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  • · Fachbeitrag · Reform der Sachaufklärung

    Übergangsrecht: Sperrfrist einer nach altem Recht abgegebenen e.V. für Neuaufträge nach dem 1.1.13

    Für eidesstattliche Versicherungen, die nach altem Recht abgegeben wurden, ist wegen § 39 Nr. 4 S. 1 EGZPO die dreijährige Sperrfrist nach § 903 ZPO a.F. maßgeblich (AG Berlin-Charlottenburg 9.4.13, 34 M 8013/13, Abruf-Nr. 131648).

     

    Sachverhalt

    Gläubiger G. betrieb gegen Schuldner S. die Zwangsvollstreckung und beauftragte Gerichtsvollzieher Z. am 22.2.13, einen Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft gemäß § 802c ZPO zu bestimmen und dem S. die Vermögens-auskunft abzunehmen. Das lehnte Z. u.a. mit der Begründung ab, dass S. am 1.12.10 beim AG die e.V. nach „altem Recht“ abgegeben und diese eine Gültigkeitsdauer von drei Jahren habe, somit eine erneute Abgabe der Vermögens-auskunft daher nicht möglich sei (§ 39 EGZPO). Hiergegen wendet sich G. mit seiner Erinnerung. Er ist der Auffassung, § 39 Nr. 4 S. 1 EGZPO bestimme, dass die Abgabe der e.V. nach dem bis zum 31.12.12 geltenden Recht der Abgabe der Vermögensauskunft nach dem ab dem 1.1.13 geltenden Recht gleich stehe und mithin auch für diese nur die in § 802d ZPO auf zwei Jahre verkürzte Schutzfrist gelte. Der Z. hat der Erinnerung unter Berufung auf einen (Parallel-)Beschluss des AG Wedding (1.3.13, GZ 33 M 8016/13) nicht abgeholfen.

     

    Entscheidungsgründe

    Das AG wies die Erinnerung als unbegründet zurück, da die Voraussetzungen für die Abgabe einer Vermögensauskunft gemäß § 802c ZPO derzeit nicht vorliegen: Die S. hat am 1.12.10 vor dem Z. die e.V. nach § 807 ZPO a.F. abgegeben. Sie wäre daher gemäß § 903 ZPO a. F. in den ersten drei Jahren nach Abgabe der e.V. einem Gläubiger gegenüber zur nochmaligen e.V. nur verpflichtet, wenn glaubhaft gemacht wird, dass sie nach Abgabe der e.V. Vermögen erworben oder ein bisher bestehendes Arbeitsverhältnis mit ihr aufgelöst worden ist. Dieser dreijährigen Schutz- (bzw. Sperr-)frist unterliegt jeder Schuldner, der nach altem Recht eine eidesstattliche Offenbarungsversicherung abgeben hat. Sie wird auch nicht unter Hinweis auf die Übergangsvorschrift des § 39 Nr. 4 S. 1 EGZPO auf eine nur zweijährige Schutzfrist für den vorliegenden Fall verkürzt. Grund: Die Übergangsvorschrift des § 39 Nr. 4 S. 1 EGZPO stellt die e.V. nach altem Recht nicht generell und pauschal einer Vermögensauskunft nach neuem Recht gleich, sondern nur in Bezug auf § 802d ZPO („erneute Vermögens-auskunft“), mithin (nur) vermeintlich bei der Prüfung der Schutz-(Sperr-)frist.

     

    Sowohl in der Begründung der Gesetzesinitiative (BT-Drucksache 304/08, S. 123) als auch in der Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drucksache 16/10069, 
S. 25) war in §§ 802d Abs. 1 ZPO eine Sperrfrist von drei Jahren vorgesehen und dazu ausgeführt worden: „Dies entspricht der bislang für die e.V. geltende Frist des § 903 ZPO und erscheint unter Berücksichtigung des Aktualitätsinteresses des Gläubigers, der schutzwürdigen Belange des Schuldners und der Belastung der Justiz angemessen“ (BT-Drucksache 16/10069, S. 25). Der ebenfalls im Gesetzesentwurf enthaltene § 39 Nr. 4 EGZPO bezog sich konsequenterweise auf diese in § 802d Abs. 1 ZPO enthaltene dreijährige Sperrfrist, womit 
sichergestellt werden sollte, dass ein Schuldner, der innerhalb der Sperrfrist des § 802d Abs. 1 ZPO (nach dem Gesetzesentwurf: drei Jahre) vor Inkrafttreten des Gesetzes eine e.V. nach altem Recht geleistet hat, vor einer Vermögens-auskunft nach neuem Recht geschützt bleibt (BT-Drucksache 16/10069, S. 53).

