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  • 01.12.2006 | Immobiliarvollstreckung

    Das Wichtigste zur Zwangsversteigerung zwecks Aufhebung einer Gemeinschaft

    von Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz

    Angesichts der steigenden Zahl von Erbschaften und Ehescheidungen wundert es nicht, dass auch Streitigkeiten um geerbte oder gemeinsame eheliche Immobilien ständig zunehmen. Es stellt sich die Frage, was die Miteigentümer in solchen Fällen tun können, um ihren Anteil durchzusetzen. Daran schließt sich die Frage an, was Gläubiger einzelner Miteigentümer unternehmen können, um ihre Vollstreckungsforderung durchzusetzen.  

     

    Beispielsfall

    Die Geschwister A., B. und C. haben geerbt. Zum Nachlass gehört ein attraktives Geschäftshaus. Die Erben haben aber unterschiedliche Vorstellungen über dessen weitere Verwertung. Während A. und B. das Haus als langfristige Kapitalanlage sehen, will C. die Immobilie zügig verkaufen, um den Erlös für die Begleichung seiner Verbindlichkeiten gegenüber Gläubiger G. einzusetzen, der einen titulierten Anspruch hat. Eine Einigung kommt nicht in Betracht. Was ist dem G. hier zu raten?  

     

    Das bewirkt eine Teilungsversteigerung

    Die Versteigerung zwecks Aufhebung einer Gemeinschaft (Teilungsversteigerung) ist ein häufig vorkommendes, besonderes Verfahren nach dem ZVG. Sinn und Zweck bestehen in der Durchsetzung eines materiell-rechtlichen Anspruchs eines Mitglieds einer Gemeinschaft auf Auseinandersetzung im Wege des Zwangs. Für den Gläubiger eines Miteigentümers bietet sich so ein erfolgreiches Druckmittel. Denn den Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft kann er pfänden und sich überweisen lassen (s.u., S. 205 f.). Er kann somit anstelle des schuldnerischen Miteigentümers die Teilungsversteigerung beantragen. Vielfach ist es dann so, dass die übrigen, nicht schuldnerischen Miteigentümer das Objekt übernehmen und den Gläubiger hinsichtlich seiner Forderung befriedigen, um zu verhindern, dass ein „fremder“ Dritter in die Gemeinschaft eindringt. Die folgende Checkliste zeigt, welche Gegenstände der Teilungsversteigerung unterliegen:  

     

    Checkliste: Welche Gegenstände unterliegen der Teilungsversteigerung?

    Bei den durch Teilungsversteigerung aufzuhebenden Gemeinschaften an Grundstücken kann es sich um Bruchteils- oder Gesamthandsgemeinschaften handeln. In Betracht kommen daher:  

     

    • Bruchteilsgemeinschaft: Hier steht jedem einzelnen Eigentümer ein – ideeller – Anteil an dem Gegenstand (Immobilie) zu, §§ 741bis 758 BGB. Insofern hat der Bruchteilseigentümer die Stellung eines echten Eigentümers. Er darf frei über seinen Anteil verfügen, d.h. ihn belasten, übertragen oder verpfänden. Jeder der in der Gemeinschaft befindlichen (Bruchteils-)Eigentümer kann jederzeit die Aufhebung der Gemeinschaft jedem anderen gegenüber verlangen. Praktisch bedeutsam ist die Bruchteilsgemeinschaft bei Ehegatten, wenn diese nicht in Gütergemeinschaft leben, oder bei Lebenspartnern (§ 6 LPartG), die im Vermögensstand der Ausgleichsgemeinschaft bzw. Vermögenstrennung leben.

     

    Praxishinweis: Eine Ausnahme, das Recht der Aufhebung zu verlangen, besteht, wenn das Aufhebungsverlangen durch Vereinbarung ausgeschlossen wurde (§§ 749, 1010 BGB). Vor Einleitung eines entsprechenden Verfahrens sollten sich daher Gläubiger durch Einsicht in das Grundbuch darüber vergewissern, ob ein solcher Ausschluss besteht. Ist dies der Fall, sollte aus Kostengründen auf einen Antrag – zunächst – verzichtet werden.

     

