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  • · Fachbeitrag · Forderungsvollstreckung

    Neuregelungen bei Pfändung von Gefangenengeldern beachten

    von Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz

    | In der Praxis fällt auf: Vielfach wird nicht beachtet, dass in den jeweiligen Strafvollzugsgesetzen der Länder Änderungen vorgenommen wurden, die bei Pfändungen beachtet werden müssen. |

    1. Achtung: Es gilt teilweise Bundes- oder Landesrecht

    Das Föderalismusreformgesetz 2006 vom 28.8.06 (BGBl. I 06, S. 2034) hat den Strafvollzug der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes (Art. 72 GG) entzogen und der Kompetenz der Ländergesetzgebung (Art. 70 Abs. 1 GG) zugeordnet. Danach sind die Länder befugt, eigene Strafvollzugsgesetze zu erlassen. Von dieser Befugnis haben bisher folgende Länder Gebrauch gemacht:

     

    Übersicht / Strafvollzugsgesetze der Länder

    • Bayern (BayStVollzG; GVBl 07, 866)
    • Baden-Württemberg (GBl. 09, 545)
    • Berlin (StVollzG Bln; GVBl. 16, 152)
    • Bremisches Strafvollzugsgesetz (Brem.GBl. 14, 639)
    • Hamburg (HmbStVollzG; HmbGVBl. 09, 257)
    • Hessen (HStVollzG; GVBl. I 10, 185)
    • Mecklenburg-Vorpommern (GVOBl. M-V 13, 322)
    • Niedersachsen (NdsGVBl. Nr. 41/2007, S. 720)
    • Nordrhein-Westfalen (GV. NRW. 15, 75)
    • Saarland (SLStVollzG; Amtsblatt I 13, 116)
    • Sachsen (SächsStVollzG; GVBl. 13, 250)
    • Schleswig-Holstein (LStVollzG SH; GVOBl. 16, 618)
    • Thüringen (ThürJVollzGB GVBl. 14, 13)
     

    Beachten Sie | Für die in der Übersicht nicht aufgeführten Länder gilt nach wie vor das (Bundes-)Strafvollzugsgesetz.

    2. Ansprüche von Gefangenen

    Wer während der Haft arbeitet, erhält auch ein Arbeitsentgelt. Unter Hausgeld (§ 47 StVollzG) versteht man alle Einkünfte, die der Gefangene nach den im Strafvollzugsgesetz geregelten Möglichkeiten bezieht, z. B. Arbeitsentgelt für Arbeitsleistungen in der JVA, Ausbildungsbeihilfe sowie Taschengeld. Geht er in einem freien Beschäftigungsverhältnis außerhalb der JVA seiner Berufstätigkeit nach, wird aus diesen Bezügen ein angemessenes Hausgeld festgesetzt. 3/7 der monatlichen Bezüge stehen dem Schuldner zur freien Verfügung.

     

    Das Überbrückungsgeld (§ 51 StVollzG) wird aus den restlichen 4/7 des Arbeitsentgelts gebildet. Das Überbrückungsgeld ist unpfändbar. Die Höhe des anzusparenden Überbrückungsgeldes ist festgelegt und variiert in den Ländern (zum Teil erheblich). Das Überbrückungsgeld selbst wird den Gefangenen erst bei der Entlassung zur Sicherung des Lebensunterhalts in den ersten 4 Wochen ausbezahlt.

     

    MERKE | Die in Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz und Berlin geltenden Landesjustizvollzugsgesetze sehen kein Überbrückungsgeld mehr vor. Somit gilt die Pfändungsschutzregelung des § 51 StVollzG nicht mehr.

     

    3. So pfänden Sie Gefangenenansprüche in Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Berlin

     

    • Schritt 1: Eintrag auf Seite 1

    Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses

    insbesondere wegen gewöhnlicher Geldforderungen

     

    Es wird beantragt, den nachfolgenden Entwurf als Beschluss auf

    ☒ Pfändung ☒ und ☒ Überweisung zu erlassen.

    ☒ Zugleich wird beantragt, die Zustellung zu vermitteln

    (☒ mit der Aufforderung nach § 840 der Zivilprozessordnung ‒ ZPO).

    ☐ Die Zustellung wird selbst veranlasst.

     
    • Schritt 2: Eintrag auf Seite 2

    ☒ Pfändungs- ☒ und ☒ Überweisungsbeschluss in der Zwangsvollstreckungssache

     
    • Schritt 3: Eintrag auf Seite 3 bzw. 5

    Drittschuldner (genaue Bezeichnung des Drittschuldners: Firma bzw. Vor- und Zuname, vertretungsberechtigte Person/-en, jeweils mit Anschrift; Postfach-Angabe ist nicht zulässig; bei mehreren Drittschuldnern ist eine Zuordnung des Drittschuldners zu der/den zu pfändenden Forderung/-en vorzunehmen)

     

    Herr/Frau/Firma

    genaue Bezeichnung des Trägers der Justizvollzugsanstalt (vgl. auch VE 06, 79)

     

    PRAXISTIPP | Zuständig für den Erlass des PfÜB ist das Schuldnerwohnsitzgericht. Da am Sitz der JVA kein Wohnsitz begründet wird, muss ggf. auf die alte (Wohnsitz-)Adresse des Schuldners abgestellt werden. Für Schuldner ohne Wohnsitz ist die Adresse der JVA maßgeblich. Drittschuldner ist nicht der Leiter der JVA, sondern die nach landesrechtlichen Regelungen bestimmte Stelle zur Vertretung des Landes (vgl. VE 06, 79).

