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  • 03.11.2010 | Insolvenz

    Forderungsprüfung: Schuldnerwiderspruch und Reaktionsmöglichkeiten des Gläubigers

    von Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz

    Es zeigt sich immer wieder, dass Schuldner bzw. Insolvenzverwalter/Treuhänder gegen die zur Insolvenztabelle angemeldete Forderung Widerspruch einlegen. Was können betroffene Gläubiger unternehmen, um weiter am Verfahren und damit an einer Ausschüttung teilnehmen bzw. nach Verfahrensaufhebung ohne Erteilung der Restschuldbefreiung zu vollstrecken?  

     

    Gute Gründe der Forderungsfeststellung zur Insolvenztabelle

    Die Gründe, weshalb ein Insolvenzgläubiger darauf aus sein muss, dass seine ordnungsgemäß angemeldete Insolvenzforderung in die Insolvenztabelle eingetragen wird, sind:  

     

    • Teilnahme an einer Schlussverteilung, d.h. Zahlung auf seine Forderung,
    • Titulierungswirkung auf die eingetragene Insolvenzforderung; denn der Eintrag in die Insolvenztabelle wirkt dem Betrag und Rang nach wie ein rechtskräftiges Urteil gegenüber dem Insolvenzverwalter/Treuhänder und allen anderen Insolvenzgläubigern (§ 178 Abs. 3 InsO),
    • Betreiben der Zwangsvollstreckung mittels vollstreckbarer Ausfertigung aus der Tabelleneintragung nach Verfahrensaufhebung, sofern das Verfahren ohne Restschuldbefreiung endet (§ 201 Abs. 2 InsO).

     

    Widerspruchsberechtigte Personen

    Gemäß § 178 Abs. 1 InsO sind der Verwalter, jeder Insolvenzgläubiger, der eine Forderung angemeldet hat, sowie der Schuldner zum Widerspruch berechtigt. Der Widerspruch wird dann in die Tabelle eingetragen (§ 178 Abs. 2 InsO).  

     

    Achtung: Nur der Widerspruch des Verwalters und eines Insolvenzgläubigers führt zur Nichtfeststellung der Forderung.  

     

    Legt der Schuldner Widerspruch gegen die Feststellung ein, hindert dies den Eintrag in die Insolvenztabelle nicht. Dies hat allerdings zur Folge, dass dann dem bestrittenen Eintrag keine Titulierungsfunktion zukommt. Nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens kann der Gläubiger dann nicht gegen den Schuldner die weitere Zwangsvollstreckung betreiben 201 Abs. 2 InsO). Der Gläubiger muss daher den Widerspruch rechtzeitig beseitigt haben, was in Konkurrenz zu den anderen Insolvenzgläubigern, bei denen kein Widerspruch eingelegt wurde, wegen des Pfändungsrangs erhebliche Bedeutung haben kann.  

     

    Achtung: Oft bestreiten Verwalter Forderungen „vorläufig“. Dieses stellt in Wahrheit ein endgültiges Bestreiten dar, da die InsO ein „vorläufiges“ Bestreiten nicht kennt (BGH ZinsO 06, 320). Das „vorläufige“ Bestreiten durch den Verwalter und der Eintrag als solches sollte durch den Gläubiger dazu genutzt werden, sich mit dem Verwalter unverzüglich in Verbindung zu setzen und mit diesem die Gründe des Bestreitens zu klären. Auf keinen Fall sollte sofort Feststellungsklage erhoben werden, da sich so der Gläubiger einem eventuell unnötigen Kostenrisiko aussetzt, wenn der Verwalter noch vor der mündlichen Verhandlung die Forderung zur Tabelle feststellt und es der Gläubiger versäumt hat, vor Klageerhebung beim Verwalter nachzufragen, ob das Bestreiten als endgültig zu betrachten ist (BGH NZI 06, 295; LAG Hamm ZIP 02, 770; LG Bonn ZIP 00, 1310; LG Aachen NZI 02, 389).  