     

    Diese im Gesetzesentwurf zunächst vorgesehene dreijährige Sperrfrist wurde dann jedoch in der vom Gesetzgeber letztlich verabschiedeten Neufassung des § 802d ZPO (n. F.) unter Hinweis auf den Vorrang der Informationsgewinnung auf zwei Jahre verkürzt (BT-Drucksache 16/10069, S. 55), und zwar ohne dass dann die entsprechende Übergangsvorschriften entsprechend angepasst wurden (in der Begründung zunächst § 37, jetzt § 39 EGZPO).

     

    Mit der Verkürzung der Schutz-(Sperr-)frist des § 802d ZPO hat der Gesetzgeber jedoch nicht beabsichtigt, Schuldnern, die nach altem Recht eine eidesstattliche Versicherung abgegeben haben, den Schutz von drei Jahren unter Hinweis auf § 39 Nr. 4 EGZPO zu verkürzen. Der Schuldner, der die eidesstattliche Offenbarungsversicherung nach altem Recht abgegeben hat, muss auf die ehedem geltende Sperr-/Schutzfrist des § 903 ZPO (a.F.) vertrauen können dürfen, wovon im Grundsatz auch die Begründung im Gesetzentwurf ausgegangen ist. Der Schuldner darf nicht nachträglich schlechter gestellt werden. Hierfür spricht im Übrigen ferner die Fortgeltung der §§ 915, 915a ZPO (a.F.), wonach eine Löschung der Eintragung im (alten) Schuldnerverzeichnis erst nach drei Jahren erfolgt - die Möglichkeit einer vorzeitigen Löschung nach § 39 Nr. 5 S. 3 EGZPO steht dem Grundsatz der Fortgeltung der dreijährigen Sperrfrist für nach altem Recht abgegebene eidesstattliche Offenbarungsversicherungen nicht entgegen.

     

    Praxishinweis

    Die Entscheidung ist abzulehnen. Aus der Gesetzesbegründung folgt nicht, dass sich ein Schuldner, der sein Vermögen nach altem Recht offenbart hat, auf die Schutzfrist von drei Jahren nach § 903 ZPO a.F. verlassen darf. Wenn dort zu § 39 Nr. 4 S. 1 EGZPO (damals: § 37 EGZPO) steht „Nr. 4 stellt sicher, dass Schuldnern, die in der Sperrfrist von § 802d Abs. 1 S. 1 ZPO, 
§ 284 Abs. 4 S. 1 AO vor Inkrafttreten dieses Gesetzes eine e.V. abgegeben haben, nicht ohne Weiteres eine Vermögensauskunft nach neuem Recht abverlangt werden kann, um die berechtigten Belange des Schuldners und die beschränkten Ressourcen der Justiz zu schützen“, wird klargestellt, dass auch für die e.V. alten Rechts eine Sperrfrist, wenn auch die neuen Rechts, gelten soll.

     

    Schließlich kann sich der Schuldner nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen auf die alte Sperrfrist berufen. So liegt in der Verkürzung der dreijährigen Sperrfrist auf zwei Jahre keine echte Rückwirkung vor, weil nicht nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingegriffen wird. So wird nur in die laufende Sperrfrist nach § 903 ZPO a.F. eingegriffen. Mithin liegt eine - in der Regel zulässige - sog. unechte Rückwirkung vor, weil ein Tatbestand geregelt wird, der zwar vor Gesetzesverkündung begonnen hat (hier: Lauf der Sperrfrist), aber noch nicht vollständig abgeschlossen war. Besondere Gründe für ein Überwiegen des Vertrauens der Betroffenen in den Fortbestand der bisherigen Sperrfrist von drei Jahren sind nicht ersichtlich, zumal sich die Sperrfrist selbst nach alter Regelung bei Veränderung der Vermögensverhältnisse verkürzte.

    Quelle: Ausgabe 06 / 2013 | Seite 101 | ID 39476830