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  • · Fachbeitrag · Leser-Erfahrungsaustausch

    Vollstreckungs-Tipps des Monats

    | Unsere Leserin, G. Lindner, Berlin, hat uns gleich von zwei Fällen aus ihrer über 20-jährigen Tätigkeit berichtet. Schon der erste Fall belegt, dass es für einen Vollstreckungserfolg oft nicht genügt, sich auf die Angaben des Schuldners zu verlassen. Vielmehr ist es wichtig, alle Erkenntnisse auf den Prüfstand zu stellen. Und die Zuhilfenahme moderner Internet-Recherchemöglichkeiten trägt - worüber wir schon wiederholt an dieser Stelle berichtet haben - in vielen Fällen die ersehnten Früchte. Genau so war es auch hier. |

     

    • Vollstreckungs-Tipp des Monats 1: Durchblick mit Google-Streetview

    Die Schuldnerin S. aus München hatte die Rechnung für die Dienstleistung des Unternehmens, in dem unsere Leserin arbeitet, nicht bezahlt. Statt dessen erging sie sich in wüsten Beschimpfungen über die schlechten Leistungen des Unternehmens, die durchaus den Tatbestand der üblen Nachrede zu erfüllen geeignet und völlig aus der Luft gegriffen waren. Folglich wurde die Forderung tituliert.

     

    Eine Vorladung zur eidesstattlichen Versicherung scheiterte daran, dass ständig Schreiben aus dem Ausland eintrafen, S. pflege gerade ihre krebskranke Freundin F. auf Sardinien oder begleite ihren erkrankten Sohn E. zur Erholung nach Teneriffa. Unsere Leserin solle Verständnis haben.

     

    Die Gerichtsvollzieherin X. hatte dieses Verständnis - leider. Der Haftbefehl konnte nicht vollstreckt werden. Über die privaten Verhältnisse der 65-jährigen S. war bei unserer Leserin in Berlin nichts bekannt. Der X. ging es vor Ort in München übrigens ebenso.

     

    Da kam unserer Leserin eine Idee: Über Google-Streetview machte sie sich auf die Suche nach der Wohnanschrift der S. Und siehe da: Die Recherche brachte ein großes Einfamilienhaus zutage.

     

    Unsere Leserin beantragte daraufhin einen Grundbuchauszug. Dieser ergab, dass die S. Alleineigentümerin des Anwesens war. Nachdem das Amtsgericht München die Zwangsversteigerung angeordnet hatte, zahlte die S. die Forderung innerhalb einer Woche per Überweisung.

     

    Und auch im zweiten Fall unserer Leserin geschah Bemerkenswertes: Aufgrund räumlicher Distanz zwischen Gläubiger und Schuldner war zunächst nur wenig über den Schuldner bekannt. Doch auch hier förderte eine Google-Recherche dann äußerst Erfolgversprechendes zutage.

     

    Und schließlich genügte ein schlichter Anruf, um die gesamte Strategie des Schuldners zu Fall zu bringen und den Vollstreckungserfolg zu sichern. Zur Nachahmung empfohlen!

     

    • Vollstreckungs-Tipp des Monats 2: Der kranke Schlachthofbesitzer

    Der Schuldner S. nahm gern die Dienstleistungen des Unternehmens, in dem unsere Leserin arbeitet, in Anspruch (Gläubigerin G.). Leider zahlte er weniger gern hierfür. Im Laufe des gerichtlichen Mahnverfahrens bot er zwar immer wieder Ratenzahlungen an. Diese hielt er aber nie ein. Als er die eidesstattliche Versicherung abgeben sollte, legte er ein ärztliches Attest vor, das ihm wegen einer schweren Herzerkrankung Prozessunfähigkeit bescheinigte.

     

    Um das Verfahren zu beschleunigen, googelte unsere Leserin den S. Sie fand heraus, dass er ein Schlachthofbesitzer war. Er nannte einen großen Familienbetrieb in 3. Generation und angeschlossenem Partyservice sein Eigen, alles in Bayern.

     

    In Berlin, wo die Rechtsabteilung der G. angesiedelt ist, war davon natürlich nichts bekannt. G. war lediglich privat für den S. tätig gewesen, nicht für dessen Betriebe.

     

    Vom Grundbuchamt erhielt unsere Leserin die Bestätigung, dass dem S. und seinem Vater V. auch das Grundstück, auf dem der Betrieb steht, gehört. Weiterhin gehörte zum Vermögen das Grundstück zu der Privatanschrift des S.

     

    Auf der Homepage des Betriebs des S. waren renommierte Stammkunden unter „Referenzen“ aufgelistet. Vor Eintragung von Zwangssicherungshypotheken auf dem Grundbesitz rief unsere Leserin daher nochmals den S. an und fragte, ob bei diesen Kunden noch Bestellungen offen oder demnächst zu erwarten seien. Sie wolle doch abzuschätzen, ob sich ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss auch lohne.

     

    Daraufhin geriet der S. ob des zu erwartenden Rufschadens in helle Aufregung. Unsere Leserin dachte schon besorgt an das o.g. Attest und eventuelle gesundheitliche Folgen. Schnell versprach S. jedoch die sofortige Überweisung.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Schuldnerrecherche im Internet: Google+, VE 12, 30
    • Gepfändete Möbel- und Einrichtungsgegenstände begutachten und schätzen (mit der Bildersuche von Google), VE 13, 53

     

    Oft sind es die ungewöhnlichen Vollstreckungsmethoden oder sogar Zufälle, die helfen, dem Schuldner auf die Schliche zu kommen und die Vollstreckungssache erfolgreich zu beenden. Diese Fälle sammeln wir und veröffentlichen sie an dieser Stelle.

     

    Daher unsere Bitte: Schildern Sie uns Ihren „schönsten Fall“. Bei Veröffentlichung erhalten Sie ein Einsenderhonorar von 50 EUR. Unsere Anschrift: IWW-Institut, Redaktion „Vollstreckung effektiv“, Aspastraße 24, 59394 Nordkirchen, Fax: 02596 922-99, E-Mail: ve@iww.de.

    Quelle: Ausgabe 02 / 2014 | Seite 35 | ID 42473116