· Fachbeitrag · PKH/VKH
Prozesskostenhilfe in der Zwangsvollstreckung: Das ist zu beachten
von Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz
| In der Praxis herrscht immer wieder Verwirrung bei bereits bewilligter Prozesskostenhilfe (PKH) für die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen einschließlich der Abgabe der Vermögensauskunft. Wenn sich nämlich aus dem Vermögensverzeichnis pfändbare Vermögensgegenstände ergeben, stellt sich die Frage, ob die PKH entsprechend des bereits erteilten Beschlusses erweitert werden muss oder ob ein neuer PKH-Antrag zu stellen ist. Das kostet bis zu einer Entscheidung hierüber viel Zeit. |
1. Grundsatz: PKH umfasst alle Vollstreckungshandlungen
Die Bewilligung von PKH für die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen umfasst alle Vollstreckungshandlungen im Bezirk des Vollstreckungsgerichts einschließlich des Verfahrens auf Abgabe der Vermögens-auskunft und der eidesstattlichen Versicherung (§ 119 Abs. 2 ZPO).
PRAXISTIPP | Der Gläubiger muss somit nicht für jede Maßnahme der Zwangsvollstreckung gesondert PKH beantragen. Es besteht vielmehr die Möglichkeit einer (eingeschränkten) Pauschalbewilligung für die gesamte Mobiliarvollstreckung, soweit das bewilligende Gericht dafür zuständig ist (Musielak/Voit/Fischer, ZPO, 18. Aufl., § 119 Rn. 8). Umfasst hiervon sind sowohl Sach- und Forderungspfändungen, soweit sie im Bezirk ein- und desselben Vollstreckungsgerichts erfolgen sollen, als auch der Antrag auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung als Vorbereitungsmaßnahme für die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen. Voraussetzung ist lediglich die Zuständigkeit des Gerichts, das PKH für die Zwangsvollstreckung bewilligt hat (MüKo/Wache, ZPO, 6. Aufl., § 119 Rn. 52).
Hieraus folgt allerdings, dass für die Immobiliarvollstreckung PKH stets für einzelne Verfahrensziele, nicht für das gesamte Zwangsversteigerungsverfahren beantragt und bewilligt werden muss ( BGH VE 18, 175). |
2. Unterschiedliche Zuständigkeiten sind zu beachten
Für Gläubiger gilt es zu beachten, dass der Antrag auf Bewilligung von PKH für die Zwangsvollstreckung bei dem für die Zwangsvollstreckung zuständigen Gericht zu stellen ist (§ 117 Abs. 1 S. 3 ZPO). Dabei können sich unterschiedliche sachliche, örtliche und funktionelle Zuständigkeiten ergeben:
a) Sachliche Zuständigkeit
Nach § 764 Abs. 1 ZPO ist grundsätzlich das AG als Vollstreckungsgericht zuständig. Für die Zwangsvollstreckung nach § 887 ZPO (vertretbare Handlung) und § 888 ZPO (unvertretbare Handlung) oder § 890 (Duldung/Unterlassung) ist das Prozessgericht des ersten Rechtszugs zuständig.
b) Örtliche Zuständigkeit
Die örtliche Zuständigkeit richtet sich danach, wo das Vollstreckungsverfahren durchgeführt werden soll (§ 764 Abs. 2, § 828 Abs. 2 ZPO).
Beachten Sie | Die sachliche und die örtliche Zuständigkeit sind ausschließlich (§ 802 ZPO).
c) Funktionelle Zuständigkeit
Für die Entscheidung über die PKH ist grundsätzlich der Rechtspfleger zuständig. Ausnahme: Die Zwangsvollstreckung unterliegt der Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die PKH wird für eine Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung beantragt, die eine sonstige richterliche Handlung erfordert (§ 20 Nr. 5 RPflG). In diesen Fällen ist also der Richter zuständig.
3. Anwaltsbeiordnung ausdrücklich beantragen
Eine antragsgemäße PKH-Bewilligung bedeutet aber nicht, dass diese sich zugleich auch pauschal auf eine Anwaltsbeiordnung bezieht. Eine solche muss daher stets gesondert mit beantragt und bewilligt werden. Nur dann erhält der Rechtsanwalt seine Vergütung aus der Staatskasse (§ 48 Abs. 5 S. 2 Nr. 1 RVG).
a) Besonderheit des Einzelfalls ist zu beachten
In Verfahren ohne Anwaltszwang ist nach § 121 Abs. 2 ZPO ein Rechtsanwalt beizuordnen, wenn die Partei dies beantragt und die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint. Dies ist der Fall, wenn Umfang, Schwierigkeit und Bedeutung der Sache Anlass zu der Befürchtung geben, der Hilfsbedürftige werde nach seinen persönlichen Fähigkeiten nicht in der Lage sein, seine Rechte sachgemäß wahrzunehmen und die notwendigen Maßnahmen in mündlicher oder schriftlicher Form zu veranlassen (BGH VE 12, 185).
