· Fachbeitrag · Rechtsbehelfsbelehrungsgesetz
Das sind die Auswirkungen auf die Vollstreckungspraxis
von Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz
| Das Gesetz zur Einführung einer Rechtsbehelfsbelehrung im Zivilprozess und zur Änderung anderer Vorschriften (BGBl. I 13, 3151; Rechtsbehelfsbelehrungsgesetz) ist seit dem 1.1.14 in Kraft. Dies hat auch Auswirkungen auf die tägliche gerichtliche Vollstreckungspraxis. Der folgende Beitrag erläutert, was der im Rahmen der Novelle geänderte § 232 ZPO konkret für die Zwangsvollstreckung bedeutet. |
1. Rechtsbehelfsbelehrung
Jede anfechtbare gerichtliche Entscheidung muss eine Belehrung über das statthafte Rechtsmittel, den Einspruch, den Widerspruch oder die Erinnerung sowie über das Gericht, bei dem der Rechtsbehelf einzulegen ist, über den Sitz des Gerichts und über die einzuhaltende Form und Frist enthalten. Dies gilt nicht in Verfahren, in denen sich die Parteien durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen müssen, es sei denn, es ist über einen Einspruch oder Widerspruch zu belehren oder die Belehrung ist an einen Zeugen oder Sachverständigen zu richten.
Über die Möglichkeit der Sprungrevision muss nicht belehrt werden.
Mit dieser Formulierung ist klargestellt, dass seit dem Stichtag jeder erlassene PfÜB, jeder Kostenfestsetzungsbeschluss nach §§ 788 ZPO, 11 RVG, jeder Zwangsversteigerungsanordnung-und Beitrittsbeschluss, sowie jeder Insolvenzeröffnungsbeschluss usw. eine entsprechende Rechtsbehelfsbelehrung enthalten muss! Dies dürfte in der Praxis zu einem völligen Wirrwarr führen, zumal die Landesgesetzgeber hierzu noch nicht einmal Musterformulierungen zur Verfügung stellen.
Insoweit ist jedes Gericht dazu aufgerufen eigene Formulierungen zu verwenden. Das zu erwartende Durcheinander kann leicht anhand eines beantragten PfÜB dargestellt werden:
- Aus Sicht des Gläubigers handelt es sich bei dem erlassenen PfÜB um eine sog. Vollstreckungsentscheidung. Hiergegen ist das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben, einzulegen binnen einer Notfrist von zwei Wochen beim Beschwerdegericht, das heißt beim AG (§ 569 Abs. 1 S. 1 ZPO)oder zuständigen LG.
- Aus Sicht des Schuldners handelt es sich bei dem erlassenen PfÜB um eine sog. Vollstreckungsmaßnahme. Hiergegen ist das Rechtsmittel der unbefristeten Erinnerung gegeben, einzulegen beim Vollstreckungsgericht.
- Ausnahme: In den Fällen, in denen der Schuldner vor Erlass des PfÜB angehört wurde (z.B. in den Fällen des § 850b Abs. 3 ZPO; bedingt pfändbare Bezüge), handelt es sich bei dem erlassenen PfÜB um wiederum eine Vollstreckungsentscheidung. Hiergegen ist dann das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben, einzulegen binnen einer Notfrist von zwei Wochen beim Beschwerdegericht, das heißt beim AG (§ 569 Abs. 1 S. 1 ZPO) oder zuständigen LG.
2. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
Das Gesetz hat zur Verhinderung des Rechtskraftseintritts in § 233 ZPO eine Wiedereinsetzungslösung geschaffen. Die neue Norm lautet:
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War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. |
Damit soll dem Interesse der Parteien an einem raschen rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens Rechnung getragen werden, ohne dass der nicht oder ungenügend belehrten Partei, die Einlegung des Rechtsmittels unzumutbar erschwert wird (BT-Drucksache 17/10490, 14).
Ist die Rechtsmittelbelehrung unterblieben oder gar fehlerhaft - was sich in der Regel erst im Nachhinein herausstellt - muss dann fristgerecht ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt werden, um die Rechtskraftwirkung zu verhindern (vgl. §§ 234, 236 ZPO) und die versäumte Prozesshandlung nachzuholen.
3. Amtshaftung bei unterbliebener bzw. fehlerhafter Belehrung
Diese nun in § 232 ZPO ausdrücklich genannte Verpflichtung zur Rechtsbehelfsbelehrung kann somit bei einer vorsätzlichen bzw. fahrlässigen Verletzung durchaus zur Amtshaftung führen (§ 839 BGB).
Zumindest handeln die entsprechenden Vollstreckungsorgane fahrlässig, wenn sie in Unkenntnis ihrer Pflicht nicht bzw. unrichtig belehren. Denn jeder zu einer Entscheidung Berufene (Rechtspfleger, Richter, Gerichtsvollzieher) muss die dafür erforderlichen Rechtskenntnisse besitzen oder sich verschaffen (MüKo/Papier, BGB, 6. Aufl., § 839 BGB, Rn. 288).