01.04.2006 | Forderungssicherung
Vermieterpfandrecht richtig geltend machen
Wenn der Mieter bzw. Pächter nicht zahlen kann oder will und der Vermieter bzw. Verpächter nicht auf sein Geld verzichten möchte, reicht die Kautionszahlung oft nur aus, um nötige Renovierungsarbeiten vorzunehmen. Hier kann das Vermieter- bzw. Verpächterpfandrecht weiterhelfen. Wie Sie dies geltend machen und auch durchsetzen, erläutert der folgende Beitrag.
Beispiel |
Mieter M. ist seit mehreren Monaten mit der monatlichen Miete von 700 EUR im Rückstand. Da M. die Schuldensituation nicht verkraftet, „türmt“ er in einer Nacht- und Nebelaktion. Da Vermieter V. nicht auf seine Forderungen verzichten will, beabsichtigt er sein Vermieterpfandrecht dahingehend geltend zu machen, auf den Pkw des M. zuzugreifen, der sich auf einem zur Wohnung gehörenden Abstellplatz befindet. |
Grundsatz: Pfandrecht entsteht kraft Gesetzes
Kraft Gesetzes steht Vermietern (§ 562 BGB) und Verpächtern (§ 592 BGB) ein Pfandrecht an den eingebrachten Sachen des Mieters/Pächters zu (s.u., S. 59). Bei der Pacht erstreckt sich das Pfandrecht zudem auch auf die Früchte der Pachtsache. Darunter fallen z.B. erzielte Miet- und Pachteinnahmen.
Praxishinweis: Das Pfandrecht soll also dazu dienen, sämtliche Forderungen des Vermieters bzw. Verpächters aus dem Miet- bzw. Pachtverhältnis wie z.B. Miete, Pacht, Nebenkosten, Kosten der Rechtsverfolgung etc. zu sichern.
Probleme: Pfandrecht kann nur beschränkt geltend gemacht werden
Im Einzelnen ist hier zwischen Miete und Pacht zu unterschieden:
- Bei der Wohnungsmiete gilt, dass für künftige Entschädigungsansprüche und für die Mietansprüche für eine spätere Zeit als das laufende und das folgende Mietjahr – nicht Kalenderjahr – das Pfandrecht nicht geltend gemacht werden kann (§ 562 Abs. 2 BGB). Wenn also z.B. der Mietvertrag unbefristet ab März 05 abgeschlossen wurde, der Mieter ab August 05 keine Miete mehr zahlt und erst im Februar 07 die streitgegenständliche Wohnung verlässt, kann sich der Vermieter nur hinsichtlich seiner Mietansprüche von August 05 bis einschließlich Dezember 06 bezüglich seines Pfandrechts befriedigen. Weitergehende Ansprüche werden durch das Pfandrecht nicht umfasst.
- Bei Pachtverhältnissen gilt generell, dass künftige Entschädigungsforderungen nicht vom Pfandrecht umfasst sind (§ 592 S. 2 BGB). Somit können hier nur Rückstände geltend gemacht werden. Dies gilt allerdings nicht für künftige Pachtforderungen. Diese sind nach dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut nicht von der o.g. Regelung ausgenommen. Dies bedeutet, dass sich bezüglich der künftig entstehenden Pachtforderungen auch hierauf das Pfandrecht erstreckt.
Pfandrecht erfasst grundsätzlich keine unpfändbaren Sachen
Nach § 562 Abs. 1 S. 2, § 592 S. 3 BGB erstreckt sich das Pfandrecht nicht auf die Sachen, die der Pfändung nicht unterliegen und die nicht im Eigentum des Mieters bzw. Pächters stehen. Gerade im letzten Fall erstreckt es sich nicht auf solche Sachen, die dem Ehe- bzw. Lebenspartner bzw. Untermieter gehören, wenn diese den Mietvertrag nicht mit unterzeichnet haben. Das- selbe gilt, wenn § 811 Abs. 1 ZPOgreift. Hiernach sind alle zum persönlichen Gebrauch oder zum Haushalt gehörenden Gegenstände, z.B. Fernseher, Waschmaschine, Küchengeräte, Bekleidung, etc. regelmäßig unpfändbar. Zu den unpfändbaren Gegenständen kann sogar ein PC gehören, wenn dieser zur Fortsetzung der Erwerbstätigkeit des Schuldners benötigt wird.
Eine Ausnahme besteht allerdings beim Verpächterpfandrecht hinsichtlich landwirtschaftlicher Betriebe: Hier erstreckt sich das Pfandrecht auch auf die in § 811 Abs. 1 Nr. 4 genannten Gegenstände (§ 892 S. 3 BGB). Hierunter fallen regelmäßig die zum Wirtschaftsbetrieb erforderlichen Gerätschaften wie Traktoren und sonstige landwirtschaftlichen Maschinen (Lastkraftwagen, Zugmaschinen etc.), Viehbestände und landwirtschaftliche Erzeugnisse, wie z.B. Tier- und Bodenprodukte.