     

    Praxis des Widerspruchsverfahrens

    Wird das Insolvenzverfahren mündlich geführt, muss der Widersprechende den Widerspruch im Prüfungstermin mündlich erklären. Ein schriftlicher Widerspruch ist nur zulässig (§ 177 Abs. 1 S. 2, § 312 Abs. 2 InsO), wenn das Gericht die Prüfung der Forderung im schriftlichen Verfahren angeordnet hat. Ist dies der Fall, muss der Widerspruch schriftlich bis zum Ablauf der gesetzlichen Frist beim Insolvenzgericht erhoben werden.  

     

    Der Widerspruch kann, muss aber nicht begründet werden. Er kann sich auf Forderungsgrund oder -höhe, Forderungsrang, die Inhaberschaft des anmeldenden Gläubigers hinsichtlich der Forderung sowie ihre rechtliche Durchsetzbarkeit wie z.B. Einreden oder Einwendungen beziehen.  

     

    Praxishinweis

    Zulässig und geübte Praxis ist es auch, dass sich der Widerspruch nur gegen das Attribut der angemeldeten Forderung aus vorsätzlich unerlaubter Handlung richtet. Hierbei ist zu beachten, dass ein solches Recht nicht dem Insolvenzverwalter zusteht! Dieser darf nämlich zunächst nicht den Rechtsgrund des Attributs des Delikts prüfen (LG Trier ZInsO 06, 216). Er darf also nicht prüfen, ob die Tatsachen, die zur Deliktsforderung geführt haben, zutreffen. Ebenso darf er diese nicht rechtlich bewerten. Er ist nämlich nicht Vertreter des Schuldners. Vielmehr besteht seine Aufgabe einzig und allein darin, die Masse zu ermitteln, zu verwalten und zu verteilen. Die Tatsache, dass es sich um eine Deliktsforderung handelt, spielt für ihn bzw. für die Masse gar keine Rolle. Dies deshalb, weil sich eine solche Feststellung nicht negativ auf die Insolvenzmasse auswirkt. Die als vorsätzlich unerlaubte Handlung festgestellte Forderung kommt nämlich erst bei Verfahrensaufhebung bzw. bei einer erteilten Restschuldbefreiung und dann wegen ggf. gegen den Schuldner durchzuführender Vollstreckungsmaßnahmen zum Tragen (vgl. §§ 201 Abs. 2 S. 1, 302 Nr. 1 InsO).  

     

    So lässt sich ein eingelegter Widerspruch beseitigen

    Nur soweit ein Widerspruch beseitigt ist, gilt die Forderung zur Tabelle als festgestellt. Folgende Beseitigungsmöglichkeiten sind denkbar:  

     

    • Rücknahme des Widerspruchs durch den Widersprechenden: Dies geschieht in der Praxis zumeist durch den Verwalter im Rahmen eines „vorläufigen“ Bestreitens, wenn die Gründe des Bestreitens beseitigt wurden, weil z.B. der Forderungsanmeldung erforderliche Urkunden (Kaufvertrag, Titel etc.) zunächst nicht beilagen;
    • Erlöschen der Forderung des widersprechenden Gläubigers;
    • Rücknahme der Forderung des widersprechenden Gläubigers: der Gläubiger der bestrittenen Forderung kann daraufhin die Berichtigung der Tabelle beantragen;
    • Endgültiges Bestreiten der Forderung des widersprechenden Gläubigers: In diesem Fall ist die Insolvenztabelle zu berichtigen;
    • Feststellungsrechtsstreit (§§ 179 ff. InsO).

     

    Geübte Praxis: Feststellungsrechtsstreit

    Die Verfolgung bestrittener Insolvenzforderungen ist oft mittels eines Feststellungsrechtsstreits zu klären (§§ 179 ff. InsO). § 179 InsO regelt, dass sich ein solches Verfahren außerhalb des Insolvenzrechts abspielt, also in einem Zivilprozess zu klären ist. Hierbei ist aber zwingend zu unterscheiden, ob die bestrittene Forderung tituliert ist oder nicht.  

     

    Bestrittene Forderung ist nicht tituliert

    Bestreitet der Insolvenzverwalter bzw. ein Insolvenzgläubiger38 InsO) eine Forderung eines anderen Insolvenzgläubigers, die nicht tituliert ist, ist es Sache dieses Gläubigers die Feststellung der Forderung gegen den Bestreitenden zu betreiben (§ 179 Abs. 1 InsO).  

