05.05.2009 | Vollstreckungspraxis
Erneute eidesstattliche Versicherung gemäß § 903 ZPO bei Wohnungswechsel?
von Bürovorsteher Detlev Schönemann, Würzburg
Wechselt der Schuldner als Mieter seine Wohnung, muss er meist für den neuen Vermieter eine Mietkaution hinterlegen. Diese stellt einen Vermögenswert dar, der der Pfändung unterliegt. Der Schuldner muss im Rahmen seiner Vermögensoffenbarung angeben, ob, wie und in welcher Höhe er eine Kaution geleistet hat. Er muss auch die Adresse des Kautionsempfängers sowie die Art der erbrachten Leistung bezeichnen (LG Stade JurBüro 95, 331). Fraglich ist, ob daher die Voraussetzungen für die wiederholte eidesstattliche Versicherung (e.V.) gegeben sind, wenn der Mieter umzieht.
Checkliste: Der Mieter zieht um - erneute e.V.? |
- Das LG Kassel hat die Voraussetzungen für die wiederholte e.V. bejaht, wenn der Schuldner in eine neue Wohnung umgezogen ist. Grund: Wegen des Umzugs sei nicht auszuschließen, dass beim neuen Vermieter eine Kaution hinterlegt werden musste (Rpfleger 05, 39). Der Gläubiger muss im Antrag auf Abnahme der e.V. seine diesbezüglichen Angaben glaubhaft machen. Dieser Glaubhaftmachung ist Genüge getan, wenn der Gläubiger eine Auskunft aus dem Melderegister des Einwohnermeldeamts vorlegt, dass der Schuldner nun unter der bezeichneten neuen Anschrift wohnhaft ist. Nach Ansicht des LG entspricht es der allgemeinen Lebenserfahrung, dass in der Mehrzahl der Fälle bei Begründung eines Mietverhältnisses über eine Wohnung eine Mietkaution zu leisten ist. Die vermutete Tatsache der Leistung der Mietkaution lässt zugleich auch den Schluss zu, dass damit ein Rückzahlungsanspruch verbunden ist. Dieser RAückzahlungsanspruch ist als Geldforderung - bereits vor Fälligkeit - pfändbar (AG Warburg DGVZ 01, 11). Dies gilt auch, wenn die Kaution unter aufschiebender oder auflösender Bedingung geschuldet ist. Für die Pfändung einer künftigen Geldforderung genügt das Bestehen einer rechtlichen Grundlage, auch wenn die Höhe der Forderung noch ungewiss oder unbestimmt ist. Die Glaubhaftmachung genügt ebenso, um einen Antrag auf Wiederholung der e.V. nach § 903 ZPO hinreichend zu begründen.
- Behauptet der Gläubiger pauschal, dass der Schuldner von einem Bundesland mit einer sehr hohen Arbeitslosenquote in ein besser gestelltes umgezogen ist, lässt dies zwar die Vermutung einer Arbeitsaufnahme bzw. den Erwerb eines Vermögenserwerbs zu. Gleichwohl rechtfertigt es keine Pflicht des Schuldners zur wiederholten Abgabe der e.V. in der Sperrfrist des § 903 ZPO (LG Heidelberg DGVZ 06, 70). Der Umkehrschluss: Ein Antrag des Gläubigers nach § 903 ZPO ist begründet, wenn er glaubhaft macht, dass der Schuldner tatsächlich umgezogen ist, da hierdurch ein neuer Vermögenserwerb nicht nur durch die Aufnahme einer neuen beruflichen Tätigkeit sondern auch die hohe Wahrscheinlichkeit einer Kautionsleistung indiziert wird (LG Frankfurt DGVZ 04, 44). Das LG Stuttgart hat die Pflicht zur wiederholten Vermögensoffenbarung nur verneint, weil der Schuldner einen Arbeitgeberwechsel bloß ankündigte und der Gläubiger eine weitere Glaubhaftmachung unterließ (DGVZ 02, 93).
- Die Anforderungen an die Glaubhaftmachung im Rahmen des § 903 ZPO dürfen nicht überspannt werden, um dem Gläubiger, dem es an Informationen über das Vermögen des Schuldners mangelt, den Zugriff auf verwertbares Vermögen nicht unzumutbar zu erschweren. Dies bedeutet aber nicht, dass nur die bloße Äußerung einer Vermutung des Gläubigers, der Schuldner habe nun neues Vermögen erworben, genügt. Der Schuldner kann zwar im Widerspruchsverfahren nach § 900 Abs. 4 ZPO die Annahme entkräften, er habe inzwischen neues Vermögen erworben. Der Gläubiger ist aber im Rahmen der Glaubhaftmachung seiner Pflicht zur Darlegung konkreter Umstände nicht enthoben, die seine Annahme gerechtfertigt erscheinen lassen. Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls (LG Saarbrücken JurBüro 09, 109 unter Verweis auf BGH NJW-RR 07, 1007).
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Gebührenrechtlich ist zu beachten, dass das Verfahren gemäß § 903 ZPO eine besondere bzw. neue Angelegenheit im Sinne des § 18 Nr. 18 RVG darstellt (Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, 19. Aufl., Nr. 3309 VV Rn. 191); es handelt sich hierbei nicht um Ergänzung der bisherigen e.V., sondern um eine Wiederholung. Dies ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass es sich bei der hinterlegten Mietkaution um einen „erworbenen“ Vermögenswert handelt, der der gesonderten Pfändung unterliegt.
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