12.01.2022 · IWW-Abrufnummer 226884
Landesarbeitsgericht Köln: Beschluss vom 29.12.2021 – 9 Ta 174/21
Einzelfall zur Arbeitnehmereigenschaft einer für eine NGO tätige Ortskraft in einem Entwicklungsland (hier bejaht).
Tenor:
I. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der die Rechtswegzuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen verneinende Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 26.08.2021 - 14 Ca 8383/19 - teilweise aufgehoben. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist für die Anträge zu 2 und 3 zulässig.
II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beklagte.
Gründe
I.
Der Beklagte ist ein gemeinnütziger Verein, der sich ua. den Wiederaufbau der medizinischen Infrastruktur und der Versorgungsmöglichkeiten in S zum Ziel gesetzt hat. Er unterstützt ua. das O Hospital (O H) in F , indem er die Lieferung von Medikamenten und medizinischen Geräten sowie die Errichtung und Instandsetzung von Gebäuden und der Infrastruktur des Krankenhauses organisiert und finanziert. Zudem entsendet er medizinisches Personal.
Der Kläger war für den Beklagten in verschiedenen Ländern, zuletzt in S , tätig. Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Kläger als Arbeitnehmer oder als selbstständiger Unternehmer für den Beklagten gearbeitet hat.
In einem von dem Managing Director des Beklagten, Herrn B G , am 11.09.2014 ausgestellten "Letter of authorization - valid for the construction of the Isolation Center for the O Hospital in F /S " heißt es:
Der Beklagte stellte ferner englisch- und französischsprachige Ausweise aus, wonach der Kläger "member of the committee" / "membre du comité" war.
In den Monaten Januar bis August 2016 überwies der Beklagte unter dem Betreff "Monatslohn" jeweils EUR auf ein deutsches Konto des Klägers. Ferner unterhielt der Beklagte für den Kläger seit 2006 eine Unfallversicherung mit einer Deckungssumme von 50.000 EUR.
Mit E-Mail-Schreiben des Herrn G vom 30.08.2016 wandte sich der Beklagte wie folgt an den Kläger:
Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 17.10.2019 forderte der Kläger von dem Beklagten Vergütung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges iHv. 85.100 EUR netto. Auch kündigte der Kläger ein Darlehen, das der Kläger dem Beklagten nach dem zwischen den Parteien streitigen Vortrag im Jahr 2014 iHv. 10.000 EUR gewährt habe, und forderte den Beklagten zur Rückzahlung auf.
Der Kläger ist der Ansicht, seit 1989 in einem Arbeitsverhältnis nach deutschem Recht zum Beklagten zu stehen. Den Arbeitsvertrag habe er - so seine Behauptung -mit Herrn I J als Vertreter des Beklagten geschlossen. Spätestens aber durch die Aufnahme und den faktischen Vollzug über Jahre hinweg sei ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien begründet worden. Mit der E-Mail vom 30.08.2016 habe der Beklagte dieses Arbeitsverhältnis nicht wirksam kündigen können. Es fehle bereits an der erforderlichen Schriftform. Jedenfalls sei ein neues Arbeitsverhältnis dadurch begründet worden, dass er wieder auf Bitten des Beklagten tätig geworden sei. Der Kläger vertritt die Auffassung, der Beklagte befinde sich hinsichtlich seiner Arbeitsleistung seit Oktober 2017 im Annahmeverzug.
Die mit Schreiben vom 17.10.2019 geltend gemachten Ansprüche verfolgt der Kläger mit seiner am 20.12.2019 bei dem Arbeitsgericht Köln anhängig gemachten und dem Beklagten am 09.01.2020 zugestellten Klage weiter.
Er begehrt
1. die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die E-Mail vom 30.08.2016 beendet wurde, sondern unbefristet und ungekündigt fortbesteht;
2. die Zahlung von 85.100 EUR netto nebst Zinsen;
3. Auskunft darüber, ob für ihn Sozialabgaben abgeführt wurden und ob eine betriebliche Altersversorgung für ihn besteht;
4. die verzinste Rückzahlung der Darlehenssumme über 10.000 EUR .