     
    • Schritt 4: Einträge auf Seite 4 bzw. 5

    Forderung aus Anspruch

    G

     

     
    • Schritt 5: Eintrag auf Seite 5 bzw. 6

    Anspruch G

    (Hinweis: betrifft Anspruch an weitere Drittschuldner bzw. schon aufgeführte Drittschuldner, soweit Platz unzureichend)

     

    Das bereits gutgeschriebene und künftig noch gutzuschreibende Eigengeld, soweit es aus Bezügen des Landesvollzuggesetzes bzw. sonstigen wiederkehrenden pfändbaren Ersatzleistungen gebildet wird.

     
    • Schritt 6: Eintrag auf Seite 8 bzw. 10

    Der Drittschuldner darf, soweit die Forderung gepfändet ist, an den Schuldner nicht mehr zahlen. Der Schuldner darf insoweit nicht über die Forderung verfügen, sie insbesondere nicht einziehen.

     

    Zugleich wird dem Gläubiger die zuvor bezeichnete Forderung in Höhe des gepfändeten Betrages

    zur Einziehung überwiesen

    an Zahlungs statt überwiesen

     

     

    4. So pfänden Sie in allen anderen Bundesländern

     

    • Schritt 1: Eintrag auf Seite 1

    Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses

    insbesondere wegen gewöhnlicher Geldforderungen

     

    Es wird beantragt, den nachfolgenden Entwurf als Beschluss auf

    ☒ Pfändung ☒ und ☒ Überweisung zu erlassen.

    ☒ Zugleich wird beantragt, die Zustellung zu vermitteln

    (☒ mit der Aufforderung nach § 840 der Zivilprozessordnung ‒ ZPO).

    ☐ Die Zustellung wird selbst veranlasst.

     
    • Schritt 2: Eintrag auf Seite 2

    ☒ Pfändungs- ☒ und ☒ Überweisungsbeschluss in der Zwangsvollstreckungssache

     
    • Schritt 3: Eintrag auf Seite 3 bzw. 5

    Drittschuldner (genaue Bezeichnung des Drittschuldners: Firma bzw. Vor- und Zuname, vertretungsberechtigte Person/-en, jeweils mit Anschrift; Postfach-Angabe ist nicht zulässig; bei mehreren Drittschuldnern ist eine Zuordnung des Drittschuldners zu der/den zu pfändenden Forderung/-en vorzunehmen)

     

    Herr/Frau/Firma

    genaue Bezeichnung des Trägers der Justizvollzugsanstalt (vgl. auch VE 06, 79)

     
    • Schritt 4: Einträge auf Seite 4 bzw. 5

    Forderung aus Anspruch

    G

     

     
    • Schritt 5: Eintrag auf Seite 5 bzw. 6

    Anspruch G

    (Hinweis: betrifft Anspruch an weitere Drittschuldner bzw. schon aufgeführte Drittschuldner, soweit Platz unzureichend)

     

    • Bei Vollstreckung einer gewöhnlichen Geldforderung: Auszahlung des ihm als Eigengeld bereits gutgeschriebenen oder noch gutzuschreibenden Betrags mit Ausnahme des unpfändbaren Teils in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen dem zu bildenden und tatsächlich bereits vorhandenen Überbrückungsgeld.

     

    • Bei Vollstreckung von gesetzlichen Unterhaltsansprüchen (§§ 850d Abs. 1 S. 1 ZPO): Auszahlung des ihm als Eigengeld bereits gutgeschriebenen oder noch gutzuschreibenden Betrags sowie des ihm bei Entlassung in die Freiheit auszuzahlenden Überbrückungsgelds. Pfandfrei verbleibt lediglich ein Betrag von ... EUR, der dem Schuldner für seinen notwendigen Unterhalt und zur Erfüllung seiner Unterhaltsverpflichtungen gegenüber ... für die Zeit von 4 Wochen seit der Entlassung belassen wird.
     
    • Schritt 6: Eintrag auf Seite 8 bzw. 10

    Der Drittschuldner darf, soweit die Forderung gepfändet ist, an den Schuldner nicht mehr zahlen. Der Schuldner darf insoweit nicht über die Forderung verfügen, sie insbesondere nicht einziehen.

     

    Zugleich wird dem Gläubiger die zuvor bezeichnete Forderung in Höhe des gepfändeten Betrages

    zur Einziehung überwiesen

    an Zahlungs statt überwiesen

     

     

    Weiterführende Hinweise

    • Praxis der Pfändung von Gefangenengeldern, VE 10, 214
    • Eigengeld Strafgefangener: So pfänden Sie rechtssicher, VE 11, 16
    • Geldentschädigungsanspruch Strafgefangener ist unpfändbar, VE 11, 147
    Quelle: Ausgabe 07 / 2018 | Seite 124 | ID 45302247