Danach hängt die Notwendigkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts einerseits von der Schwierigkeit der im konkreten Fall zu bewältigenden Rechtsmaterie und andererseits von den persönlichen Fähigkeiten und Kenntnissen des Antragstellers ab (BVerfG WuM 11, 352; BGH NJW 03, 3136).
b) Besonderheit bei Unterhaltsansprüchen
Insbesondere bei der Vollstreckung wegen Unterhaltsansprüchen ist es oft so, dass ein juristisch nicht ausgebildeter Antragsteller, vor allem beim Vorhandensein mehrerer Unterhaltsberechtigter, auch mithilfe der Rechtsantragstelle häufig kaum in der Lage sein wird, einen korrekten Antrag zu stellen. Jedenfalls für Verfahren der erweiterten Pfändung von Arbeitslohn oder Lohnersatzleistungen nach § 850d ZPO darf dem Gläubiger daher nicht ohne Prüfung des Einzelfalls die Beiordnung eines Rechtsanwalts mangels Erforderlichkeit versagt werden.
Der BGH (VE 12, 185) betont, dass bei der vorzunehmenden Einzelfallprüfung zu beachten ist, dass die rechtlichen Schwierigkeiten bei der Pfändung aus einem Unterhaltstitel wegen § 850d ZPO es in der Regel geboten erscheinen lassen, einen Rechtsanwalt beizuordnen.
MERKE | Von einer Beiordnung eines Rechtsanwalts kann daher nur in Ausnahmefällen, insbesondere bei einem juristisch vorgebildeten oder wirtschaftlich erfahrenen Gläubiger abgesehen werden. Dies muss das Vollstreckungsgericht im Einzelfall prüfen.
Diese Grundsätze dürften auch bei der Geltendmachung von Ansprüchen aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung (Deliktsforderungen) nach § 850f Abs. 2 ZPO anzuwenden sein. Auch hierfür gilt das Verfahren der erweiterten Pfändung von Arbeitslohn oder Lohnersatzleistungen. |
4. Handlungsempfehlungen
Es bestehen für einen Gläubiger folgende Möglichkeiten:
a) Forderungsvollstreckung
aa) PKH wurde noch nicht bewilligt
Wurde PKH noch nicht durch gesonderten Beschluss bewilligt und ein Rechtsanwalt noch nicht beigeordnet, kann der Gläubiger mittels des amtlichen Formulars auf Seite 1 für die beantragte Pfändungsmaßnahme PKH beantragen unter gleichzeitiger Beantragung der Beiordnung eines Rechtsanwalts.
|
Es wird beantragt, ☒ Prozesskostenhilfe zu bewilligen ☒ Frau Rechtsanwältin / Herr Rechtsanwaltbeizuordnen. |
Beachten Sie | Hierbei ist zu beachten, dass als Anlage zum Antrag unbedingt die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Gläubigers nebst der erforderlichen Belege beigefügt ist.
|
Anlagen: ☐ Schuldtitel und Vollstreckungsunterlagen ☒ Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Belegen ☐
☐ Verrechnungsscheck für Gerichtskosten ☐ Gerichtskostenstempler |
bb) PKH wurde bereits bewilligt
Wurde bereits PKH durch einen gesonderten Beschluss bewilligt, muss dies dem Vollstreckungsgericht durch entsprechendes Ankreuzen unter Beifügung des bewilligenden PKH-Beschlusses als Anlage zum Antrag zur Kenntnis gebracht werden.
Hierbei ist unbedingt zu beachten, dass eine Anwaltsbeiordnung zusätzlich gesondert zu beantragen ist!
|
Es wird beantragt, ☐ Prozesskostenhilfe zu bewilligen ☒ Frau Rechtsanwältin / Herr Rechtsanwaltbeizuordnen. |
☒ Prozesskostenhilfe wurde gemäß anliegendem Beschluss bewilligt. |
b) Gerichtsvollziehervollstreckung
Beauftragt der Gläubiger wegen einer Geldforderung den Gerichtsvollzieher und wurde bereits zuvor durch gesonderten Beschluss PKH hierfür bewilligt, muss er seinem Vollstreckungsauftrag den Beschluss beifügen.
Hierfür kann er das Modul P3 verwenden:
| |
P 3 | ☒ Prozesskostenhilfe/Verfahrenskostenhilfe wurde gemäß anliegendem Beschluss bewilligt. |
Beachten Sie | Wurde PKH noch nicht bewilligt, muss der Gläubiger vor Beauftragung des Gerichtsvollziehers zunächst einen PKH-Bewilligungsbeschluss des Vollstreckungsgerichts erwirken.
Weiterführender Hinweis
- Beiordnung eines Anwalts bei Pfändung aus einem Unterhaltstitel ist regelmäßig erforderlich, VE 12, 185