Der Beklagte rügt die fehlende Rechtswegzuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen. Er bestreitet, dass der Kläger seit Ende der achtziger Jahre ununterbrochen für ihn Tätigkeiten ausgeübt habe. Ein Arbeitsvertrag sei nie geschlossen worden. Herr J sei weder sein Repräsentant noch Mitarbeiter gewesen, sondern habe eine eigene Hilfsorganisation gegründet. Die Arbeit in Krisengebieten erfolge vor Ort unter Zuhilfenahme Einheimischer, die mangels Sprachbarrieren bei der Bewältigung von tatsächlichen und rechtlichen Problemen von unschätzbarem Wert seien. Diese akquirierten ehrenamtlichen Mitarbeiter unterlägen keinerlei Weisungen. Der Kläger sei in S als Unternehmer tätig. Zunächst habe er eine Apotheke betrieben, später Autoteile verkauft. Danach habe er eine Bäckerei geführt und Hygieneartikel veräußert. Der Kläger sei auch für andere Auftraggeber tätig und Eigentümer mehrerer Immobilien, die er teilweise an ihn, den Beklagten, vermietet habe. Der Kläger sei von ihm, dem Beklagten, immer wieder gefragt worden, ob er bei einzelnen Projekten zum Einsatz bereit sei. Wenn die einzelnen Projekte beendet gewesen seien, habe der Einsatz des Klägers geendet. Die ihm erteilten projektbezogenen Hinweise stellten keine arbeitsrechtlichen Weisungen dar. Seit seinem letzten Einsatz Mitte 2016 habe keine weitere inhaltliche Zusammenarbeit mit dem Kläger stattgefunden. Bei den Zahlungen auf das deutsche Konto des Klägers mit dem Verwendungszweck "Monatslohn" habe es sich um eine Art pauschale Aufwandsentschädigung gehandelt. Seine Arbeitsleistung habe der Kläger nicht angeboten. Die behauptete Darlehenssumme habe er nicht geleistet.
Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 26.08.2021 den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist hinsichtlich des Feststellungsantrags für zulässig sowie im Übrigen für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit insoweit an das Landgericht Köln verwiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, für den Feststellungsantrag sei der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b ArbGG eröffnet. Denn es handele sich um einen sogenannten sic-non-Fall, bei dem die für die Rechtswegzuständigkeit maßgebenden Tatsachen gleichzeitig die Voraussetzung für die Begründetheit der Klage seien und bei dem die bloße Rechtsansicht der klagenden Partei, es handele sich um ein Arbeitsverhältnis, den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen eröffne. Für die weiteren Klageanträge sei der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen hingegen unzulässig. Denn der Kläger habe nicht hinreichend dargetan, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis begründet worden sei. Der Kläger habe weder seine Behauptung, (arbeits-)rechtliche Weisungen erhalten zu haben, noch seinen Vortrag, in die Betriebsabläufe des Beklagten eingegliedert gewesen zu sein, hinreichend substantiiert.
Gegen den ihm am 01.09.21 zugestellten Beschluss wendet sich der Kläger mit seiner am 15.09.21 bei dem Arbeitsgericht eingelegten sofortigen Beschwerde, der das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 28.10.2021 nicht abgeholfen hat. Der Kläger ist der Auffassung, dass das Arbeitsgericht die Anforderungen an seinen Vortrag zu seiner Arbeitnehmereigenschaft überspannt habe. Er behauptet, seit 2006 auch während seiner Urlaubszeiten einen monatlichen Lohn seitens der Beklagten erhalten zu haben. Diese Fixvergütung spreche gegen die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit. Dabei handele es sich auch nicht um einen pauschalen Aufwendungsersatz, denn der gemeinnützige Beklagte sei gehalten, seine Mittel konkret zu verwenden. Die Zahlung einer pauschalen Aufwandsentschädigung würde dem widersprechen. Dass spätestens seit 2006 ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zustande gekommen sei, zeige auch die E-Mail der Frau Sc vom 20.02.2006 (Bl. 242 der Akte), mit der sie ihn seitens des Beklagten im Team begrüßt und ihm einen monatlichen Betrag von 1.900 EUR angeboten habe. Der Kläger verweist ferner darauf, dass er sämtliche Arbeitsmittel von dem Beklagten erhalten habe. Zudem sei er zur höchstpersönlichen Leistung verpflichtet gewesen. Die Erledigung von Aufgaben durch Hilfspersonen wäre wegen der Komplexität weder möglich noch erlaubt gewesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses, die im Beschwerdeverfahren gewechselten Schriftsätze sowie die eingereichten Unterlagen Bezug genommen.
II.
