Gläubigertaktik
So nutzen Sie Strafanzeigen gegen den Schuldner als Informationsquelle
von RiLG Frank-Michael Goebel, Koblenz/Rhens
Häufig ist dem Gläubiger der Aufenthaltsort des Schuldners nicht bekannt oder es fehlen ihm Informationen über dessen Vermögen. Hier kann die Einschaltung der Staatsanwaltschaft auf Grund einer Strafanzeige des Gläubigers wichtige Erkenntnisse bringen. Der folgende Beitrag erläutert die Einzelheiten.
Die häufigsten in Betracht kommenden Straftaten
Folgende Straftatbestände kommen für eine Strafanzeige des Gläubigers besonders in Betracht:
- Eingehungsbetrug, § 263 StGB: Hieran ist zu denken, wenn deutliche Anhaltspunkte ersichtlich sind, dass der Schuldner bei Abschluss des zur Vollstreckung führenden Geschäfts weder zahlungsfähig noch -willig war und dies auch wusste. Der Schuldner muss dann darlegen, dass er zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses über die erforderlichen Mittel verfügte. Der Gläubiger muss deren Verbleib nachvollziehen und hieraus die entsprechenden Konsequenzen – z.B. eine Anfechtung nach dem AnfG – ziehen können. Weist der Schuldner nur nach, dass er mit dem rechtzeitigen Eingang entsprechender Mittel gerechnet hat, kann der Gläubiger prüfen, ob sich aus dem unterlassenen Vermögenserwerb Vollstreckungsmöglichkeiten ergeben.
- Verletzung der Unterhaltspflicht, § 170 StGB: Voraussetzung ist, dass der Schuldner eine gesetzliche Unterhaltspflicht verletzt. Diese kann gegenüber Ehegatten (§§ 1360 ff. BGB), geschiedenen oder getrennt lebenden Ehegatten (§§ 1569 ff. BGB), Lebenspartnern (§ 5 Abs. 1, § 12 Abs. 1 LPartG), Eltern oder Kindern (§§ 1600 ff. BGB) bestehen.
Meist entzieht sich der Schuldner der Unterhaltspflicht durch Aufgabe seiner – offiziellen – Arbeitsstelle. Hier zwingt ihn die Strafanzeige zur erneuten Arbeitsaufnahme, jedenfalls aber zum Nachweis ernsthafter Bemühungen darum. Dies vermittelt dem Gläubiger Informationen über die Anschrift des neuen Arbeitgebers. Tipp: Zur Sicherung der dauerhaften Arbeitsaufnahme empfiehlt es sich, den Ablauf der Probezeit vor Pfändung des Arbeitseinkommens abzuwarten.
- Gläubigerbegünstigung, § 283c StGB: Bevorzugt der Schuldner einen anderen Gläubiger in Kenntnis seiner Zahlungsunfähigkeit, macht er sich ebenfalls strafbar. Voraussetzung ist, dass der andere Gläubiger die Leistung nicht (Leistungsverweigerungsrecht des Schuldners, Anfechtbarkeit, verjährter Anspruch), nicht in dieser Art (Waren statt Geldmittel) oder nicht zu dieser Zeit (Zahlung vor Fälligkeit) hätte beanspruchen dürfen.
Unabhängig von der Frage, ob sich der Schuldner tatsächlich strafbar gemacht hat, kann hier das Ermittlungsverfahren besondere Erkenntnisse im Hinblick auf eine nachfolgende Anfechtung nach dem AnfG liefern (Goebel, VE 01, 23, 37).
- Vereitelung der Zwangsvollstreckung, § 288 StGB: Voraussetzung der Strafbarkeit ist hier, dass dem Schuldner die Zwangsvollstreckung droht. Es muss also demnächst mit einer Vollstreckungsmaßnahme des Gläubigers zu rechnen sein und der Schuldner veräußert angesichts dieser Situation Vermögenswerte oder schafft sie anderweitig beiseite. Hier kommt eine Vielzahl von Maßnahmen in Betracht:
- Bestellung einer Hypothek für einen Dritten,
- Einräumung eines vertraglichen Pfandrechts an einen Dritten,
- Eintragung einer Vormerkung zur Auflassung,
- Verzicht auf einen Nießbrauch oder
- Abtretung pfändbarer Forderungen und Vermögensrechte.
So sollten Sie als Gläubiger ein erstes Schreiben an die Staatsanwaltschaft verfassen:
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Ermittlungsmaßnahmen der Staatsanwaltschaft
Die Staatsanwaltschaft wird zur Anhörung oder Vernehmung des Schuldners dessen Aufenthalt ermitteln müssen, wobei sie sich auch polizeilicher Datenbanken bedient. Gleichfalls werden – je nach Tatvorwurf – die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners geklärt, die Anhaltspunkte für verwertbares Vermögen liefern.
Akteneinsichtsrecht nach § 475 StPO
Der Gläubiger kann auf Grund seiner Opferstellung und seines Forderungsrechts Einsicht in die staatsanwaltlichen Akten beantragen. Diese wird nach § 475 Abs. 1, 4 StPO gewährt, wenn ein rechtliches Interesse dargetan ist und der Betroffene kein schutzwürdiges Interesse an der Versagung hat. Ein solches schutzwürdiges Interesse des Schuldners liegt nicht vor, soweit der Gläubiger tatsächlich nur Vollstreckungsziele verfolgt.
Tipp: Ergibt sich bei dieser Akteneinsicht, dass der Schuldner, etwa wegen anderer Delikte, in Haft ist, sollte der Gläubiger unmittelbar an die Pfändung von Eigengeldansprüchen denken (Mock/Schönemann, VE 01, 35).
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Quelle: Vollstreckung effektiv - Ausgabe 05/2003, Seite 63