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  • · Fachbeitrag · Forderungsvollstreckung

    Arbeitslosengeld II: Ansprüche aus Betriebs- und Heizkostenabrechnung sind unpfändbar

    Der Erstattungsanspruch des Mieters aus einer Betriebs- und Heizkostenabrechnung des Vermieters ist unpfändbar, wenn der Mieter Arbeitslosengeld II bezieht und die Erstattung deshalb im Folgemonat die Leistungen der Agentur für Arbeit für Unterkunft und Heizung des Hilfeempfängers mindert (BGH 20.6.13, IX ZR 310/12, Abruf-Nr. 132210).

     

    Sachverhalt

    Die Parteien führen einen Drittschuldnerprozess, in dem die Klägerin die Forderung ihres Vollstreckungsschuldners auf Auszahlung eines Betriebskostenguthabens gegen die Beklagte geltend macht. Der Vollstreckungsschuldner ist seit 2008 Wohnungsmieter der Beklagten. Mieten einschließlich Betriebskostenvorauszahlungen werden von der Agentur für Arbeit 
direkt an die Beklagte überwiesen, weil der Vollstreckungsschuldner 
Arbeitslosengeld II bezieht.

     

    Im September 2010 rechnete die Beklagte gegenüber dem Vollstreckungsschuldner die Betriebskosten für den Zeitraum vom 1.10.08 bis zum 30.09.09 ab. Um das in der Abrechnung ausgewiesene Guthaben von 131,68 EUR minderte die Agentur für Arbeit die Mietzahlung an die Beklagte für den Monat November 2010. Am 26.4.11 erwirkte die Klägerin einen PfÜB, mit dem auch die rückständigen, gegenwärtigen und künftigen Ansprüche des Vollstreckungsschuldners gegen die Beklagte auf Auszahlung von Überschüssen aus Nebenkostenabrechnungen gepfändet und der Klägerin zur Einziehung überwiesen wurden. Der PfÜB wurde der Beklagten am 23.6.11 zugestellt. Im Oktober 2011 rechnete die Beklagte gegenüber dem Vollstreckungsschuldner über die Betriebskosten für den Zeitraum vom 1.10.09 bis zum 30.09.10 ab. Um das in der Abrechnung ausgewiesene Guthaben von 33,76 EUR minderte die Agentur für Arbeit die Mietzahlung an die Beklagte für den Monat November 2011.

     

    Die Klägerin hat zunächst mit ihrer Drittschuldnerklage die Forderung auf Zahlung der beiden Betriebskostenguthaben sowie einen Anspruch auf Erstattung ihrer vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 46,41 EUR rechtshängig gemacht. Sie hat in erster Instanz den Rechtsstreit wegen des Betriebskostenguthabens aus dem Mietjahr 2008/09 in Höhe von 131,68 EUR einseitig für erledigt erklärt.

     

    Das AG hat die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen. Das LG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

     

    Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision, mit welcher die Klägerin ihre bisherigen Sachanträge weiterverfolgt. Der BGH wies die Revision als unbegründet ab.

     

    Entscheidungsgründe

    Das LG hat angenommen, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Auszahlung der Betriebskostenguthaben sowie auf Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Die Klägerin könne aus dem PfÜB die Auszahlung der 
Betriebskostenguthaben von der Beklagten nicht verlangen, weil die Pfändung der Heiz- und Betriebskostenrückzahlungen hier entsprechend § 54 Abs. 3 Nr. 2a SGB I verboten sei.

     

    Der Vollstreckungsschuldner sei Bezieher von Arbeitslosengeld II, sodass vom Sozialleistungsträger nach § 22 Abs. 3 S. 1 SGB II die Betriebskostenguthaben von den laufenden Mietzahlungen im Folgemonat abgezogen werden, ohne dass es einer Aufrechnung bedürfe. Es bestehe daher die Gefahr für den Mieter, dass ihm ein Teil der Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums entzogen werde, wenn einerseits die Sozialleistungen gekürzt würden und andererseits der Vollstreckungsgläubiger auf das Betriebskostenguthaben zugreife, während gleichzeitig für den Kürzungsmonat die laufende Miete in voller Höhe geschuldet sei.

     

    Praxishinweis

    Ebenso wie der BGH hat das BSG (NZS 13, 273) entschieden, dass Betriebs- und Heizkostenerstattungen des Vermieters nicht der Pfändung und Zwangsvollstreckung gegen einen Bezieher von Leistungen nach dem SGB II unterliegen.

     

    Die Entscheidungen sind im Ergebnis auch richtig, weil solche Rückzahlungen von öffentlichen Leistungen nach §§ 19 Abs. 1, 20 Abs. 1 SGB II, 22 Abs. 3 S. 1 SGB II die Leistungen des Folgemonats an den Hilfeempfänger mindern. Wäre in diesen Fällen die Pfändung zulässig, würde sie zulasten öffentlicher Mittel erfolgen, die dem Leistungsbezieher aber gerade das Existenzminimum sichern sollen.

     

    Obwohl die Entscheidung auf den ersten Blick für den betroffenen Gläubiger zunächst schädlich ist, erweist sie sich jedoch im Hinblick auf die Zwangsvollstreckung als brauchbar und gut. Denn die Entscheidung betrifft nur den Fall, dass der Schuldner ALG II bezieht.

     

    Aus dem Umkehrschluss heraus ergibt sich, dass in allen anderen Fällen der Erstattungsanspruch des Schuldners als Mieter aus einer Betriebs- und Heizkostenabrechnung des Vermieters somit pfändbar ist. Insofern sollte der Gläubiger im Rahmen einer Vermögensauskunft hierauf achten.

     

    Gibt der Schuldner daher an, dass er Bezieher von ALG II ist, sollten Gläubiger - allein schon aus Kostengründen - zwingend von einer Pfändung 
Abstand nehmen.

     

    Weiterführender Hinweis

    • PfÜB umfasst Guthaben aus Nebenkostenabrechnung auch, wenn Jobcenter die Vorauszahlungen direkt an Vermieter zahlt, VE 13, 113
    Quelle: Ausgabe 09 / 2013 | Seite 162 | ID 42253300