     

    Wichtig: Damit der Gläubiger bei einer Verteilung doch noch zum Zug kommt, muss er dem Insolvenzverwalter binnen einer Ausschlussfrist von zwei Wochen nach der öffentlichen Bekanntmachung der Verteilung nachweisen (= 3. Tag nach der Veröffentlichung; § 9 Abs. 1 S. 3, 4 InsO, § 222 Abs. 1 ZPO; § 187 Abs. 2 BGB), dass und für welchen Betrag die Feststellungsklage erhoben oder das Verfahren in einem früher anhängigen Rechtsstreit aufgenommen ist (§ 189 Abs. 1 InsO). Hierbei tritt der Gläubiger entweder in ein schon zwischen dem Schuldner und ihm schwebendes Verfahren über die Forderung ein oder beginnt ein eigenes Verfahren (Braun/Specovius, InsO, 4. Aufl. § 179 Rn. 9). Ist bereits ein Verfahren anhängig, ist dies wieder aufzunehmen, wobei dann der Schuldner als Partei ausscheidet und an dessen Stelle der Insolvenzverwalter tritt.  

     

    Sachlich zuständig für die Klage ist ausschließlich das AG, bei dem das Insolvenzverfahren anhängig ist oder anhängig war (§ 180 Abs. 1 S. 1 InsO). Gehört jedoch der Streitgegenstand nicht zur Zuständigkeit des AG, ist das LG ausschließlich zuständig, zu dessen Bezirk das Insolvenzgericht gehört (§ 180 Abs. 1 S. 2 InsO; § 23 GVG). Der Streitwert bemisst sich hierbei nach der voraussichtlichen Insolvenzquote (§ 182 InsO).  

     

    Der zu stellende Antrag geht darauf, dass die Forderung zur Insolvenztabelle festgestellt wird.  

     

    Musterformulierung: Feststellung einer Forderung zur Insolvenztabelle

    Es wird beantragt, dass die Forderung des Klägers ... gegen den Beklagten ... über den Betrag von ... EUR im Insolvenzverfahren vor dem Amtsgericht in ... ,Az. ..., zur Insolvenztabelle festgestellt wird.  

     

    Bestrittene Forderung ist tituliert

    Bestreiten Insolvenzverwalter bzw. Insolvenzgläubiger38 InsO) eine bereits titulierte Forderung eines anderen Insolvenzgläubigers, ist es Sache des Bestreitenden die Feststellung der Forderung durch Widerspruch gegen den Insolvenzgläubiger zu betreiben (§ 179 Abs. 2 InsO). Auch hier gilt die Ausschlussfrist nach § 189 Abs. 1 InsO (Braun/Specovius, a.a.O., Rn. 15). Folge: Versäumt der Widersprechende die Frist, wird die Forderung des Gläubigers dennoch bei der Verteilung berücksichtigt.  

     

    Musterformulierung: Feststellung der Forderung gegen den Insolvenzgläubiger

    Es wird beantragt, dass der Widerspruch des Klägers im Insolvenzverfahren vor dem Amtsgericht in ..., Az. ..., hinsichtlich der durch ... (genaue Titelbezeichnung) titulierten Forderung des Beklagten über den Betrag von ... EUR für begründet erklärt wird.  

     

    Wurde zunächst ein Streitschlichtungsverfahren durchgeführt?

    Der potenzielle Kläger muss darauf achten, dass nach landesrechtlichen Regelungen ggf. vor Klageerhebung die außergerichtliche Streitschlichtung durchzuführen ist. Dies ist derzeit hier der Fall (Braun/Specovius, a.a.O.):  

    • Baden-Württemberg,
    • Bayern,
    • Brandenburg,
    • Hessen,
    • Nordrhein-Westfalen,
    • Saarland,
    • Sachsen-Anhalt und
    • Schleswig-Holstein.
    Quelle: Ausgabe 11 / 2010 | Seite 191 | ID 139730