Die nach § 17a Abs. 4 Satz 3 GVG statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde des Klägers ist begründet. Die Gerichte für Arbeitssachen sind gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a ArbGG auch für die Entscheidung über den Vergütungsantrag und den Auskunftsantrag zuständig.
1.) Wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat, findet auf den vorliegenden Rechtsstreit deutsches Prozessrecht Anwendung. Dies ergibt sich aus der internationalen Zuständigkeit des Arbeitsgerichts Köln. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte folgt, soweit sie nicht staatsvertraglich anders geregelt ist, grundsätzlich der örtlichen Zuständigkeit. Ist ein deutsches Gericht nach den §§ 12 ff. ZPO örtlich zuständig, ist es regelmäßig auch im Verhältnis zu einem ausländischen Gericht zuständig (BAG, Urteil vom 13. November 2007 - 9 AZR 134/07 -, BAGE 125, 24-44, Rn. 20; BAG, Urteil vom 03. Mai 1995 - 5 AZR 15/94 -, BAGE 80, 84-94, Rn. 15). Die internationale Zuständigkeit wird durch die örtliche Zuständigkeit indiziert (BAG, Urteil vom 17. Juli 1997 - 8 AZR 328/95 -, Rn. 14, juris). Da der Beklagte seinen Sitz in K hat, ergeben sich die örtliche und damit auch die internationale Zuständigkeit des Arbeitsgerichts Köln mangels anderweitiger staatsvertraglicher Regelung aus § 17 Abs. 1 ZPO iVm. § 46 Abs. 2 ArbGG. Dies hat zur Folge, dass auf den Rechtsstreit deutsches Prozessrecht Anwendung findet. Denn Verfahren vor deutschen Gerichten für Arbeitssachen sind nach den verfahrensrechtlichen Regelungen des Arbeitsgerichtsgesetzes und den in Bezug genommen Regelungen der deutschen Zivilprozessordnung durchzuführen. Dieser Grundsatz der lex fori ist auch in Verfahren mit Auslandsberührung anzuwenden (BAG, Urteil vom 16. Dezember 2010 - 2 AZR 963/08 -, Rn. 14, juris; BGH, Beschluss vom 04. März 1981 - IVb ZB 552/80 -, NJW 1981, 2755). Für das vom Kläger betriebene Klageverfahren bestimmt sich die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen somit nach § 2 ArbGG.
2.) Die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen folgt nicht schon unabhängig von der Frage der Arbeitnehmereigenschaft des Klägers aus § 2 Abs. 1 Nr. 7 ArbGG, § 19 Abs. 1 EhfG. Nach diesen Bestimmungen sind die Arbeitsgerichte ausschließlich zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Entwicklungshelfern und Trägern des Entwicklungsdienstes nach dem Entwicklungshelfergesetz. Entwicklungshelfer stehen zum Träger des Entwicklungshelferdienstes nicht in einem Arbeitsverhältnis. Sie sind insoweit keine Arbeitnehmer (BAG, Urteil vom 27. April 1977 - 5 AZR 129/76 -, Rn. 60, juris; GMP/Schlewing, 9. Aufl. 2017, § 2 ArbGG, Rn. 101; Walker in: Schwab/Weth, 6. Aufl. 2021, § 2 ArbGG, Rn. 171). Der Kläger hat zwar an der Entwicklungsarbeit in S mitgewirkt. Der Beklagte ist jedoch kein anerkannter Träger der Entwicklungshilfe iSd. § 2 Abs. 2 EhfG. Denn durch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sind nur die sieben Träger des Entwicklungsdienstes, die sich in der Arbeitsgemeinschaft der Entwicklungsdienste zusammengeschlossen haben, anerkannt. Nur sie dürfen Entwicklungshelferinnen und Entwicklungshelfer entsenden. Der Beklagte gehört dieser Gruppe nicht an.