    Tipp: § 749 Abs. 2 BGB bestimmt jedoch, dass bei Vorliegen eines wichtigen Grundes eine Auseinandersetzung erfolgen kann. Dies sollten Gläubiger stets prüfen. Die Frage, ob ein wichtiger Grund vorliegt, ist von den Gegebenheiten des Einzelfalls abhängig (LG Braunschweig 13.6.02, 4 O 3210/01 (321), n.v.). Ein wichtiger Grund setzt voraus, dass die Fortsetzung der Gemeinschaft für einen der Teilhaber unzumutbar ist, wobei bei der Beurteilung der strenge Maßstab des ultima-ratio-Prinzips anzulegen ist (BGH NJW-RR 95, 267). Für die Prüfung, ob ein solcher wichtiger Grund vorliegt, sind nicht die zum Recht der GbR (§ 723 BGB) entwickelten Maßstäbe heranzuziehen, weil es bei der Gemeinschaft nicht um die Verfolgung und Verwirklichung eines gemeinsamen Zwecks geht und die Zusammenarbeit der Gemeinschafter nicht von wechselseitigem Vertrauen getragen sein muss (BGH ZIP 95, 113). Unzumutbar ist die Fortsetzung der Gemeinschaft deshalb nicht bereits, wenn zwischen den Teilhabern Uneinigkeit, Feindschaft oder gegenseitige Schikanen ersichtlich sind (BGH ZIP 95, 113). Erforderlich ist vielmehr, dass
    • eine ordnungsgemäße gemeinschaftliche Nutzung und Verwaltung unter Abwägung aller den Einzelfall prägenden Umstände unmöglich ist (BGH WM 84, 873) und
    • der Teilhaber, der die Aufhebung begehrt, den wichtigen Grund nicht allein oder überwiegend herbeigeführt hat.

     

    Dabei ist zu beachten, dass sich die Gemeinschaft auf die gemeinsame Rechtszuständigkeit für einen Gegenstand beschränkt. Daher sind hinsichtlich des Vorliegens eines wichtigen Grundes, der im Fehlverhalten eines Teilhabers begründet ist, hohe Anforderungen zu stellen. Deshalb ist ein Grund nur gegeben, wenn die Fortsetzung der Gemeinschaft aufgrund des Verhaltens eines Teilhabers für die übrigen Teilhaber nicht mehr zumutbar ist (Habermeier in: jurisPK-BGB, 3. Aufl. 2006, § 749 Rn. 4). Der wichtige Grund kann aber auch auf den objektiven Gegebenheiten oder den persönlichen Verhältnissen des Teilhabers beruhen, der die Aufhebung der Gemeinschaft anstrebt. In Betracht kommt dabei eine wesentliche Änderung der Umstände für die Gemeinschaft, z.B. die Zweckentfremdung eines gemeinschaftlichen Weges durch wegerechtliche Maßnahmen. Der allgemeine Finanzbedarf eines Teilhabers genügt hingegen grundsätzlich nicht. Auch die Möglichkeit einer guten Verwertung des gemeinschaftlichen Gegenstands stellt keinen wichtigen Grund dar, sofern die Gemeinschaft nicht gerade zu diesem Zweck besteht (Habermeier, a.a.O.).

     

    • Gesamthandsgemeinschaft: Die Gesamthandsgemeinschaft ist eine Gemeinschaft von Personen, denen ein bestimmtes Vermögen gemeinschaftlich zusteht. Ihr Wesen besteht darin, dass kein Teilhaber über einzelne Gegenstände der Gemeinschaft allein verfügen kann, solange eine Auseinandersetzung nicht stattgefunden hat. Jeder Teilhaber ist auf die Zustimmung der anderen Teilhaber zwingend angewiesen. Zu unterscheiden sind folgende Gesamthandsgemeinschaften:

     

    • Erbengemeinschaft (§ 2032 ff. BGB): Hat eine Person nach ihrem Tod mehreren Personen den Nachlass hinterlassen, können diese nur gemeinschaftlich hierüber verfügen. Jeder Miterbe hat aber das Recht, jederzeit die Auseinandersetzung der Gemeinschaft zu verlangen (§§ 2042, 752, 753 BGB). Ausnahmen: §§ 2043bis 2045 BGB. Eine solche ist z.B. gegeben, wenn der Erblasser die Auseinandersetzung durch letztwillige Verfügung (Testament) ausgeschlossen hat (§ 2044 BGB; BGH Rpfleger 99, 140). Aber die Auseinandersetzung kann auch verlangt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt (§§ 2044 Abs. 1 S. 2, 749 Abs. 2 BGB; z.B. bei verfeindeten Miterben).

     

    • BGB-Gesellschaft (§§ 705 ff. BGB): Der einzelne BGB-Gesellschafter kann gleichfalls nicht allein über einzelne Vermögensgegenstände der Gesellschaft ohne Zustimmung der anderen Gesellschafter verfügen. Ebenfalls kann er nicht über seinen Anteil am Gesellschaftsvermögen verfügen. Erst nach Auflösung der Gesellschaft ist er berechtigt, eine Teilung bzw. Auseinandersetzung zu verlangen (§ 730 BGB; Mock, VE 06, 165). Eine Ausnahme besteht nur, wenn die Gesellschafter etwas anderes vereinbaren.

     

    • Eheliche Gütergemeinschaft (§§ 1415 ff. BGB): Ehegatten, die im Güterstand der ehelichen Gütergemeinschaft leben, erwerben gemeinschaftliches Vermögen (§ 1416 Abs. 1 BGB). Daher können sie erst nach Beendigung der Gemeinschaft eine Auseinandersetzung verlangen (§ 1471 BGB), es sei denn, etwas anderes ist vereinbart oder gesetzlich vorgeschrieben (§§ 1475bis 1481 BGB).

