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  • Pfändungsauftrag

    Wie Sie den Gerichtsvollzieher wirkungsvoll beauftragen können

    von Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz

    Der Gerichtsvollzieher als Vollstreckungsorgan ist verpflichtet, den Gläubiger im Rahmen der Vollstreckung über vorhandene Vermögenswerte und bestehende Sicherheiten des Schuldners zu informieren. Angesichts der Arbeitsbelastung der Gerichtsvollzieher wird hierbei aber nicht immer mit der notwendigen Gründlichkeit vorgegangen und Vollstreckungsaufträge werden oft pauschal nur in den allernotwendigsten Punkten durchgeführt. Es ist daher empfehlenswert, einen Gerichtsvollzieher selbst bezüglich allgemeiner Vollstreckungsvoraussetzungen individuell zu instruieren. „Vollstreckung effektiv“ erklärt die richtige und effektive Beauftragung.

    Bei Pfändung von Teilbeträgen ist keine Forderungsaufstellung erforderlich

    Der Sachpfändungsauftrag muss in der Regel eine „spezifizierte“ Forderungsaufstellung enthalten, das heißt: Die Forderungen des Gläubigers gegen den Schuldner müssen genau nach Hauptsache und Kosten, Zinsen der Hauptsache, Prozesskosten, Zinsen der Prozesskosten und Vollstreckungskosten aufgegliedert werden.

    Bereits geleistete Teilzahlungen sind nach § 366 Abs. 2 BGB, § 11 Abs. 3 VerbrKG zu verrechnen (BGH NJW 99, 1704; Braun/Raab/Gaudin, DGVZ 92, 1). Vollstreckt ein Gläubiger wegen des Restbetrags, so gibt er hierdurch zu erkennen, dass bereits Teilzahlungen an ihn geleistet wurden. Auch hier ist nach einer Meinung dem Pfändungsauftrag eine vollständige Forderungsberechnung beizufügen. Begründung: Der Gerichtsvollzieher muss nachprüfen können, ob die Forderung tatsächlich noch in der geltend gemachten Höhe besteht (LG Hagen, Beschluss, 18.3.94, DGVZ 94, 91; a.A. Musielak/Lackmann, ZPO, 1. Auflage, § 753 Rn 11 m.w.N.). Dasselbe gilt, wenn der Schuldner wider Erwarten die gesamte Forderung samt Kosten und Zinsen begleicht und der Gläubiger die Aushändigung des Titels an den Schuldner gestattet.

    Von diesem Grundsatz besteht eine wichtige Ausnahme: Wird die Vollstreckung lediglich wegen eines Teilbetrages durchgeführt, ist der Gerichtsvollzieher nicht berechtigt, die Durchführung der Zwangsvollstreckung von einer Forderungsaufstellung abhängig zu machen (s.o. S. 45; OLG Stuttgart, Beschluss, 28.7.87, JurBüro 87, 1813; LG Frankfurt, Beschluss, 17.2.88, DGVZ 88, 95). Dafür genügt es, dass die zu vollstreckende Teilforderung nur geringfügig unter der Hauptforderung liegt.

    Rateninkasso ohne Pfändung soll Vollstreckung zügig erledigen

    Der Gläubiger sollte sich bereits im Vollstreckungsauftrag mit einer Ratenzahlung nach § 806b ZPO einverstanden erklären. Nach dieser Vorschrift soll der Gerichtsvollzieher bis zu einer Verwertung oder einem Offenbarungsverfahren in jeder Lage des Verfahrens auf eine zügige und gütliche Erledigung hinwirken. Deshalb ist er berechtigt, ein Angebot des Schuldners auf Ratenzahlung anzunehmen.

    Die Voraussetzungen hierfür sind:

    • Die Vollstreckung ist erfolglos, weil keine pfändbaren Sachen vorhanden sind(§ 806b Satz 2 ZPO).

    Hinweis: Umstritten ist, ob eine nur teilweise erfolgreiche Vollstreckung genügt. Schilken bejaht dies, wobei der geschätzte Wert der pfändbaren Habe nicht die titulierte Forderung nebst Kosten und Zinsen deckt (DGVZ 98, 145). Nach Becker greift hier ein Verwertungsaufschub nach § 813a ZPO (Musielak, ZPO, aaO, § 806b Rn 2).