3.) Die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen ergibt sich aber aus § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a ArbGG, da der Kläger gegen den Beklagten Ansprüche aus einem Arbeitsverhältnis geltend macht. Denn der Kläger war Arbeitnehmer des Beklagten iSd. § 5 ArbGG.
a) Arbeitnehmer sind nach § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbGG Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. § 5 Abs. 1 ArbGG liegt der allgemeine nationale Arbeitnehmerbegriff zugrunde (BAG, Beschluss vom 21. Januar 2019 - 9 AZB 23/18 -, BAGE 165, 61-73, Rn. 14; BAG, Beschluss vom 22. November 2016 - 9 AZB 41/16 -, Rn. 17, juris). Auf den Arbeitnehmerbegriff eines anderen Staates kommt es im Rechtswegverfahren nicht an. Ob sich die Rechtsbeziehungen der Parteien nach s Recht gestalten und ob der Kläger nach dem Recht S als Arbeitnehmer anzusehen ist, muss ggf. im Hauptsacheverfahren geklärt werden. Gleiches gilt für die Frage, ob sich der Kläger aufgrund einer Ausstrahlung iSd. § 4 SGB IV (zur Ausstrahlung BSG, Urteil vom 17. Dezember 2015 - B 2 U 1/14 R -, SozR 4-2400 § 4 Nr 2, Rn. 25) in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis befand bzw. befindet und ob sich ggf. aus diesem Umstand eine arbeitsrechtliche Verpflichtung des Beklagten ergibt, dem Kläger Auskunft über die Abführung von Sozialabgaben zu geben. Entscheidend für die Bestimmung des Rechtswegs ist lediglich, ob der Kläger nach Maßgabe des deutschen Arbeitnehmerbegriffs als Arbeitnehmer, der Beklagte als Arbeitgeber und ihr Vertragsverhältnis als Arbeitsverhältnis anzusehen sind (vgl. LAG Düsseldorf, Beschluss vom 29. Juni 2020 - 3 Ta 157/20 -, Rn. 22, juris). Das setzt nach § 611a Abs. 1 BGB voraus, dass der Kläger im Dienste des Beklagten zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet war. Dieses Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit betreffen. Weisungsgebunden ist, wer nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Die für das Arbeitsverhältnis typische persönliche Abhängigkeit kann sich auch aus der Eingliederung in eine fremde betriebliche Arbeitsstruktur (HWK/Thüsing, 9. Aufl. 2020, § 611a BGB Rn. 53 ff.) und aus der damit verbundenen Fremdbestimmtheit der Tätigkeit ergeben. Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Für die Feststellung, ob ein Arbeitsvertrag vorliegt, ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände vorzunehmen (BAG, Beschluss vom 22. November 2016 - 9 AZB 41/16 -, Rn. 17, juris). Weder genügt eine dahingehende Rechtsansicht des Klägers noch ein entsprechender Tatsachenvortrag. Der Kläger muss vielmehr notfalls beweisen, dass er Arbeitnehmer ist. Denn ansonsten könnte eine Partei gegen den Willen der anderen sich eine ihr nicht zukommende sachliche Zuständigkeit verschaffen (BAG, Beschluss vom 30. August 1993 - 2 AZB 6/93 -, Rn. 25, juris).
b) Dass der Kläger für den Beklagten jedenfalls vor dem E-Mail-Schreiben des Herrn G vom 30.08.2016 fremdbestimmte Tätigkeiten in persönlicher Abhängigkeit ausgeführt hatte, ergibt sich aus den Besonderheiten des vorliegenden Falls. Zwar sprechen einige durchaus gewichtige Indizien gegen eine Arbeitnehmereigenschaft des Klägers. Letztlich überwiegen aber die Umstände, die zur Annahme einer persönlich abhängigen Tätigkeit des Klägers für den Beklagten führen.
aa) Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Kläger für den Beklagten im Ausland tätig war. Er war im Dienste des Beklagten beim Wiederaufbau der medizinischen Infrastruktur und der Versorgungsmöglichkeiten in S tätig. Da der Beklagte in diesem Land keinen klassischen Betrieb unterhielt, konnte der Kläger auch nicht in dem Maße in die Betriebsabläufe des Beklagten eingegliedert gewesen sein, wie es etwa ein Arbeitnehmer in der Verwaltung am Sitz des Beklagten typischerweise ist. Maßgeblich ist in einem solchen Fall vielmehr, ob die Auslandstätigkeit dem Betriebszweck des im Inland gelegenen Betriebes dient und darüber hinaus die Weisungsgebundenheit - wenn auch nur rudimentär - vorhanden ist. Hieran dürfen keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden (vgl. LAG Niedersachsen, Urteil vom 09. November 2017 - 5 Sa 1006/16 -, Rn. 45, 47 juris zur Zugehörigkeit von Arbeitnehmern im Ausland zu einem inländischen Betrieb). Dass der Kläger mit seiner Tätigkeit in S dem Betriebszweck des Beklagten gedient hat, ergibt sich schon unmittelbar daraus, dass er mit anderen Arbeitnehmern und Mitarbeitern des Beklagten an der Verwirklichung der von dem Beklagten verfolgten Projekte eingesetzt war. Er war insoweit in die organisatorischen Strukturen des Beklagten eingebunden. Ein nicht unwichtiger Aspekt ist in diesem Zusammenhang, dass der Kläger seitens des Beklagten autorisiert war, nach außen hin in dessen Namen tätig zu werden, wie etwa gemäß dem "Letter of authorization" für das Kinderkrankenhaus O in F . Auch wurde er in Publikationen des Beklagten als Teil des Personals bezeichnet und mit Ausweisen versehen, die seine Zugehörigkeit zum Beklagten dokumentierten. Denn daraus ergibt sich, dass der Kläger seine Tätigkeit für den Beklagten als dessen Vertreter und nicht als selbstständiger Unternehmer im eigenen Namen erbracht hat.
