der Neuschaffung des § 398a AO im Jahre 2011 nicht hinreichend in den Blick genommen worden zu sein (Beckemper/Schmitz/Wegner/Wulf, wistra 11, 281 ff.).

    3. Verschärfung der Selbstanzeige

    Die Finanzminister der Länder befürworten folgende Verschärfungen der Voraussetzungen, unter denen ein Steuerhinterzieher Straffreiheit durch eine Selbstanzeige erlangen kann:

     

    • Die Berichtigungspflicht des Steuerhinterziehers erstreckt sich künftig in allen Fällen der Steuerhinterziehung auf einen Zeitraum von mindestens 10 Jahren. Damit ist auch die umgehende Nachentrichtung der Steuer für den gesamten 10-Jahreszeitraum zwingend, um Strafbefreiung erlangen zu können. Gegenwärtig ist nur eine Korrektur der strafrechtlich im Risiko stehenden Jahre erforderlich. Dies betrifft regelmäßig nur einen 5-jährigen Betrachtungszeitraum (§§ 376, 370 Abs. 3 AO).

     

    • Zu diesem Zwecke soll die Strafverfolgungsverjährung durch Änderung des § 376 AO auch bei einfacher Steuerhinterziehung von 5 auf 10 Jahre ausgedehnt werden. Gegenwärtig gilt für „normale“ Steuerhinterziehungen der aus dem StGB entlehnte Verjährungsrahmen von 5 Jahren. Nur in - zudem benannten - besonders schweren Fällen von Steuerhinterziehung kann die Verjährung ausnahmsweise 10 Jahre betragen.

     

    • Künftig kommt in Fällen der schweren Steuerhinterziehung i.S. des § 370 Abs. 3 AO nur noch ein Absehen von Strafverfolgung bei gleichzeitiger Zahlung des Zuschlags in Betracht. § 371 Abs. 2 AO wird um einen entsprechenden Ausschlusstatbestand ergänzt. Was hiermit geplant ist, erschließt sich gegenwärtig nicht, denn § 398a AO ist schon heute nicht nur ein abgabenrechtlicher Aspekt. Anders als die Zahlung von Zinsen berührt er die Wirksamkeit der Selbstanzeige unmittelbar.

     

    • Der Zuschlag nach § 398a AO soll bei einem Hinterziehungsbetrag von 50.000 EUR künftig 10 % betragen und nicht wie bisher nur 5 %.

     

    • Die sofortige Entrichtung der Hinterziehungszinsen von 6 % pro Jahr ist künftig zusätzliche Wirksamkeitsvoraussetzung für die Selbstanzeige. Bislang werden Zinsüberlegungen ausgeblendet.

     

    • Es wird gesetzlich klargestellt, dass auch eine Umsatzsteuer- oder Lohnsteuer-Nachschau eine Sperrwirkung für die Selbstanzeige auslöst, ebenso wie eine Bekanntgabe der Prüfungsanordnung nur an den Begünstigten. Hiermit will der Gesetzgeber vermeintliche Lücken zum Nachteil von Betroffenen schließen. Das Fenster für eine Selbstanzeigeberatung durch Berufsträger wird damit noch kleiner.

    4. Beseitigung von Verwerfungen bei Anmeldesteuern

    Die Finanzminister befürworten im Bereich der Anmeldesteuern eine gesetzliche Klarstellung zur Beseitigung bestehender Verwerfungen. Da einfache Fristüberschreitungen bereits zu einem strafrechtlichen Risiko führen, besteht die Sorge einer unverhältnismäßigen Ausdehnung strafrechtlicher Ermittlungstätigkeit. Ferner drohen über § 398a AO erhebliche finanzielle Belastungen, die alle Mitglieder des Geschäftsleitungsorgans parallel treffen können.

    5. Weitere zu prüfende Sachverhalte

    Die Finanzminister der Länder bitten die Arbeitsgruppe der Staatssekretäre um Prüfung folgender Punkte:

     

    • Strafzuschläge bei Steuerhinterziehung unterhalb von 50.000 EUR
    • Zulässigkeit eines Strafzuschlags, der über 10 % Prozent hinausgeht
    • Staffelung des Strafzuschlags bzw. Festlegung einer Obergrenze
    • Ausgestaltung eines steuerartenübergreifenden Vollständigkeitsgebots
    • Präzisierung der erforderlichen Klarstellung bei Anmeldesteuern
    • Möglichkeiten einer Obergrenze für die Wirksamkeit der Selbstanzeige
    • Einführung einer neuen Anlaufhemmung von 10 Jahren für bestimmte Auslandssachverhalte im Bereich des § 170 Abs. 2 AO

    6. Frist für Eckpunktepapier

    Die Finanzminister der Länder haben der Arbeitsgruppe der Staatssekretäre den Auftrag erteilt, rechtzeitig zur nächsten Finanzministerkonferenz am 9.5.14 einen Beschlussvorschlag in Form eines Eckpunktepapiers zu allen entscheidenden Festlegungen zur Verschärfung der gesetzlichen Regelungen der Selbstanzeige und zum Absehen von Verfolgung in besonderen Fällen vorzulegen.

    Quelle: Ausgabe 05 / 2014 | Seite 120 | ID 42619667