Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 01.05.2007 | Immobiliarvollstreckung

    ABC der Immobiliarvollstreckung

    von Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz

    Die Zwangsversteigerung nimmt immer größere Bedeutung ein, da oft nur dieser Zugriff auf das schuldnerische Vermögen noch Aussicht auf Erfolg hat. Bei diesem schwierigen Rechtsgebiet spielen zudem ständig wiederkehrende Fachbegriffe eine große Rolle. Diese müssen beherrscht werden, um Fehler zu vermeiden. „Vollstreckung effektiv“ hat daher eine Checkliste entwickelt, die die wichtigsten Begriffe erläutert. Wir beginnen mit den Stichworten „Absolutes Mindestgebot“ bis „Beteiligte“.  

     

    Checkliste: ABC der Immobiliarvollstreckung

    Begriff  

    Bedeutung  

    Bemerkung  

    Absolutes  

    Mindestgebot  

     

    Aus Gründen des Schuldnerschutzes muss gemäß § 85a ZVG der Zuschlag auf ein im Versteigerungstermin abgegebenes Gebot von Amts wegen versagt werden, wenn dieses Gebot einschließlich der nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleibenden Rechte 5/10 des nach § 74a ZVG festgesetzten Verkehrswertes nicht erreicht.  

    Ist der Zuschlag im ersten Termin wegen Nichterreichens des Mindestgebots versagt worden, kann er nicht erneut deswegen in einem späteren Termin versagt werden. Gebotsabgaben unterhalb dieser Grenzen sind oft ein taktisches Mittel, um das Grundstück günstig zu erwerben.  

    Abtretung  

    der Rechte aus dem Meistgebot  

     

    Hat ein Meistbietender das Recht aus dem Meistgebot an einen anderen abgetreten und dieser die Verpflichtung aus dem Meistgebot – ausdrücklich – übernommen, ist, wenn die Erklärungen im Versteigerungstermin abgegeben oder nachträglich durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen wurde, der Zuschlag nicht dem Meistbietenden, sondern dem Abtretungsempfänger zu erteilen.  

    Achtung: Bei einer Abtretung wird zweimal die Grunderwerbsteuer von derzeit 3,5 Prozent fällig (§ 1 Abs. 1 Nr. 4, 5 GrEStG).  

    Anmeldung von Rechten und Ansprüchen  

     

    Gläubiger, deren Rechte zum Zeitpunkt des Eintrags des Versteigerungsvermerks nicht aus dem Grundbuch ersichtlich sind, müssen diese bei Gericht anmelden, damit sie berücksichtigt werden können.  

    Werden die Rechte nicht vor Beginn der Bietestunde angemeldet, erleiden diese Rangverlust (§ 110 ZVG). Das hat zur Folge, dass ggf. ein gänzlicher Ausfall folgt, wenn der Erlös nicht ausreicht.  

    Anordnung  

     

    Das Vollstreckungsgericht hat bei Vorliegen sämtlicher Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen das Verfahren formell durch Beschluss anzuordnen. Liegen mehrere entscheidungsreife Anträge vor, werden diese mit einem Anordnungsbeschluss beschieden.  

    s.u., Beschlagnahme  

    Auflassungsvormerkung  

     

    Für die Zeit zwischen Abschluss eines Kaufvertrags und dessen endgültigem Vollzug lässt sich der Käufer eines Grundstücks zur Sicherung seiner schuldrechtlichen Position oft eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eintragen.  

    Eine Auflassungsvormerkung ist ein der Zwangsversteigerung entgegenstehendes Recht (§ 28 Abs. 2 ZVG). Insofern darf die Versteigerung nicht mehr angeordnet bzw. fortgesetzt werden (§ 28 ZVG).  

    Ausbietungsgarantie  

     

    Hierbei handelt es sich um eine (notariell beurkundete) einseitige Verpflichtung eines Bieters gegenüber einem betreibenden Gläubiger, im Versteigerungstermin ein Gebot in einer bestimmten Mindesthöhe abzugeben.  

     

    Sonderkonditionen bei der Finanzierung des Objekts, der Verzicht auf Sicherheitsleistung sowie das Nichtstellen eines Zuschlagsversagungsantrags sind oft Gegenleistungen des Garantienehmers.  

     

    Vorsicht: Bei einer Ersteigerung durch den Garantienehmer, d.h. den Gläubiger selbst, kommt nach h.M. die Befriedigungsfiktion des § 114a ZVG zur Anwendung. Hiernach gilt ein Ersteher, der grundbuchrechtlich gesichert ist, durch Anrechnung des Grundstückswertes bis zu 70 Prozent auf sein ausfallendes Recht als befriedigt. Allerdings ist es möglich, diese Wirkungen zwischen den Vertragsparteien auszuschließen.  

    Ausnahmekündigungsrecht des Erstehers  

     

    Zugunsten des Erstehers gilt gemäß § 57a ZVG gegenüber Mietern/Pächtern ein außerordentliches Kündigungsrecht zum ersten gesetzlichen Termin nach Erteilung des Zuschlags.  

    Bedeutsam ist das Sonderkündigungsrecht bei längerfristigen Mietverträgen. Zwingend erforderlich ist die Darlegung eines berechtigten Interesses im Kündigungsschreiben, z.B. Eigenbedarf.  