bb) Ob der Kläger ständigen Anweisungen des Beklagten unterlag oder ob der Beklagte ihm lediglich projektbezogene Hinweise erteilte, ist im vorliegenden Fall für die Arbeitnehmereigenschaft des Klägers nicht entscheidend, weil sowohl die fachliche als auch die Weisungsgebundenheit nach Ort und Zeit der Arbeitsleistung nur ein Indiz und kein bindendes Kriterium für die Anerkennung der Arbeitnehmereigenschaft ist. Der Annahme einer persönlichen Abhängigkeit steht es nicht entgegen, dass sich die Tätigkeit eines Mitarbeiters nicht nach Zeit und Ort festlegen lässt. So können etwa auch tatsächliche Zwänge durch eine vom Auftraggeber geschaffene Organisationsstruktur geeignet sein, den Beschäftigten zu dem gewünschten Verhalten zu veranlassen, ohne dass dazu konkrete Weisungen ausgesprochen werden müssen (vgl. BAG, Urteil vom 01. Dezember 2020 - 9 AZR 102/20 -, Rn. 36, juris). Es genügt, dass die Beschäftigten "aus anderen Gründen fremdbestimmte Arbeit leisten" (BAG, Urteil vom 15. März 1978 - 5 AZR 819/76 -, BAGE 30, 163-176, Rn. 28; HWK/Thüsing, 9. Aufl. 2020, § 611a BGB, Rn. 50). Dies ist bei einer Tätigkeit in Krisengebieten und Entwicklungsländern der Fall, da sie nur unter Zuhilfenahme Einheimischer wie dem Kläger möglich ist. Diesen Mitarbeitern können weitgehend nur projektbezogene Anweisungen erteilt werden. So war es gerade die Aufgabe des Klägers, zur Verwirklichung der Projekte die organisatorischen und logistischen Vorkehrungen vor Ort zu treffen. Zur Bewältigung der dabei auftretenden tatsächlichen und rechtlichen Probleme konnte der Beklagte allenfalls in begrenztem Umfang konkrete Einzelweisungen erteilen.
cc) Gegen eine Arbeitnehmereigenschaft und für eine Selbstständigkeit des Klägers können nicht seine anderweitigen unternehmerischen Aktivitäten und die Geschäftsbeziehungen zu anderen Auftraggebern angeführt werden. Dasselbe gilt hinsichtlich der Vermietung von Immobilien an den Beklagten. Diese Umstände deuten zwar auf eine wirtschaftliche Unabhängigkeit des Klägers vom Beklagten hin. Eine wirtschaftliche Abhängigkeit kann jedoch nur die Rechtsstellung einer arbeitnehmerähnlichen Person begründen, nicht aber seine Arbeitnehmereigenschaft (BAG, Urteil vom 04. Dezember 2002 - 5 AZR 667/01 -, Rn. 62, juris). Die Berechtigung, andere berufliche und gewerbliche Aktivitäten zu entfalten, kann daher allenfalls ein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit sein (dazu BAG, Urteil vom 20. Januar 2010 - 5 AZR 99/09 -, Rn. 16, juris). Sie ist aber kein starkes Abgrenzungsmerkmal zum Arbeitsverhältnis. Denn auch bei der Ausführung von Tätigkeiten in geringem zeitlichem Umfang kann ein hohes Maß an Weisungsgebundenheit bestehen (BAG, Beschluss vom 30. Oktober 1991 - 7 ABR 19/91 -, Rn. 21, juris). Der zeitliche Umfang einer Tätigkeit spielt nur dann eine Rolle, wenn der Beschäftigte im Hauptberuf selbstständig ist und den Nebenberuf als Teil seiner selbstständigen Tätigkeit ausübt (vgl. Staudinger/Richardi/Fischinger (2020) BGB § 611a, Rn. 103). Das war beim Kläger aber nicht der Fall, auch wenn der frühere Betrieb einer Apotheke und die Veräußerung von Hygieneartikeln für die organisatorischen Tätigkeiten im Auftrag des Beklagten nützlich gewesen sein mögen.
