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  • Juristische Personen

    Auch gegen die GmbH kann effektiv vollstreckt werden

    von Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz

    Die Einzelzwangsvollstreckung im GmbH-Bereich ist zugegebenermaßen schwierig, da Vollstreckungsmaßnahmen in der Regel die Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens und damit seine Insolvenz indizieren. Angesichts dieser Tatsache resignieren aber allzu viele Gläubiger von vornherein, vollstreckungs- und haftungsrechtliche Möglichkeiten auszuschöpfen. Der folgende Beitrag zeigt, dass eine erfolgreiche Vollstreckung durchaus nicht ausgeschlossen ist, und erläutert wichtige Informationsmöglichkeiten über eventuelle Geldquellen und Wege der effektiven Mobiliarvollstreckung.

    Nutzen Sie alle möglichen Quellen für Informationen über den Schuldner

    Mit Hilfe einer detaillierten Informationsbeschaffung können Sie frühzeitig Vermögenswerte des Schuldners aufspüren und damit einen Vorsprung in Bezug auf andere Gläubiger herausholen. Solche Informationen sind gleichermaßen wichtig für Einziehungsprozesse, in denen der Gläubiger beweispflichtig ist. Folgende Informationsquellen bieten sich an:

    • Sehen Sie bei einer insolventen GmbH die Insolvenzakte ein

      Im Falle einer eröffneten Insolvenz besteht für den einzelnen Gläubiger ein Vollstreckungsverbot (§ 89 InsO). Dieses Verbot wird jedoch aufgehoben, wenn das Verfahren mangels Masse abgewiesen oder eingestellt wird (§ 26, § 207 Abs. 1 InsO). Die Verfahrenseinstellung bedeutet aber keineswegs immer die Vermögenslosigkeit der GmbH. Es können trotzdem noch verwertbare Vermögensgegenstände oder Forderungen vorhanden sein. Diese können entweder aus dem Vermögensverzeichnis, das bei Insolvenzantragstellung einzureichen ist (§ 20 InsO), oder dem Bericht des vorläufigen Insolvenzverwalters (§ 156 InsO) abgelesen werden.

       Praxishinweis: Da in der Praxis solche Verfahrenseinstellungen häufig vorkommen, sollte jeder Gläubiger Einblick in die Insolvenzakte nehmen, die Vermögensverzeichnis oder Verwalterbericht enthält.     
    • Die Handelsregisterakten sind ebenfalls immer eine wichtige Informationsquelle

      Aus den Handelsregisterakten ergeben sich die zur Gründungsanmeldung nach § 8 GmbHG beizufügenden Unterlagen wie Gesellschaftsvertrag, Unterlagen zur Bewertung von Sacheinlagegegenständen, Jahresabschlüsse mit Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung (§ 264 HGB), Lageberichte (§ 289 HGB) etc. Das sind reine Auskünfte über Vermögenswerte.

       Praxishinweis: Das zuständige Registergericht nebst Registernummer ist in der Regel auf dem GmbH-Geschäftsbrief angegeben (§ 35a GmbHG). Denn dies sind nach dem Bilanzrichtliniengesetz offen zu legende Tatsachen, die bei Fehlen durch das Registergericht unter Bußgeldandrohung erzwungen werden können (§ 334 HGB). Einen entsprechenden Offenlegungsantrag kann jeder stellen.     
    • Anhaltspunkte gibt das Verfahren auf Abnahme einer eidesstattlichen Versicherung

      Weitere Anhaltspunkte für eventuelles Vermögen können sich auch aus einem Vermögensverzeichnis im Rahmen einer eidesstattlichen Versicherung nach § 807 ZPO ergeben.     
    • Aufzubewahrende Unterlagen können bei berechtigtem Interesse gesichtet werden

      Handelsbücher, Inventare, Eröffnungsbilanzen, Jahresabschlüsse etc. müssen nach § 257 Abs. 1 HGB, § 74 Abs. 2 Satz 1 GmbHG sechs bzw. zehn Jahre aufbewahrt werden. Nach Liquidation der GmbH oder wenn ein Insolvenzantrag mangels Masse abgewiesen wird, besteht die Aufbewahrungspflicht zehn Jahre lang fort (§ 74 Abs. 2 GmbHG). Die Unterlagen werden bei einem Gesellschafter oder einem Dritten aufbewahrt. Der Gläubiger darf in diese Unterlagen Einsicht nehmen. Voraussetzung ist, dass er daran ein berechtigtes Interesse hat. Dieses ist zu bejahen, wenn der Gläubiger eine Forderung gegen die GmbH hat und deshalb vollstrecken möchte. Das Registergericht kann den Gläubiger in diesem Fall die Einsicht gestatten (§ 74 Abs. 3 GmbHG).     

    Offenbarungseid: Wappnen Sie sich gegen Einwände des Schuldners

    In der Praxis sträuben sich viele Schuldner, den Makel einer eidesstattlichen Versicherung zu tragen. Sie versuchen mit allen Mitteln, einen Offenbarungseid zu vermeiden. Der Gläubiger kann hiergegen frühzeitig (Gegen-)Maßnahmen ergreifen, um die eidesstattliche Versicherung und damit eine wichtige Informationsquelle zu erzwingen.

    Überraschendes Ausscheiden des Geschäftsführers impliziert Scheinhandlung

    Zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung ist der im Handelsregister eingetragene Geschäftsführer oder der Gesellschafter (§ 35, § 46 Nr. 8 GmbHG; BGH 16.12.91, NJW 92, 977) verpflichtet. Bei mehreren GmbH-Vertretern ist in analoger Anwendung von § 455 Abs. 1 Satz 2, § 449 ZPO derjenige zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung verpflichtet, den das Vollstreckungsgericht oder der Gläubiger benennt (OLG Frankfurt/ Main, Beschluss, 19.10.87, NJW-RR 88, 807; Zöller, ZPO, 22. Auflage, § 807 Rn 10).