    • Der Schuldner bietet glaubhaft an, seine Schuld kurzfristig in Teilbeträgen zu tilgen.
    • Der Schuldner kann dies glaubhaft machen, indem er anhand von Urkunden die Mittel und die kurzfristige Tilgung darlegt.
    • Eine Regelfrist von sechs Monaten soll nicht überschritten werden (siehe § 806b Satz 3 ZPO).
    • Der Gläubiger ist damit ausdrücklich einverstanden. Liegt keine ausdrückliche Erklärung des Gläubigers vor, so wird das Einverständnis vermutet. Der Gerichtsvollzieher muss dies aber nachträglich trotzdem genehmigen lassen.

      Wird die Zustimmung vom Gläubiger endgültig verweigert, bleibt die Teilleistung des Schuldners wirksam. Die Verweigerung der Zustimmung empfiehlt sich jedoch nur dann, wenn der Gläubiger den Schuldner direkt zur Abgabe des Offenbarungseides zwingen will, weil er sich hiervon mehr verspricht. Dabei sollte sich der Gläubiger im Klaren darüber sein, dass der Zahlungswille des Schuldners wahrscheinlich vollends erlischt.     

    Die Rechtsfolgen sind:

    • Durch das Einverständnis zum Rateninkasso erklärt der Gläubiger, während ordnungsgemäßer Ratenzahlungen durch den Schuldner keine weiteren Vollstreckungsmaßnahmen einzuleiten. Der Gerichtsvollzieher muss grundsätzlich weitergehende Vollstreckungsaufträge desselben Gläubigers ablehnen. Umstritten ist aber die Möglichkeit eines Offenbarungseidverfahrens (bejahend: Musielak/Becker, ZPO, aaO, § 806b Rn 3; verneinend: Schilken, DGVZ 98, 145; Rosenberg/Gaul/Schilken, Lehrbuch des Zivilprozessrechts, 9. Auflage, § 33 IV 2 b).
    • Der Gerichtsvollzieher ist zur Einziehung der Teilbeträge berechtigt und verpflichtet.
    • Der Gerichtsvollzieher ist verpflichtet, die vereinbarten Teilbeträge auch dann an diesen Gläubiger abzuliefern, wenn andere Gläubiger nachfolgend eine Pfändung in diese Teilbeträge versuchen (Schilken, DGVZ 98, 145, 148). Abgeliefert werden die Teilbeträge nach Abzug der Kosten entsprechend § 817 Abs. 4 ZPO.
    • Infolge der Freiwilligkeit der Schuldnerzahlung ist das übergebene Geld nicht verstrickt; es entsteht auch kein Pfandrecht. Allerdings greift die Zahlungsfiktion nach § 815 Abs. 3 ZPO.

    Hinweis: Die Ratenzahlungen führen zu einer (wenigstens teilweisen) Befriedigung des Gläubigers. Allerdings können die Teilzahlungen eine sogenannte kongruente oder inkongruente Deckung darstellen und im Wege einer Anfechtungsklage des Insolvenzverwalters an die Masse zurückverlangt werden, wenn der Gläubiger die schlechte wirtschaftliche Situation des Schuldners oder den bevorstehenden Insolvenzantrag kannte (§§ 129 ff. InsO). Jeder Gläubiger sollte deshalb genau abwägen, ob er nicht trotz drohender Insolvenz – gerade bei gewerblichen Schuldnern – auf eine vollständige Zahlung drängen soll. In jedem Fall erhielte der Gläubiger – wenn auch geringe – Quoten.

    In Vollmacht muss wegen GVGA auf Geldempfangsvollmacht geachtet werden

    Der Gläubigervertreter muss dem Vollstreckungsauftrag eine besondere Geldempfangsvollmacht beifügen. Nach der GVGA ermächtigt eine bloße Prozessvollmacht den (Prozess-)Bevollmächtigten grundsätzlich nicht, beigetriebene Gelder (oder sonstige Gegenstände) in Empfang zu nehmen. Eine Ausnahme besteht nur für die vom Gegner zu erstattenden Prozesskosten (§ 81 ZPO). Gleiches gilt, wenn der Gerichtsvollzieher beigetriebene Gelder an den Bevollmächtigten abliefern soll (§ 62 Nr. 2 GVGA). In der Praxis enthält aber quasi jede (vorformulierte) Vollmacht auch eine Inkassovollmacht.

