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  • · Fachbeitrag · Haftpflichtschaden

    Aktuelles zur Vorschaden-Rechtsprechung

    von VRiOLG a.D. Dr. Christoph Eggert, Leverkusen

    | Aus ihrem Hinweis- und Informationssystem (HIS) kennen Versicherer inzwischen wohl jeden abgerechneten Vorschaden. Das hat den Druck auf Anspruchsteller und ihre Anwälte wie auch auf die Schadensgutachter enorm erhöht. Wegen eines Vorschadens null Ersatz, trotz zweier Vorschäden voller Ersatz ‒ in dichter Folge entscheiden die Obergerichte mal so, mal so. VA sorgt für den nötigen Durchblick. |

    1. Grundsätzliche Aussagen

    Die wichtigsten Basisinformationen sind hier zusammengefasst.

     

    Übersicht / Basisinformationen

    1. Mehrfachrelevanz

    In Haftpflichtsachen ist ein Vor-/Altschaden unter folgenden Blinkwinkeln relevant:

     

    • Indizwirkung in angeblichen Manipulationsfällen,
    • Kausalitätsnachweis (haftungsbegründende und insbesondere haftungsausfüllende Kausalität),
    • Bemessung des Fahrzeugschadens,
    • Ersatz von Folge-/Begleitkosten, vor allem SV-Kosten, aber auch RA-Kosten,
    • Deckungsschutz in der RSV (aktuell AG Wedding 17.5.17, 15a C 250/16),
    • Rückforderungsanspruch des Versicherers (aktuell OLG Saarbrücken NJW-RR 17, 602).

     

    2. Was sagt der BGH?

    An der in VA 13, 96 dargestellten Rspr. des BGH hat sich seither nichts geändert. Die ihm in der KG-Sache VA 15, 183 eröffnete Möglichkeit, seine bisherigen Grundsätze zu bestätigen bzw. zu korrigieren hat der VI. ZS leider nicht genutzt. Die NZB des Klägers wurde sang- und klanglos zurückgewiesen (5.4.16, VI ZR 521/15). Von den Instanzgerichten oft übersehen werden folgende nach wie vor gültige Grundsätze des BGH:

     

    • Eine Klage auf Schadenersatz aus einem Verkehrsunfall kann nicht allein mit der Begründung abgewiesen werden, dass der Kl. auch den Ersatz von Schäden verlangt, die nach Überzeugung des Gerichts nicht aus dem Unfallereignis herrühren (BGH DAR 90, 224 = zfs 90, 258).

     

    • Der Unsicherheit, ob Vorschäden durch den streitgegenständlichen Unfall überdeckt worden sind, kann bei der Schätzung nach § 287 ZPO durch einen angemessenen Abschlag Rechnung getragen werden (BGH DAR 90, 224).

     

    3. Im Verhältnis Geschädigter/SV gilt grundsätzlich:

     

    • Ein unreparierter Vorschaden (= Altschaden) muss jedenfalls mitgeteilt werden, wenn er für den SV nicht ohne Weiteres erkennbar ist. Was ihm förmlich ins Auge springt, bedarf keines ausdrücklichen Hinweises. Dass Geschädigte sich selbst bei unreparierten oder erkennbar nur teilreparierten Vorschäden den Vorwurf des Verschweigens bzw. der Fahrlässigkeit einfangen können, zeigen OLG Celle 13.7.16, 14 U 64/16 ‒ Pkw (Abruf-Nr. 188632); OLG Düsseldorf 15.1.13, I-1 U 153/11 ‒ Pkw (Abruf-Nr. 131516) und OLG Köln 23.2.12, I-7 U 134/11 ‒ Lkw (Abruf-Nr. 131521). Ist das Gutachten unbrauchbar, weil der SV falsch informiert wurde, scheidet ein Anspruch auf Kostenersatz aus (st. Rspr.).
    • Reparierte Vorschäden: „Keine Ahnung“, „hab´ ich vergessen“ oder „schien mir nicht wichtig“‒ so oder ähnlich lauten die typischen Erklärungsversuche, wenn ein reparierter Vorschaden im Laufe der Regulierung oder erst vor Gericht hochkocht. Mit Blick auf die Erstattung von SV-Kosten ist der Einwand „keine Kenntnis“ erheblich. Für das Gegenteil ist der Schädiger/VR beweispflichtig (bei sekundärer Darlegungslast des Geschädigten). Der Einwand „vergessen“ oder „schien mir nicht wichtig“ kann in einem Streit mit der RSV ziehen (vgl. AG Wedding 17.5.17, 15a C 250/16, Abruf-Nr. 194971, mit ausführlicher Erörterung der Zurechnungsproblematik Anwalt/Mandant). Beim SV-Kosten-Ersatz genügt den Gerichten einfache Fahrlässigkeit. Zur Rollenverteilung Geschädigter/SV in Bezug auf Vorschäden s. auch OLG Saarbrücken NJW-RR 17, 602 (Rückforderung des VR).