Praxishinweis: Auch wenn gewisse Gegenstände zu den unpfändbaren Gegenständen nach § 811 Abs. 1 ZPO zählen, bedeutet dies für den Vermieter bzw. Verpächter als (Titel-)Gläubiger noch lange nicht, dass diese Gegenstände nicht doch noch verwertet werden können. Denn eine Unpfändbarkeit ist nicht gegeben, wenn die Sachen im Wege einer so genannten Austauschpfändung ausgetauscht werden können (§ 811a ZPO; Mock, VE 00, 63). Nach dieser Regelung unterliegt ein an sich unpfändbarer Gegenstand der Pfändung und damit Verwertung, wenn dem Mieter bzw. Pächter als Schuldner dafür ein geringwertigeres, gleichartiges Ersatzstück zur Verfügung gestellt wird. Billiges kann also gegen Teures getauscht werden. Da nahezu in jedem Haushalt heutzutage irgendwelche elektronischen Geräte vorhanden sind, ist dies somit von großer Bedeutung für Vermieter.
Auch das Eigentum Dritter kann mit Pfandrecht belastet werden
Die eingebrachten Sachen müssen zum Zeitpunkt der Geltendmachung des Pfandrechts durch den Vermieter im Eigentum des Mieters stehen. Am Eigentum Dritter – insbesondere dem der Angehörigen des Mieters und dessen Untermieter – erlangt der Vermieter auch kein Pfandrecht, wenn er gutgläubig ist. Es gelten aber folgende Besonderheiten:
- Bei Ehegatten und Lebenspartnern nach § 1 LPartG gelten die Vermutungen des § 1362 BGB bzw. § 8 LPartG. Bei Gütergemeinschaft haftet das Gesamtgut, § 1438 BGB. Für nichteheliche Lebensgemeinschaften gilt dies im Hinblick auf den Gesetzeszweck entsprechend (Palandt, BGB, 65. Aufl., Einl. vor § 1297 Rn. 28; a.A. Musielak/Lackmann, ZPO, 4. Aufl., § 739 Rn. 4).
- Bei unter Eigentumsvorbehalt vom Mieter erworbenen Gegenständen entsteht das Pfandrecht des Vermieters zunächst am Anwartschaftsrecht des Mieters. Veräußert der Mieter die Sache nach Einbringung wieder, bevor er selbst das Eigentum erworben hat, bleibt das Vermieterpfandrecht bei Erstarken des Anwartschaftsrechts zum Vollrecht bei dem Dritten am Eigentum bestehen (BGH NJW 92, 1156). Der Vermieter kann gemäß § 267 BGB das Erlöschen des Eigentumsvorbehalts selbst herbeiführen.
- Sind eingebrachte Sachen bereits vor der Einbringung sicherungsübereignet, kann mangels eines dinglichen Rechts des Mieters an ihnen kein Vermieterpfandrecht entstehen. Erfolgt die Sicherungsübereignung nach Einbringung, wird das Vermieterpfandrecht durch die nachträgliche Eigentumsübertragung nicht berührt (BGH NJW 65, 1475). Entfaltet eine Sicherungsübereignung gleichzeitig mit der Einbringung der Sachen Wirksamkeit, geht das Vermieterpfandrecht rangmäßig vor, wenn die Übereignung nach Abschluss des Mietvertrags vereinbart wurde und die Sachen unter Eigentumsvorbehalt geliefert wurden (BGH InVo 04, 356).
Sachen müssen vom Mieter bzw. Pächter eingebracht worden sein
Eine weitere Voraussetzung, um ein Pfandrecht geltend machen zu können, ist, dass die Gegenstände, auf die zugegriffen werden sollen, vom Mieter bzw. Pächter „eingebracht“ worden sein müssen. Hierunter fällt jeder Gegenstand, der vom Mieter bzw. Pächter gewollt in Miet- oder Pachträume dauerhaft hineingeschafft wurde (Palandt/Weidenkaff, BGB, 65. Aufl., § 562 Rn.). Somit unterliegen nur vorübergehend eingebrachte Gegenstände nicht dem Pfandrecht. Insofern wird auch das Vermieter- bzw. Verpächterpfandrecht nicht dadurch beeinträchtigt, dass die einmal vom Pfandrecht erfassten PKW, LKW regelmäßig genutzt und dadurch nur vorübergehend vom Grundstück entfernt werden (LG Neuruppin NZM 00, 962; Bronsch, ZMR 70, 1).
