30.10.2009 | Lohnabtretung
Zusammenrechnung von Einkommen und Sozialhilfeleistungen bei Abtretungen beachten
1. Die vollstreckungsrechtliche Vorschrift über die Zusammenrechnung von Arbeitseinkommen und Ansprüchen auf Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch ist bei der Bestimmung des pfändbaren Betrags im Rahmen der Abtretung derartiger Forderungen entsprechend anzuwenden. |
2. Ob die Parteien der Abtretungsvereinbarung die Zusammenrechnung von Arbeitseinkommen und Ansprüchen auf Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch gewollt haben, ob diese der Billigkeit entspricht und ob ein Unterhaltsberechtigter, der selbst über eigene Einkünfte verfügt, bei der Bestimmung des pfändbaren Einkommens im Rahmen einer Abtretung zu berücksichtigen ist, muss das Prozessgericht prüfen. |
3. Anfechtungsrechtlich gilt die Abtretung von laufenden Rentenbezügen durch einen Rentenberechtigten, der das Rentenalter bereits erreicht hat, mit dem Wirksamwerden der Abtretung als vorgenommen, auf die späteren einzelnen Bezugszeitpunkte kommt es für die Anfechtbarkeit nicht mehr an. |
(BGH 19.5.09, IX ZR 37/06, Abruf-Nr. 092416) |
Sachverhalt
Die Klägerin verfügte über einen rechtskräftigen Titel gegen den Schuldner. Durch Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ließ sie die angeblichen Bereicherungsansprüche des Schuldners gegen die Beklagte (Drittschuldnerin) pfänden und zur Einziehung überweisen. Der Schuldner hatte der Beklagten bereits im Jahr 1993 einen Teilbetrag einer Rente, die er von einer Hilfskasse bezog, abgetreten. Seit dieser Zeit hatte die Kasse die entsprechenden Beträge an die Beklagte überwiesen. Da die Klägerin der Auffassung war, die Abtretung sei unwirksam, nahm sie die Beklagte auf (Rück-)Zahlung der Beträge in Anspruch. Sie meinte, die Unwirksamkeit der Abtretung folge aus der fehlenden Zusammenrechenbarkeit der Alterseinkünfte des Schuldners sowie der Nichtberücksichtigung seiner Ehefrau als Unterhaltsberechtigte ohne entsprechende Beschlüsse nach § 850e Nr. 2a und § 850c Abs. 4 ZPO. Hätte eine Zusammenrechnung der Alterseinkünfte nicht stattgefunden und wäre die Unterhaltspflicht des Schuldners berücksichtigt worden, hätte sich kein pfändbarer Betrag ergeben. Die Ehefrau des Schuldners verfügte über ein eigenes Einkommen. Nachdem das LG die Klage abgewiesen und die Berufung keinen Erfolg hatte, legte die Klägerin Revision ein. Der BGH erachtete die Revision als begründet.
Entscheidungsgründe
Zunächst stellt der BGH fest, dass eine Abtretung unwirksam ist, wenn der entsprechende Betrag nicht der Pfändung unterworfen ist (§§ 134, 400 BGB; vgl. BGH WM 97, 1243). Handelt es sich bei dem Anspruch um Arbeitseinkommen, richtet sich die Pfändbarkeit gemäß § 850 Abs. 1 ZPO nach den §§ 850a bis 850i ZPO. Zu Arbeitseinkommen zählen auch Ruhegehälter (§ 850 Abs. 2 ZPO). So kann es sein, dass Arbeitseinkommen teilweise abtretbar ist und teilweise nicht (BAG NJW 01, 1443).
Auf die Abtretung von Forderungen, die unter §§ 850ff. ZPO fallen, findet § 850e Nr. 2 ZPO entsprechende Anwendung. Zuständig für die Entscheidung über die Zusammenrechnung mehrerer Arbeitseinkommen ist dann das Prozessgericht (BGH NJW-RR 04, 494). Anders als der gesetzliche Pfändungsschutz unterliegt die Frage der Zusammenrechnung von Arbeitseinkommen der Vertragsfreiheit der Parteien. Insoweit muss eine Auslegung der zugrunde liegenden Vereinbarung erfolgen. Die Möglichkeit der Zusammenrechnung führt dazu, dass der Pfändungsgläubiger gegenüber dem Abtretungsgläubiger nicht bevorzugt wird.
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