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  • 01.05.2007 | Checkliste

    Notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung

    Welche Kosten der Zwangsvollstreckung i.S.v. § 788 ZPO notwendig sind und welche Regelungen für das Verfahren und die Erstattungsfähigkeit gelten, ist immer wieder Anlass für Streitfragen. Die folgende Checkliste gibt einen Überblick zur aktuellen Rechtsprechung. Dabei wurden auch die dem Gläubiger nachteiligen Entscheidungen berücksichtigt, damit diese unnötige Kosten möglichst vermeiden.  

     

    Checkliste: Notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung

    BGH  

    20.12.06,  

    VII ZB 54/06,  

    VE 07, 64,  

    Abruf-Nr. 070458  

    1. Die Kosten eines im Zwangsvollstreckungsverfahren geschlossenen Vergleichs sind in entsprechender Anwendung von § 98 S. 1 ZPO als gegeneinander aufgehoben anzusehen, wenn nicht die Parteien ein anderes vereinbart haben.
    2. § 98 ZPO ist auch auf eine Einigung der Parteien anzuwenden, die kein gegenseitiges Nachgeben enthält.

    OLG Düsseldorf  

    29.9.06,  

    3 W 156/06,  

    Abruf-Nr. 071433  

    Im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Titels bestimmt sich die Kostenpflicht auch bei Zurückweisung oder Zurücknahme des Antrags danach, ob durch den Antrag Kosten (der Zwangsvollstreckung) notwendig entstanden sind.  

     

    Praxishinweis: Bei ausländischen Titeln ist zu prüfen, ob im Ausland die Bestätigung als europäischer Vollstreckungstitel erreicht werden kann. Das macht Verfahren zur Vollstreckbarerklärung in Deutschland entbehrlich.  

    BAG 

    18.7.06,  

    1 AZR 578/05, 

    Abruf-Nr.070606 

    VE 07, 48  

    Die mit der Bearbeitung von Lohn- oder Gehaltspfändungen verbundenen Kosten des Arbeitgebers fallen diesem selbst zur Last. Er hat weder einen gesetzlichen Erstattungsanspruch gegen den Arbeitnehmer noch kann ein solcher Anspruch durch (freiwillige) Betriebsvereinbarung begründet werden.  

     

    Praxishinweis: Der Gläubiger muss seine Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse unmittelbar dieser Möglichkeit anpassen.  

    VG Frankfurt/Oder 

    16.6.06,  

    5 M 30/05  

    Handelt es sich bei der zur Vollstreckung beantragten Forderung mangels einer (noch) freiwilligen Leistung des Schuldners um notwendige Kosten des Gläubigers zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in der Zwangsvollstreckung, können rückständig gebliebene Zwangsvollstreckungskosten – zusammen mit den Kosten ihrer Vollstreckung – aufgrund des Hauptsachetitels auch allein eingezogen werden, selbst wenn alle Ansprüche aus dem Schuldtitel schon getilgt sind.  

    VG Gera 

    14.6.06,  

    4 V 247/06.Ge  

     

    Einer Behörde ist eine Frist von einem Monat zum Ausgleich der in einem Kostenfestsetzungsbeschluss titulierten Forderung eines Rechtsanwalts einzuräumen. Werden vorher Vollstreckungsmaßnahmen eingeleitet, sind die Rechtsanwaltsgebühren, die dabei entstehen nicht erstattungsfähig.  

     

    Praxishinweis: Immer öfter zahlt die öffentliche Hand Geldforderungen nicht, jedenfalls nicht in zeitlichem Zusammenhang zur Fälligkeit, sodass gerichtliche Hilfe in Anspruch genommen werden muss. Auch dann wird nicht immer unmittelbar gezahlt. Die Rechtsprechung billigt der öffentlichen Hand eine Zahlungsfrist nach Titulierung von 4 bis 6 Wochen zu, während anderen Schuldnern nur 2 Wochen zugebilligt werden. Gläubiger müssen dies beachten, um unnötige Kosten zu vermeiden.  

    FG Münster  

    EFG 06, 1449  

    Ein anwaltliches Zahlungsaufforderungsschreiben unmittelbar an das Schuldner-Finanzamt gerichtet kann die Zwangsvollstreckung nicht vorbereiten und ist daher nicht notwendig.  

    AG Siegburg 

    11.5.06,  

    36 M 173/05  

    Wird ein Widerrufsvergleich geschlossen, aber nicht widerrufen, sind die Kosten für ein Aufforderungsschreiben notwendige Vollstreckungskosten, wenn an seiner Stelle ein Vollstreckungsauftrag mit gleichzeitiger Zustellung den Beginn der Vollstreckung ermöglicht hätte. Die Vollstreckung aus einem gerichtlichen Vergleich unterliegt keiner Wartepflicht.  

