· Fachbeitrag · Elektronischer Rechtsverkehr
Erweiterung des Anwendungsbereichs der §§ 754a, 829a ZPO beabsichtigt
| Aus der gerichtlichen Praxis wird angesichts der Ausweitung des elektronischen Rechtsverkehrs durch die Änderungen der §§ 130a ff. ZPO zum 1.1.22 das Anliegen geäußert, den sachlichen Anwendungsbereich des § 754a ZPO zu erweitern. Bei den Gerichten läuft dazu derzeit eine Umfrage. |
1. Derzeitige Problematik
Bislang ist der vereinfachte Vollstreckungsauftrag nach § 754a, § 829a ZPO nur für Vollstreckungsbescheide bis zu 5.000 EUR vorgesehen. Für andere Arten von Vollstreckungstiteln, die ebenfalls Forderungen unterhalb der Wertgrenze von 5.000 EUR betreffen, bleibt es dabei, dass dem Vollstreckungsauftrag nach § 754 Abs. 1 ZPO bzw. dem PfÜB-Antrag nach § 829a ZPO eine vollstreckbare Ausfertigung des Titels in Papierform beizufügen ist.
2. Hybridverfahren führt zu Verzögerungen
Angesichts der aktiven Nutzungspflicht des elektronischen Rechtsverkehrs nach § 130d ZPO ist daher in vielen Fällen eine hybride Antragstellung erforderlich. Dies führt zu einem erheblichen Mehraufwand und verzögert ggf. die Einleitung der Zwangsvollstreckung, da es sowohl bei den Gerichtsvollzieherverteilerstellen als auch bei Gerichtsvollziehern immer wieder zu falschen Zuordnungen von Posteingängen oder Doppelerfassungen kommt.
3. Lösung
Dieser Mehraufwand lässt sich durch die Ausweitung der Erleichterungen der § 754a Abs. 1, § 829a Abs. 1 ZPO erheblich reduzieren. Die Praxis hat insoweit angeregt, den Anwendungsbereich dieser Normen ‒ jeweils unter Beibehaltung der Wertgrenze ‒ auf Kostenfestsetzungsbeschlüsse gemäß § 104 ZPO, Versäumnisurteile gemäß § 331 ZPO und behördliche Vollstreckungsaufträge zu erstrecken.
Beachten Sie | Aus praktischer Sicht erscheint dieser Vorschlag richtig. Denn bereits bei der Einführung des § 754a ZPO wurde dessen mögliche spätere Erweiterung in den Blick genommen (vgl. BT-Drucksache 18/7560, S. 35; Graf-Schlicker, DGVZ 17, 161), und die bisherige praktische Erfahrung mit § 754a ZPO ‒ und § 829a ZPO ‒ lässt keinen Missbrauch der Vorschriften erkennen. Die Erweiterung des Anwendungsbereichs der Vorschriften um die genannten Vollstreckungstitel ist daher ein richtiger Schritt zur Entlastung und Vereinfachung der Vollstreckungspraxis.
Ferner bietet eine Änderung des § 754a ZPO auch die Gelegenheit, die bislang strittige Frage zu klären, ob die Norm auch die Vollstreckung aus einem vollstreckbaren europäischen Zahlungsbefehl umfasst (vgl. Ulrici, BeckOK ZPO, 44. Edition, Stand: 1.3.22, § 754a Rn. 3 m. w. N.). Angesichts der strukturellen Ähnlichkeit der Norm mit § 829a ZPO erscheint auch dessen entsprechende Änderung nicht zuletzt aus systematischen Gründen angezeigt.