    Mitunter kommt es vor, dass der Geschäftsführer sein Amt in Kenntnis der anstehenden eidesstattlichen Versicherung plötzlich niederlegt. Dieses Ausscheiden kann bei einem erwiesenen Zusammenhang zwischen Ausscheiden und Offenbarungseid als Scheinhandlung gewertet werden mit der Folge, dass der (ehemalige) Geschäftsführer trotzdem zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung verpflichtet bleibt (LG Aschaffenburg, Beschluss 19.6.96, DGVZ 98, 75; OLG Zweibrücken, Beschluss, 18.7.89, DGVZ 90, 40; OLG Hamm, Beschluss, 9.11.84, Rpfleger 85, 121; LG Hannover, Beschluss, 13.6.80, DGVZ 81, 60; OLG Schleswig, Beschluss, 30.11.78, Rpfleger 79, 73; Behr, Rpfleger 88, 3 und JurBüro 94, 66, Fn 11 m.w.N.).

    Bei Löschung der GmbH ist der letzte Geschäftsführer verpflichtet

    Auch eine wegen Vermögenslosigkeit und ohne nachfolgende Liquidation aus dem Handelsregister gelöschte GmbH (§ 31 Abs. 2 InsO i.V.m. § 60 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG) kann zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung verpflichtet werden, wenn die Vermutung besteht, dass wieder Gesellschaftsvermögen aufgetaucht ist. Dies setzt nach einer Meinung voraus, dass der Gläubiger substantiiert Tatsachen darlegen kann, die auf ein Vorhandensein solchen Gesellschaftsvermögens hindeuten (KG Berlin, aaO; OLG Koblenz, aaO). Diese Ansicht ist jedoch abzulehnen. Sie verkennt, dass das Offenbarungsverfahren gerade den Zweck hat, über das Vermögen der bereits gelöschten GmbH Auskunft zu erhalten. Insofern muss die bloße Behauptung reichen, dass noch Vermögen der gelöschten GmbH vorhanden ist (so OLG Koblenz, Beschluss, 28.11.89, JurBüro 90, 537; LG Berlin, Beschluss, 12.3.90, Rpfleger 90, 374).

    In diesem Fall ist der letzte Geschäftsführer verpflichtet, die eidesstattliche Versicherung zu leisten (OLG Zweibrücken, aaO; OLG Koblenz, aaO; KG Berlin, Beschluss, 8.2.91, NJW-RR 91, 933; Behr, Rpfleger 88, 2 und JurBüro 94, 67 Fn 16; Gottwald, Zwangsvollstreckung, 3. Auflage, § 900 Rn 11 m.w.N.). Die folgende Übersicht gibt einen Überblick darüber, wer die GmbH in welchem Stadium bei der Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung vertritt.

    Sachpfändung in Privaträumen des Geschäftsführers ist möglich

    In der Praxis scheitert eine Mobiliarvollstreckung gegen die GmbH oftmals daran, dass keine Vermögenswerte mehr in den Geschäftsräumen vorgefunden werden, weil keine Geschäftsräume mehr vorhanden oder diese zuvor leer geräumt wurden. In diesen Fällen sollte der Gläubiger überprüfen lassen, ob die Gesellschaft nicht Sachen in die Privaträume eines Geschäftsführers verbracht hat. Der Gerichtsvollzieher darf auch in deren Privaträumen vollstrecken. Dabei ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Geschäftsführer den Gewahrsam (vergleiche § 808 ZPO) für die GmbH zu Hause ausübt (LG Mannheim, Beschluss, 4.5.83, DGVZ 83, 119 m.w.N.; a.A. Musielak/Becker, 2. Auflage, ZPO, § 808 Rn 9, wonach es auf die äußerlich erkennbare Zuordnung zur GmbH ankommt, z.B. durch ein Firmenschild an der Klingel des Geschäftsführers oder ein Arbeitszimmer mit Aktenordnern der GmbH). So können Büroeinrichtungen, die der Gesellschaft zuzuordnen sind, gepfändet werden.

    Praxishinweis: Der Gerichtsvollzieher ist zu der Überprüfung von Privaträumen zwar auch ohne ausdrücklichen Gläubigerauftrag verpflichtet (LG Mannheim, aaO). Da diese Möglichkeit in der Praxis aber oft angesichts des Arbeitsanfalls bei Gerichtsvollziehern untergeht, sollten Sie diesen darauf ruhig ausdrücklich hinweisen. Berufen Sie sich hierbei auf die Entscheidung des LG Mannheim (aaO) und verdeutlichen Sie, dass gegen die GmbH überall dort vollstreckt werden kann, wo diese – durch ihre Vertreter – Gewahrsam über das Gesellschaftsvermögen ausübt. Dies kann eben auch in den Privaträumen des Geschäftsführers sein.

    Problem: Pfändung von Computeranlagen

    Die Pfändung eines GmbH-Computers ist zulässig. Da die GmbH als juristische Person mit Ausnahme der Ein-Mann-GmbH keine persönliche Tätigkeit entfalten kann (LG Berlin 18.5.87, DGVZ 87, 173), dürfte eine Berufung auf die Schutzvorschrift der Unpfändbarkeit nach § 811 ZPO in der Regel zwecklos sein.

    Quelle: Vollstreckung effektiv - Ausgabe 12/2000, Seite 164

    Quelle: Ausgabe 12 / 2000 | Seite 164 | ID 107451