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  • · Fachbeitrag · Forderungsvollstreckung

    Wenn der Drittschuldner zu viel zahlt ...

    von Rechtsanwaltsfachangestellter Christian Noe, B. A., Leipzig

    | Oft werden in gleicher Sache mehrere PfÜB beantragt, da sich verschiedene Zugriffschancen beim Schuldner bieten. Zahlt ein Drittschuldner zu viel auf eine PfÜB-Forderung, darf die Überzahlung nicht einfach auf einen anderen laufenden PfÜB übertragen werden. Der folgende Beitrag zeigt, wie Gläubiger den „Überschuss“ behalten können. |

    1. Ausgangslage

    Der Gläubiger erwirkt einen PfÜB gegenüber dem Arbeitgeber (Anspruch A) und gegenüber der Bank des Schuldners (Anspruch D). Der Arbeitgeber erkennt die Forderung an. Die pfändbaren Beträge überweist er regelmäßig an den Gläubiger. Die Bank erkennt die Pfändung ebenfalls an, rechnet jedoch mit eigenen vorrangigen Forderungen auf. Später erwirkt derselbe Gläubiger mit einem weiteren Titel einen weiteren PfÜB gegenüber dem Arbeitgeber. Im Folgenden zahlt die Bank aufgrund des ersten PfÜB eine größere Summe. Diese gleicht aber nicht nur die Forderung des ersten PfÜB aus, sondern würde sogar die des zweiten PfÜB vollständig tilgen.

     

     

    2. Problem: Überschuss darf nicht einfach umgebucht werden

    Die Überzahlung darf nicht auf die Forderung des zweiten PfÜB umgebucht werden. Grund: Die Bank als Drittschuldnerin hat auf den ersten PfÜB geleistet und ist nicht als Drittschuldner im zweiten PfÜB benannt. Insofern hätte die Bank gegenüber dem Gläubiger aus dem ersten PfÜB einen Anspruch darauf, dass dieser den Überschuss wegen ungerechtfertigter Bereicherung an sie zurückzahlt. Dieser Betrag müsste dann aus dem Bankverhältnis zwischen Bank und Schuldner an den Schuldner weitergeleitet werden. Der Gläubiger darf also den Überschuss nicht behalten.

    3. Lösungsmöglichkeiten

    In diesem Fall sollte der Gläubiger den Schuldner kontaktieren und mitteilen, dass der zu viel gezahlte Betrag dazu verwendet werden kann, die vollständigen Schulden bequem auf einmal zu tilgen.

     

    PRAXISHINWEIS | Machen Sie dem Schuldner die Situation „schmackhaft“: Weisen Sie darauf hin, dass es jetzt einfach und schnell möglich ist, weitere Außenstände zu tilgen. Sein Vorteil liegt vor allem darin, dass er sofort wieder uneingeschränkt über sein Konto verfügen kann, weitere Pfändungen sich dadurch erledigen und sich so eine verbesserte Bonität (SCHUFA-Eintrag) ergibt. Kündigen Sie in diesem Zusammenhang an, dem Schuldner eine Einverständniserklärung zu schicken, die er nur unterschreiben muss. Tun Sie dies am besten mittels eines frankierten Rückumschlags.

     

    Stimmt der Schuldner dem Vorschlag, den Überschuss zu verrechnen, nicht zu, besteht auch die Möglichkeit, den Anspruch des Schuldners auf den Überschuss aus dem Vollstreckungstitel zu pfänden, der noch nicht befriedigt ist.

     

    • Pfändung des Schadenersatzanspruchs: Dadurch, dass dem Gläubiger von der drittschuldnerischen Bank zu viel ausgezahlt wurde, hat diese gegenüber dem Gläubiger einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung. Denn die Bank musste ja nur in Höhe der gepfändeten Forderung an den Gläubiger zahlen. Der Überschuss muss somit an die Bank zurückgezahlt werden und steht daher dem Schuldner zu. Insofern hat auch der Schuldner gegenüber der Bank einen Schadenersatzanspruch, der sich aus dem zwischen Bank und Schuldner bestehenden Bankvertrag ergibt. Dieser Anspruch des Schuldners ist pfändbar.

     

    • Pfändung des Hinterlegungsanspruchs: Da aufgrund des zu viel gezahlten Betrags an den Gläubiger auf jeden Fall ein Rückzahlungsanspruch der Bank oder des Schuldners besteht, kann der Gläubiger den Überschuss auch bei der zuständigen Hinterlegungsstelle des AG hinterlegen und als Hinterlegungsgrund hierbei „Gläubigerungewissheit“ angeben. In diesem Fall steht dem Schuldner ein Anspruch auf Auszahlung des für ihn hinterlegten Geldes zu. Diesen Anspruch kann der Gläubiger dann ebenfalls pfänden (vgl. zu den Einzelheiten VE 12, 44).

     

    Weiterführende Hinweise

    • Mehrere Drittschuldner: Effektive Vollstreckung fängt mit dem richtigen Antrag an, VE 15, 178
    • Wie viele Drittschuldner dürfen in PfÜB-Antrag?, VE 16, 167
    • Hinterlegungsansprüche pfänden und verwerten, VE 12, 44
    • In der nächsten Ausgabe von VE erhalten Sie Musterformulierungen eines Anschreibens an den Schuldner wegen Überzahlung sowie einer Einverständniserklärung des Schuldners. Darüber hinaus erhalten Sie zwei Schritt-für-Schritt-Anleitungen dazu, wie Sie den Schadenersatzanspruch des Schuldners sowie dessen Hinterlegungsanspruch mit den neuen verbindlichen PfÜB-Formularen pfänden.
    Quelle: Ausgabe 01 / 2017 | Seite 9 | ID 44414898