Auf das o.g. Beispiel bezogen, kann also V. auf den PKW im Rahmen seines Pfandrechts zugreifen.
Pfandrecht muss geltend gemacht werden
Da das Pfandrecht nur hinsichtlich solcher Forderungen geltend gemacht werden darf, die zum Zeitpunkt seiner ersten Geltendmachung bereits bestehen (OLG Düsseldorf ZMR 00, 518), entscheidet sich hieran für den Vermieter als Gläubiger, ob eine künftige Forderung vorliegt oder nicht. Hierzu genügt jeder Vorgang, durch den der Vermieter sein gesetzliches Pfandrecht zur Geltung bringt. Eine gerichtliche Geltendmachung ist nicht notwendig.
Praxishinweis: Um auf Nummer sicher zu gehen, dass der Vermieter den Nachweis der Geltendmachung erbringen kann, sollte er dies gegenüber dem Mieter schriftlich – am besten gegen Einschreiben/Rückschein – äußern. Um die Ernsthaftigkeit der Forderung zu unterstreichen, sollte zudem dem Mieter/Pächter angedroht werden, dass die Pfandgegenstände öffentlich versteigert werden.
Musterformulierung: Androhung der Zwangsversteigerung |
Einschreiben/Rückschein
An den Mieter/Pächter
Sehr geehrter Herr/Frau ....,
namens und in Vollmacht von Herrn/Frau ... nehme ich Bezug auf den zwischen meiner Mandantschaft und Ihnen am ... abgeschlossenen Miet-/Pachtvertrag, in dem eine monatliche Miete/Pacht von ... EUR zzgl ... EUR Nebenkosten vereinbart wurde.
Es bleibt festzustellen, dass Sie mit den Miet-/Pachtzahlungen seit dem ... im Rückstand sind.
Sie werden hiermit aufgefordert, unverzüglich die Rückstände bis zum ... zu begleichen.
Darüber hinaus weise ich Sie ausdrücklich darauf hin, dass mein Mandant hiermit sein gesetzliches Vermieter-/Verpächterpfandrecht geltend macht. Dies bedeutet, dass Sie ohne dessen Einwilligung die von Ihnen in die Miet-/Pachträume eingebrachten und pfändbaren Gegenstände nicht mehr herausschaffen dürfen.
Sollten Sie hiergegen verstoßen, liegt darin ein Straftatbestand nach § 289 StGB, der ggf. zur Anzeige gebracht wird.
Sollte die Zahlungsfrist nutzlos verstreichen, werden die Pfandgegenstände öffentlich meistbietend versteigert.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt |
Ausübung des Pfandrechts kann abgewendet werden
Will der Schuldner (Mieter/Pächter) sich gegen die Ausübung des Pfandrechts durch den Gläubiger (Vermieter/Verpächter) zur Wehr setzen, kann er dies dadurch bewerkstelligen, dass er nach § 232 BGB eine Sicherheitsleistung erbringt (§§ 562c, 583 Abs. 2 BGB). Hierzu hat er verschiedene Möglichkeiten. Meist wird er dies durch Hinterlegung von Geld beim AG als Hinterlegungsstelle tun. Die Höhe der Sicherheitsleistung muss der Höhe sämtlicher Ansprüche entsprechen, auf die sich das Pfandrecht erstreckt.
Achten Sie darauf, dass der Mieter keine Gegenstände wegschafft
Stellen Sie fest, dass der Mieter/Pächter nach der Geltendmachung Ihres Pfandrechts Gegenstände aus den Räumlichkeiten beiseite schafft, widersprechen sie diesem ausdrücklich. Denn nur, wenn der Gläubiger widerspricht, wahrt er auch seine Rechte. Nehmen Sie widerspruchslos ein Entfernen der Sachen hin, erlischt das Pfandrecht (§ 562a BGB). Erwischen Sie den Mieter gar auf frischer Tat, greifen Sie zu Ihrem Selbsthilferecht. Denn nach § 562b BGB darf der Gläubiger ohne Anrufung des Gerichts ein Entfernen der dem Pfandrecht unterliegenden Sachen verhindern. Er darf bei Auszug des Mieters/Pächters sogar die Sachen in seinen Besitz nehmen. Sie können auch die weggeschafften Sachen zurückfordern, soweit diese ohne Ihr Wissen oder unter Widerspruch entfernt wurden. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass das Pfandrecht spätestens einen Monat nach Kenntnis des Wegschaffens erlischt, es sei denn, Sie haben den Anspruch gerichtlich geltend gemacht.