    Verjährung titulierter Zinsen unterbrechen

    Vielfach wird die Vollstreckung „bei begründeten Anhaltspunkten“ nach § 63 GVGA für fruchtlos erklärt. Nach dieser Vorschrift sendet nämlich der Gerichtsvollzieher dem Gläubiger regelmäßig den Schuldtitel mit einer Fruchtlosigkeitsbescheinigung zurück und teilt zugleich mit, dass der Auftrag zwecks Vermeidung unnötiger Kosten als zurückgenommen gilt. Der Gerichtsvollzieher kann den Titel jedoch nicht zurückschicken und muss die Vollstreckung durchführen, wenn

    • der Gläubiger mit dem Pfändungsauftrag einen Antrag auf Abnahme der eidesstattlichen Versicherung gestellt hat (sogenannter Kombi-Auftrag).
    • der Gläubiger ausdrücklich widerspricht, dass der Gerichtsvollzieher die Pfändung quasi einstellt (§ 63 Nr. 2 GVGA; dazu vergleiche LG Göttingen DGVZ 86, 174). Der Gläubiger kann dies anordnen, z.B. weil er ein Interesse an der Ermittlung von Drittschuldnern hat oder weil er dadurch die Verjährung titulierter Zinsen unterbrechen kann. Bei titulierten Zinsen besteht eine kurze Verjährungsfrist von vier Jahren (§ 218 Abs. 2, § 197 BGB).

    Tipp: Die ausdrückliche Beauftragung des Gerichtsvollziehers mit der Durchführung der Vollstreckung empfiehlt sich aus diesem Grund auch dann, wenn der Gläubiger genau weiß, dass dieser Versuch fruchtlos ausfallen wird. Denn erst wenn der Gerichtsvollzieher den Auftrag ausgeführt hat, beginnt die vierjährige Verjährungsfrist von Neuem (siehe auch § 209 BGB).

    Individuelle Weisungen erteilen

    Der Gläubiger kann versuchen, durch spezielle Weisungen an den Gerichtsvollzieher den Erfolg der Vollstreckung mitzusteuern. Nach § 58 Nr. 2 GVGA hat der Gerichtsvollzieher den Weisungen des Gläubigers im Pfändungsauftrag Folge zu leisten, soweit diese nicht gesetzwidrig sind. Damit die Weisungen nicht untergehen, können sie z.B. im Antrag farblich gekennzeichnet werden. Zulässige Weisungen können sein:

    • Der Gläubiger kennt konkrete schuldnerische Vermögenswerte, die der Gerichtsvollzieher pfänden soll;
    • Der Gläubiger kann konkret auf Örtlichkeiten hinweisen, in denen Wertgegenstände zu vermuten sind – z.B. Keller, Garagen, Abstellräume etc.;
    • Der Gerichtsvollzieher soll die Abschrift eines vollständigen Protokolls erteilen (LG Bochum, Beschluss, 22.3.93, JurBüro 94, 308), damit der Gläubiger prüfen kann, ob die Pfändung zu Recht unterlassen wurde oder ob sich Anhaltspunkte für eine Austauschpfändung ergeben;
    • Der Gläubiger kann auf fehlenden Schuldnerschutz hinweisen (§ 811 ZPO). Dies betrifft vor allem die Fälle, in denen der Schuldner über mehrere Gegenstände derselben Art verfügt (z.B. mehrere Farbfernseher);
    • Der Gläubiger kann einen nochmaligen Vollstreckungsversuch beauftragen, auch wenn der erste Versuch erfolglos war (§ 63 Nr. 2 GVGA), z.B. um die kurze Verjährung titulierter Zinsen zu unterbrechen (LG Göttingen, Beschluss, 21.4.86, DGVZ 86, 174);
    • Der Gläubiger kann anweisen, die Vollstreckung nicht vor einer bestimmten Uhrzeit durchzuführen, weil er beispielsweise bei der Pfändung anwesend sein möchte (KG Berlin, Beschluss, 11.2.83, DGVZ 83, 72; LG Münster, Beschluss, 26.3.91, NJW-RR 91, 1407) oder weil sich eine Kassenpfändung z.B. in einem Ladenlokal anbietet (AG Gelsenkirchen, Beschluss, 19.8.71, DGVZ 72, 120).

    In der nächsten Ausgabe lesen Sie, wie Sie mit dem Gerichtsvollzieher durch Vorweg-, Austausch Hilfs-, Vor- und Anschlusspfändung effektiv zusammenarbeiten können.

    Quelle: Vollstreckung effektiv - Ausgabe 04/2000, Seite 52

    Quelle: Ausgabe 04 / 2000 | Seite 52 | ID 107405