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  • · Fachbeitrag · Prozessrecht

    „Open End“ oder: Neue Rechtsprechung zur Einsicht in Messunterlagen

    | Wir haben in VA 18, 217 zuletzt über weitere Entscheidungen zur Einsicht in Messunterlagen berichtet. Inzwischen liegen neue Entscheidungen vor, die wir Ihnen auch vorstellen möchten. Denn das Thema ist, wie die Rechtsprechung zeigt, immer noch praxisrelevant. |

    1. Aktuelle Rechtsprechung

    Übersicht / Einsicht in/Herausgabe von Messdaten im Bußgeldverfahren

    LG Würzburg

    24.9.18

     1 Qs 155/18

    Abruf-Nr. 206366

    Gewährt der Bußgeldrichter keine Einsicht in die Messdaten, ist eine Beschwerde gegen diese Entscheidung zulässig (s. auch LG Trier DAR 17, 721). Wird der Antrag auf Einsichtnahme in die Messreihe etc. jedoch erstmals im gerichtlichen Verfahren gestellt, ist die Beschwerde unbegründet, da kein Einsichtsrecht in Messdaten besteht.

    AG Dillenburg

    26.11.18

    3 OWi - 2 Js 57859/18

    Abruf-Nr. 206387

    Nach der Rechtsprechung des OLG Frankfurt a. M. hat der Betroffene einen Anspruch darauf, dass ihm „seine“ Falldatei von der Verwaltungsbehörde zur Verfügung gestellt wird. Dazu kann der Verteidiger grundsätzlich nicht auf die Einsichtnahme bei der auswertenden Stelle verwiesen werden. Tut die Verwaltungsbehörde das, ist davon auszugehen, dass der Sachverhalt nicht genügend aufgeklärt ist, sodass die Sache gem. § 69 Abs. 5 OWiG an die Verwaltungsbehörde zurückverwiesen werden kann.

     AG Köln

    22.10.18

    814 OWi 210/18 (b)

    Abruf-Nr. 206384

    Die Verwaltungsbehörde ist verpflichtet, dem Betroffenen bzw. dessen Verteidiger oder einem von diesem beauftragten Sachverständigen Einsicht in die komplette Messreihe vom Tattag (inkl. Token) zu gewähren, indem die maßgeblichen Datenträger kopiert werden und an den Betroffenen bzw. seinen Verteidiger übersandt werden.

    AG Linz

    13.11.18

     3 OWi 285/18

    Abruf-Nr. 206383

    Die Verwaltungsbehörde hat dem Verteidiger die unverschlüsselten Rohdaten der Messung des vorliegenden Verfahrens („eigene Falldatei“) zur Einsichtnahme zur Verfügung zu stellen.

    AG Nauen

    10.12.18

    34 OWiE 299/18

    Abruf-Nr. 206381

    Die Verwaltungsbehörde hat den Beschilderungsplan und die digitale Messreihe der Messung an den Verteidiger des Betroffenen herauszugeben.

    AG Remscheid

    6.11.18

    63 OWi 270/18 [b]

    Abruf-Nr. 206379

    Dem Verteidiger sind die Rohmessdaten (Messfilm) der den Betroffenen betreffenden Geschwindigkeitsmessung zur Verfügung zu stellen (Anschluss an die Rechtsprechung des VerfG Saarland).

    AG Wittlich

    20.8.18

    313 OWi 114/18

    Abruf-Nr. 206375

    Es besteht ein Einsichtsrecht des Betroffenen in sämtliche Messdaten, und zwar nicht nur in die Messreihe sowie in Wartungsnachweise des Messgeräts, sondern auch in die Baumusterprüfbescheinigung sowie die Konformitätserklärung zu dem verwendeten Messgerät. Die Unterlagen sind gem. § 6 Abs. 2 MessEG nämlich Nachweis dafür, dass das Messgerät die wesentlichen Anforderungen erfüllt. Auch der Eichschein nimmt auf diese Urkunden Bezug.

     

    2. Relevanz für die Praxis

    Auch diese Entscheidungen zeigen erneut: Die Verwaltungsbehörden sind häufig nur schwer zu bewegen, die entsprechenden Daten zur Verfügung zu stellen und müssen von den AG „zur Ordnung gerufen werden“. Ein besonders trauriges Beispiel ist der Beschluss des AG Saarburg (22.8.18, 8 OWi 8112 Js 16807/18, Abruf-Nr. 206378). Das AG musste sich insgesamt viermal mit der Messung beschäftigen. Es hatte das Verfahren immer wieder gem. § 69 Abs. 5 OWiG an die Verwaltungsbehörde zurückgegeben, weil es unter Hinweis auf die Rechtsprechung des LG Trier (DAR 17, 721) die Behörde zur Herausgabe verpflichtet sah. Zweimal hat das AG die Akten zurückgeben müssen, weil die überlassenen Messdaten unvollständig bzw. nicht lesbar waren. Zum Schluss hat dem AG die bemerkenswerte Hartnäckigkeit der Verwaltungsbehörde gereicht. Es hat das Verfahren endgültig eingestellt.