     

    Praxishinweis: Bei einer fortgesetzten Gütergemeinschaft gilt, dass eine Auseinandersetzung zwischen dem überlebenden Ehegatten und den Abkömmlingen erst erfolgen kann, wenn diese beendet ist (§ 1497 Abs. 1 BGB).

     

    • OHG/KG: Eine Auseinandersetzung dieser Personengesellschaften erfolgt regelmäßig nach einer Auflösung durch Liquidation (§§ 145 Abs. 1, 161 Abs. 2 HGB). Aus diesem Grund hat die Versteigerung praktisch keine Bedeutung, es sei denn, dies wurde durch die Gesellschafter so vereinbart. Ausnahmsweise kann eine Teilungsversteigerung durch alle Liquidatoren gemeinschaftlich beantragt werden (LG Kaiserslautern Rpfleger 85, 121).
     

    Pfändung des Auseinandersetzungsanspruchs

    Um als Gläubiger auf den Anteil eines Miteigentümers zuzugreifen und diesen mittels Zwangsversteigerung zu verwerten, ist es notwendig, zuvor den Anspruch des Miteigentümers (Schuldner) zu pfänden und zu überweisen:  

     

    Musterformulierung: Pfändung bei Bruchteilsgemeinschaft

    wegen dieser Ansprüche sowie wegen der Kosten dieses Beschlusses und seiner Zustellung werden die angeblichen Ansprüche des Schuldners  

     

    gegen ... (vollständige Namen und Adressen aller übrigen Miteigentümer) – Drittschuldner –  

     

    auf Aufhebung der Bruchteilsgemeinschaft am Grundstück, eingetragen im Grundbuch von ... , Blatt ..., Flurstück-Nr. ...,  

     

    auf Teilung des Erlöses und auf Auszahlung des dem Schuldner zustehenden Erlösanteils gepfändet.  

     

     

    Musterformulierung: Pfändung bei Erbengemeinschaft

    wegen dieser Ansprüche sowie der Kosten dieses Beschlusses und seiner Zustellung wird der angebliche Miterbenanteil des Schuldners am Nachlass des am ... in ... verstorbenen (Name des Erblassers)  

     

    gegen ... (vollständige Namen und Adressen aller übrigen Miterben bzw. Nachlassverwalter, Testamentsvollstrecker) – Drittschuldner –  

     

    auf Auseinandersetzung des Nachlasses sowie der Teilungsmasse gepfändet.  

     

     

    Musterformulierung: Pfändung bei GbR

    wegen dieser Ansprüche sowie wegen der Kosten dieses Beschlusses und seiner Zustellung wird  

     

    der angebliche Anteil des Schuldners am Gesellschaftsvermögen sowie der Anspruch auf Auseinandersetzung der Gesellschaft und der daraus fließende Anspruch auf Aufteilung des Erlöses und Auskehrung des auf den Schuldner entfallenden Anteils, vor allem das Auseinandersetzungsguthaben

     

    gegen ... (vollständige Namen und Adressen aller übrigen Mitgesellschafter) – Drittschuldner –  

     

    gepfändet.  

     

     

    Musterformulierung: Pfändung bei beendeter Gütergemeinschaft

    wegen dieser Ansprüche sowie wegen der Kosten dieses Beschlusses und seiner Zustellung wird der angebliche Anteil des Schuldners an der durch ... (Bezeichnung des Beendigungsgrundes) beendeten Gütergemeinschaft, sowie der angebliche Anspruch auf Auseinandersetzung und den daraus fließenden Anspruch auf Aufteilung des Erlöses und die Auskehrung des auf den Schuldner entfallenden Anteils, insbesondere das Auseinandersetzungsguthaben  

     

    gegen ... (vollständigen Namen und Adresse des Ehegatten des Schuldners) – Drittschuldner –  

     

    gepfändet.  

     

     

    Musterformulierung: Pfändung bei beendeter und fortgesetzter Gütergemeinschaft

    wegen dieser Ansprüche sowie wegen der Kosten dieses Beschlusses und seiner Zustellung wird der angebliche Anteil des Schuldners an der durch ... (Bezeichnung des Beendigungsgrundes) beendeten Gütergemeinschaft, sowie der angebliche Anspruch auf Auseinandersetzung und den daraus fließenden Anspruch auf Aufteilung des Erlöses und die Auskehrung des auf den Schuldner entfallenden Anteils, insbesondere das Auseinandersetzungsguthaben  

     

    gegen ... (vollständige Namen/Adressen aller an der Gütergemeinschaft Beteiligten) – Drittschuldner –  

     

    gepfändet.  

     

    Quelle: Ausgabe 12 / 2006 | Seite 203 | ID 91561