Praxishinweis: Bevor der Mieter/Pächter handgreiflich wird, rufen Sie sicherheitshalber die Polizei. Erklären Sie dieser gegenüber unbedingt, dass das Entfernen der dem Pfandrecht unterliegenden Gegenstände von Ihrem Grundstück aus einen Straftatbestand nach § 289 StGB darstellt. Sicherheitshalber weisen Sie der Polizei gegenüber nach, dass Sie das Pfandrecht geltend gemacht haben. Ist diese nämlich davon überzeugt, darf sie zur Verhinderung einer Straftat die Gegenstände zunächst beschlagnahmen.
So verwerten Sie die gepfändeten Gegenstände
Die Befriedigung des Vermieters als Pfandgläubiger erfolgt durch Verkauf der Gegenstände, auf die sich das Pfandrecht erstreckt (§§ 1257, 1228 Abs. 1 BGB). Das bedeutet aber nicht, dass der Pfandgläubiger die Sachen an jeden beliebigen Käufer verkaufen kann. Die gepfändeten Gegenstände werden vielmehr öffentlich versteigert (§ 1235 Abs. 1 BGB). Die Versteigerung muss dabei durch eine der folgenden Personen erfolgen (§ 383 Abs. 3 BGB):
- für den Versteigerungsort bestellter Gerichtsvollzieher (§ 246 GVGA),
- befugter anderer Beamter (z.B. Notar, § 20 Abs. 2 BnotO) oder
- öffentlich angestellter Versteigerer nach § 34b Abs. 5 GewO.
Klage auf vorzugsweise Befriedigung
Der Vermieter/Verpächter geht regelmäßig den Vollstreckungspfandrechten anderer Gläubiger mit seinem Pfandrecht vor. Da er aber ein besitzloses Pfandrecht hat, kann er die Vollstreckung und damit Verwertung der konkurrierenden Vollstreckungsgläubiger nicht verhindern. Damit jedoch sein vorgehendes Pfandrecht sich am Erlös der versteigerten Sache fortsetzt, muss er notfalls Klage auf vorzugsweise Befriedigungnach § 805 ZPO erheben (Goebel, VE 02, 108). Hiernach hat er bei Streitwerten unter 5.000 EUR das AG, bei darüber liegenden Streitwerten das LG anzurufen. Örtlich zuständig ist dabei ausschließlich (§ 802 ZPO) das Vollstreckungsgericht, d.h. das Gericht, in dessen Bezirk die Zwangsvollstreckung stattfindet oder stattfinden soll.
Als begründet erweist sich die Klage, wenn bewiesen wird, dass der Vermieter/Verpächter mit seinem Pfandrecht dem Vollstreckungsgläubiger vorgeht. Hierbei kommt es im Wesentlichen darauf an, dass der Vermieter/Verpächter nachweisen kann, dass sein Anspruch rechtzeitig, d.h. vor Wirksamwerden des Pfandrechts des Vollstreckungsgläubigers entstanden ist. Insofern ist nochmals ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass die Geltendmachung zuvor gegenüber dem Mieter/Pächter gegen Einschreiben/Rückschein erfolgen sollte (eine Musterformulierung für eine Klage können Sie unter www.iww.de mit der Abruf-Nr. 020806 kostenlos herunterladen).
Vermieterpfandrecht wirkt ggü. Vollstreckungspfandrecht beschränkt
Selbst wenn gerichtlich entschieden wird, dass der Vermieter/Verpächter mit seinem Pfandrecht dem Vollstreckungspfandrecht im Rang vorgeht, gilt dies nach § 562d BGB nur beschränkt. Hiernach gilt, dass bei der Pfändung einer dem Vermieter-/Verpächterpfandrecht unterliegenden Sache dem betreibenden Vollstreckungsgläubiger gegenüber das Vermieter-/Verpächterpfandrecht nur für die rückständige Miete im letzten Jahr vor der Pfändung entgegengehalten werden kann.
Beispiel |
Vermieter V. macht gegenüber Mieter M. sein gesetzliches Pfandrecht wegen einer monatlichen Miete von 500 EUR, wegen eines gesamten Rückstands von 15 Monaten (7.500 EUR) geltend. Die Pfändung erstreckt sich auf ein wertvolles Gemälde. Vollstreckungsgläubiger G. lässt im Wege einer Pfändung durch den Gerichtsvollzieher wegen einer Forderung von 10.000 EUR den Gegenstand versteigern.
Hier kann V. eine vorzugsweise Befriedigung nur für die letzten 12 Monate vor der Pfändung durch G. verlangen, somit 6.000 EUR. Im Übrigen geht G. dem V. mit dem Betrag vor, der über einem evtl. Erlös von 6.000 EUR liegt. |
Praxishinweis: Das Beispiel zeigt, dass es sicherer ist, sich die Ansprüche, die älter als 12 Monate sind, frühzeitig titulieren zu lassen, um sodann auch hieraus im Wege der gerichtlichen Pfändung und Verwertung vollstrecken zu können.