dd) Wichtig ist hingegen, dass der Kläger bei seiner Tätigkeit für den Beklagten keinem für Selbstständige typischen unternehmerischen Risiko unterlag. Der Kläger musste nicht auf eigene Gefahr mit einem von dem Beklagten zur Verfügung gestellten Budget arbeiten und daraus den Verdienst für seine Tätigkeit ziehen. Er erhielt vielmehr einen "Monatslohn", den der Beklagte ausdrücklich als solchen bezeichnet hat. Dieser Umstand spricht entscheidend für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses. Zwar sind die Modalitäten der Entgeltzahlung grundsätzlich nicht maßgeblich für die Frage der persönlichen Abhängigkeit. So können etwa auch Arbeitnehmer eine am Umfang der Arbeitsleistung orientierte Vergütung (Stücklohn) erhalten (BAG, Beschluss vom 30. Oktober 1991 - 7 ABR 19/91 -, Rn. 20, juris). Im vorliegenden Fall ergibt sich aus der monatlichen Entgeltzahlung aber, dass die vergüteten Tätigkeiten des Klägers keine im Voraus bestimmten, abgegrenzten Einzelleistungen darstellten. Bei dem ihm überwiesenen Monatslohn handelte es sich eben nicht um das Entgelt für eine projektbezogene selbstständige Tätigkeit des Klägers. Denn es handelte sich bei diesen Summen um Festbeträge. Sie stellen sich als Entgelt dafür dar, dass der Kläger sich für dieses feste Entgelt in einem entsprechenden Umfang für die von ihm erwarteten und seitens des Beklagten näher zu konkretisierenden Tätigkeiten zur Verfügung gestellt hatte. Dass es sich bei diesem monatlichen Betrag nicht um eine pauschalierte Aufwandsentschädigung handelte, ergibt sich auch daraus, dass der Kläger seine tatsächlichen Aufwendungen nicht unter Anrechnung auf diesen Betrag abzurechnen hatte. Aus den von ihm vorgelegten Kontoauszügen ergibt sich vielmehr, dass er weitere, teilweise diesen Betrag deutlich übersteigende Zahlungen seitens des Beklagten erhalten hatte, die etwa die Verwendungszwecke "Projektgeld", "Provision" oder "Spesen" aufwiesen.
ee) Dass der Kläger auch aus Sicht des Beklagten als unselbständig Beschäftigter und Arbeitnehmer tätig war, wird schließlich indirekt durch das E-Mail-Schreiben des Herrn G vom 30.08.2016 bestätigt. Denn mit diesem Schreiben will der Beklagte von der bisherigen Handhabung mit einer festen Monatszahlung und der korrespondierenden Pflicht des Klägers, für den Beklagten projektunabhängig tätig zu sein, abkehren und ihm ausdrücklich lediglich zeitlich befristete Aufträge als selbstständiger Berater ("consultant") in Aussicht stellen.
III.
Ob die Gerichte für Arbeitssachen unter dem Gesichtspunkt der Zusammenhangszuständigkeit gemäß § 2 Abs. 3 ArbGG auch für den Darlehensrückzahlungsanspruch zuständig wären, bedarf keiner Entscheidung. Denn insoweit hat der Kläger den Beschluss des Arbeitsgerichts nicht angegriffen und den Klageantrag noch nicht zurückgenommen. Der Verweisungsbeschluss ist insoweit bestandskräftig.
IV.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 ZPO. Wird ein Verweisungsbeschluss im Beschwerdeweg nach § 17a Abs. 4 GVG angefochten, so ist über die Kosten des Rechtsmittels nach den allgemeinen für die Beschwerde geltenden Grundsätzen zu entscheiden.
V.
Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.