· Fachbeitrag · Gerichtsvollziehervollstreckung
Gebühr für nicht erledigte Amtshandlung bei aufschiebend bedingtem Pfändungsauftrag?
| In der Gerichtsvollzieherpraxis ist es streitig, ob die Gebühr für eine nicht bewirkte Pfändung (Nr. 604 i. V. m. Nr. 205 KV-GvKostG) auch anfällt, wenn der Gläubiger den Antrag auf Einholen einer Vermögensauskunft mit einem Pfändungsauftrag verbunden hat, der unter der aufschiebenden und nicht eingetretenen Bedingung gestellt wurde, dass sich aus dem Vermögensverzeichnis pfändbare Gegenstände ergeben. Eine aktuelle Entscheidung des LG Göttingen lässt hier aufhorchen. |
1. Um diese Anträge geht es
Regelmäßig werden in diesem Zusammenhang folgende Anträge gestellt:
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G | Abnahme der Vermögensauskunft (bitte Hinweise in der Anlage 2 des Formulars beachten) |
G 1 | ☐ nach den §§ 802c, 802f ZPO (ohne vorherigen Pfändungsversuch) |
G 2 | ☒ nach den §§ 802c, 802f ZPO (nach vorherigem Pfändungsversuch)
Sofern der Schuldner wiederholt nicht anzutreffen ist,
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K 3 | ☒ Pfändung soll nach Abnahme der Vermögensauskunft durchgeführt werden, soweit sich aus dem Vermögensverzeichnis pfändbare Gegenstände ergeben. |
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G | Abnahme der Vermögensauskunft (bitte Hinweise in der Anlage 2 des Formulars beachten) |
G 1 | ☒ nach den §§ 802c, 802f ZPO (ohne vorherigen Pfändungsversuch) |
K 3 | ☒ Pfändung soll nach Abnahme der Vermögensauskunft durchgeführt werden, soweit sich aus dem Vermögensverzeichnis pfändbare Gegenstände ergeben. |
Das LG Göttingen (25.2.21, 5 T 189/19, Abruf-Nr. 225680) hat nun entschieden, dass bei der Alternative 1 die Gebühr der Nr. 604 i. V. m. Nr. 205 KV-GvKostG in Höhe von jeweils 15 EUR (seit 1.11.21: 16,50 EUR) zweimal anfällt, und zwar für die nicht erledigte Pfändung
- vor Abnahme der Vermögensauskunft und
- nach Abnahme der Vermögensauskunft, auch wenn nur eine Abschrift des bereits vorliegenden Vermögensverzeichnisses an den Gläubiger erteilt wird.
Der Gläubiger dürfe es nicht in der Hand haben, den Gerichtsvollzieher durch das Aufstellen von Bedingungen zu einer gebührenfreien Tätigkeit zu veranlassen.
Zudem entspreche die Prüfung nach § 882c Abs. 1 Nr. 2 ZPO nicht der Prüfung, ob die Bedingung, unter der der Pfändungsauftrag erteilt ist, eingetreten ist. Zwar könne ein Gläubiger den Vollstreckungsauftrag unter aufschiebende Bedingungen stellen; er könne sich auf das Nichtvorliegen des Gebührentatbestands für die unterbliebene Maßnahme aber nicht berufen, wenn er seinen Antrag von einer ‒ eigentlich ihm obliegenden ‒ Bewertung ihrer Erfolgsaussicht durch den Gerichtsvollzieher abhängig mache. Die dem Gerichtsvollzieher abverlangte Prüfung gehe damit über die amtspflichtig und gebührenfrei vorzunehmende Prüfung nach § 882c Abs. 1 Nr. 2 ZPO hinaus und dürfe sich nach der Wertung der Vorbem. 6 zu Abschnitt 6 KV-GvKostG gebührenmäßig nicht zulasten des Gerichtsvollziehers auswirken (OLG Schleswig DGVZ 15, 228).
2. Darum ist die Entscheidung so wichtig
Die Entscheidung zwingt Gläubiger, im Hinblick auf die immer teurer werdende Gerichtsvollziehervollstreckung Anträge kostenbewusster zu formulieren. So macht der o. g. Antrag nach Alternative 1 keinen Sinn und verursacht zumindest einmal das Entstehen einer unnötigen Gebühr nach Nr. 604 i. V. m. Nr. 205 KV-GvKostG. Denn entweder ist der Gerichtsvollzieher bereits bei dem nach Modul G1 erteilten Auftrag erfolgreich und findet pfändbares Vermögen vor. Dann bedarf es keines Antrags nach Modul K3 mehr. Oder er findet nach Abnahme der Vermögensauskunft im Rahmen des nach Modul K3 erteilten Auftrags pfändbares Vermögen vor, sodass es dann eines Auftrags nach Modul G1 nicht mehr bedarf. Folge: Allein Alternative 2 reduziert Kosten.
Die Entscheidung des LG ist allerdings inhaltlich abzulehnen. Sie entspricht auch nicht der h. M.: Das Erheben der Gebühr nach Nr. 604 i. V. m. Nr. 205 KV-GvKostG setzt nämlich einen wirksamen Auftrag voraus, die Amtshandlung zu erledigen. Dies ergibt sich aus dem eindeutigen Wortlaut der Vorbemerkung 6 zu Abschnitt 6 GvKostG, wonach die Gebühren nach Abschnitt 6 erhoben werden, wenn eine Amtshandlung, mit deren Erledigung der Gerichtsvollzieher beauftragt worden ist, aus Rechtsgründen oder infolge von Umständen, die weder in der Person des Gerichtsvollziehers liegen noch von seiner Entschließung abhängig sind, nicht erledigt wird (S. 1). Auch S. 2 der Vorbemerkung 6 lässt ein abweichendes Verständnis nicht zu. Dort ist zwar der Fall geregelt, dass nach dem Inhalt des Protokolls pfändbare Gegenstände nicht vorhanden sind. Da S. 2 jedoch auf S. 1 Bezug nimmt und diesen erläutert („dies gilt insbesondere auch“), wird dort ebenfalls ein wirksamer (Sachpfändungs-)Auftrag vorausgesetzt (OLG Karlsruhe DGVZ 20, 266).
MERKE | Der Begriff des Auftrags ist derselbe wie in § 3 Abs. 1 S. 1 GvKostG und meint das ‒ z. B. auch in §§ 753, 754 ZPO so bezeichnete ‒ Rechtsverhältnis zwischen Gläubiger und Gerichtsvollzieher (OLG Karlsruhe, a. a. O.), das durch den Antrag des Gläubigers an den Gerichtsvollzieher entsteht, eine bestimmte Amtshandlung vorzunehmen (Zöller/Seibel, ZPO, 34. Aufl., § 753 Rn. 5). Folge: Der Pfändungsauftrag kann zulässig unter die Bedingung gestellt werden, dass die Pfändung nur nach Abnahme der Vermögensauskunft und nur erfolgen soll, wenn die Vermögensauskunft pfändbare Gegenstände ergeben hat. Ein so bedingt erteilter Pfändungsauftrag wird erst mit Eintritt der Bedingung wirksam (OLG Düsseldorf JurBüro 18, 608; OLG Hamm DGVZ 18, 121; OLG Stuttgart 27.10.16, 8 W 3215/16); er allein kann daher noch nicht als wirksame Beauftragung i. S. d. Vorbemerkung 6 gelten. |