    AG Singen 

    JurBüro 06, 329  

    1. Richtet sich die Vollstreckung gegen mehrere Schuldner, stellt die Vollstreckung gegen jeden einzelnen auch eine eigene Angelegenheit dar, wenn nur ein einziger Vollstreckungsantrag gestellt wurde.
    2. Dem Gläubiger kann nicht zugemutet werden, zur Niedrighaltung der Kosten zunächst nur gegen einen einzelnen Schuldner eine Vollstreckung durchzuführen. Insoweit besteht die Gefahr, dass die Vollstreckung fruchtlos verläuft und bei der dann möglicherweise anschließenden Vollstreckung gegen den anderen Schuldner bei diesem kein pfändbares Vermögen mehr vorhanden ist. Es entspricht daher zweckentsprechender Rechtsverfolgung, gegen beide Schuldner ein Vollstreckungsverfahren einzuleiten, sodass die dabei anfallende Kosten auch notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung sind.

     

    Praxishinweis: Diese Entscheidung wird immer wieder übersehen. Folge: Anwälte rechnen bei einer ohnehin nur geringen und zum Teil nicht kostendeckenden Gebühr noch zu wenig ab. Will der Anwalt gleichzeitig mehrere Vollstreckungsmöglichkeiten nutzen, kann er über § 733 ZPO weitere vollstreckbare Ausfertigungen erhalten.  

    LG Düsseldorf  

    DGVZ 06, 57;  

    zum Teil anders LG Kassel DGVZ 03, 140  

    Trifft das beauftragte Speditionsunternehmen vereinbarungsgemäß am Räumungsort ein und wird erst danach der Räumungsauftrag zurückgenommen, handelt es sich bei den von der Spedition geltend gemachten Kosten nicht um einen pauschalierten Schadenersatzbetrag, sondern um einen Vergütungsanspruch für eine erbrachte Leistung. Folge: Neben der Vergütung ist auch die fällige USt in Ansatz zu bringen.  

     

    Praxishinweis: Der Gläubiger sollte vor Begleichung der Rechnung des Speditionsunternehmens beim örtlich zuständigen Finanzamt – Umsatzsteuerstelle – anfragen, ob von einer Umsatzsteuerpflicht ausgegangen wird. Die Antwort kann dann den Vollstreckungsunterlagen beigefügt werden, sodass die tatsächlich angesetzte und für notwendig erachtete Umsatzsteuer auch nach § 788 ZPO erstattungsfähig ist.  

    BGH 

    VE 06, 91,  

    Abruf-Nr. 061070  

    Die vom Schuldner übernommenen Kosten eines im Vollstreckungsverfahren geschlossenen Vergleichs sind i.d.R. notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung. Das gilt auch für die durch die Einschaltung eines Rechtsanwalts entstandene Vergleichs- oder Einigungsgebühr.  

     

    Praxishinweis: Der BGH hat diesen Ansatz mit seiner Entscheidung vom 20.12.06, VII ZB 54/06, VE 07, 64, Abruf-Nr. 070458, weiterentwickelt.  

    BGH 

    VE 06, 180,  

    Abruf-Nr. 062846  

    Für die Festsetzung von Kosten einer Abwehr der Zwangsvollstreckung (Avalzinsen für Sicherheitsleistung) ist das Prozessgericht und nicht das Vollstreckungsgericht zuständig.  

    BGH 

    VE 06, 124,  

    Abruf-Nr. 060313  

    Die dem Gläubiger im Drittschuldnerprozess entstandenen notwendigen Kosten können, soweit sie nicht beim Drittschuldner beigetrieben werden können, im Verfahren nach § 788 ZPO festgesetzt werden. Das gilt hinsichtlich entstandener Anwaltskosten auch, wenn der Drittschuldnerprozess vor dem Arbeitsgericht geführt wird.  

     

    Praxishinweis: Der BGH hat damit endgültig geklärt, dass für die Kostenverteilung im arbeitsgerichtlichen Verfahren zwischen Gläubiger und Drittschuldner die dortigen Regelungen, d.h. § 12a ArbGG, gelten, der Gläubiger aber die ihn belastenden Kosten vom Schuldner nach § 788 ZPO verlangen kann und nicht selbst tragen muss.  

    AG Schorndorf 

    DGVZ 06, 62  

    Eine Wohnungseigentümergemeinschaft ist insoweit rechtsfähig, als sie bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums am Rechtsverkehr teilnimmt. Dies hat zur Folge, dass die anwaltliche Verfahrensgebühr für einen Zwangsvollstreckungsauftrag unter Ausschluss der Erhöhungsgebühr nur einmal in Ansatz gebracht werden kann.  

     

    Praxishinweis: Im Hinblick auf die weiterhin vorherrschenden Unsicherheiten zur Behandlung der GbR sollte der Rechtsanwalt – dem Grundsatz des sichersten Weges folgend – noch immer sowohl aktiv für die GbR und die Gesellschafter als auch passiv gegen die GbR und die Gesellschafter vorgehen. Dies schafft die umfassenden Vollstreckungsmöglichkeiten und sichert zugleich die Erhöhungsgebühr.  

     

     

     

     

    Quelle: Ausgabe 05 / 2007 | Seite 76 | ID 91425