    Bargebot  

     

    Vom Ersteher sind die Verfahrenskosten, die Auslagen des betreibenden Gläubigers in der Zwangsverwaltung für die Erhaltung des Grundstücks, der sog. Lidlohnanspruch, die Feststellungskosten zur Insolvenzmasse bzgl. beweglicher Gegenstände, auf die sich die Versteigerung erstreckt, sowie die öffentlichen Lasten des Grundstücks (§ 10 Abs. 1 Nr. 1bis 3 ZVG) bar zu zahlen. Soweit es sich um wiederkehrende Leistungen handelt, werden diese von Amt wegen berücksichtigt. Das Bargebot ist vom Tag des Zuschlags bis einen Tag vor dem Verteilungstermin mit 4 Prozent zu verzinsen (§ 49 ZVG).  

    Das geringste Gebot setzt sich zusammen aus dem Bargebot und den bestehen bleibenden Rechten. Im Versteigerungstermin wird lediglich das Bargebot abgegeben. Die bestehen bleibenden Rechte müssen allerdings übernommen werden und sind somit dem Aufwand hinzuzurechnen.  

     

    Befriedigungsfiktion  

     

    Ersteigert ein Gläubiger, der selbst dinglich berechtigt ist (z.B. Grundschuldgläubiger), das Versteigerungsobjekt, gilt er insoweit als befriedigt, als dass sein Anspruch bei einem Meistgebot von 70 Prozent des festgesetzten Grundstückswerts inklusive der bestehen bleibenden Rechte gedeckt sein würde (§ 114a ZVG).  

     

     

     

    Der Schuldner wird also so gestellt, als hätte das Meistgebot 70 Prozent des Grundstückswerts erreicht. Damit soll verhindert werden, dass ein persönlicher Gläubiger das Grundstück günstig erwirbt und den noch offen stehenden Teil seiner Forderung weiter gegen den Schuldner bzw. Bürgen geltend machen kann. Diese Grenze müssen auch Gläubiger beachten, die sich ihren Anspruch im Rahmen einer Sicherungshypothek gesichert haben.  

    Beitritt  

    Wurde auf Antrag eines Gläubigers die Versteigerung des Grundstücks bereits angeordnet, kann ein anderer Gläubiger dem Verfahren als Gläubiger beitreten.  

    Der Beitritt kann bis zur Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses zugelassen werden. Der Beigetretene hat die selben Rechte als wenn auf seinen Antrag die Versteigerung angeordnet wäre (§ 27 Abs. 2 ZVG). Damit bestimmen sich seine Rechte nach seinem Rang.  

    Bekannt-  

    machungsteil  

    Der Bekanntmachungsteil ist ein Teil des Versteigerungstermins. Er dient der Vorbereitung der Bietstunde. Hier werden den Anwesenden die Daten des Objekts sowie der Grundbuchstand mitgeteilt. Einheitswert, evtl. Baulasten, Auflagen, Beschränkungen, die betreibenden Gläubiger und deren Ansprüche, der Zeitpunkt der ersten wirksamen Beschlagnahme, der Verkehrswert sowie die erfolgten Anmeldungen werden bekannt gegeben.  

    Für die Beteiligten besteht hier die letzte Möglichkeit, eventuell vergessene Ansprüche ohne Rangverlust noch anzumelden. Wenn nicht zwingende Gründe dagegen sprechen, sollte man unbedingt am Versteigerungstermin teilnehmen. Für den einen Gläubiger/Schuldner vertretenden Anwalt ist die Anwesenheit ein Muss, da u.U. taktische Anträge zu stellen sind.  

    Beschlagnahme  

    Der Beschluss, durch den die Zwangsversteigerung angeordnet wird, gilt zugunsten des Gläubigers als Beschlagnahme des Grundstücks. Die Beschlagnahme umfasst auch die Gegenstände, auf die sich bei einem Grundstück die Hypothek erstreckt.  

    Die Beschlagnahme bewirkt ein relatives Veräußerungsverbot (§§ 135, 136 BGB). Eine Veräußerung bzw. Belastung zum Nachteil des Gläubigers kann nicht mehr erfolgen. Die Beschlagnahme erfasst auch Zubehörgegenstände. Diese werden mitversteigert, wenn sich der wahre Berechtigte nicht hiergegen wehrt.  

    Beteiligte  

     

    Der Beteiligtenbegriff wird in § 9 ZVG definiert. Danach sind die beteiligt,  

    • für die zur Zeit der Eintragung des Vollstreckungsvermerks ein Recht im Grundbuch eingetragen oder durch Eintragung gesichert ist, z.B. Grundschuld, Hypothek, Rentenschuld; Wohnrecht, Vormerkung etc. (Beteiligte von Amts wegen);
    • die ein der Zwangsvollstreckung entgegenstehendes Recht, ein Recht am Grundstück oder an einem das Grundstück belastenden Recht bei dem Vollstreckungsgericht anmelden und glaubhaft machen (Beteiligte aufgrund Anmeldung). Diese müssen ihre Rechte zum Verfahren anmelden. Die Anmeldung kann formlos und bis zum Schluss des Versteigerungsverfahrens erfolgen, allerdings mit der Gefahr eines Rangverlustes (§§ 37 Nr. 4, 110 ZVG).

     

     

     

    Quelle: Ausgabe 05 / 2007 | Seite 85 | ID 91429