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  • · Fachbeitrag · Forderungsvollstreckung

    Pfändung des Anspruchs auf Erbbauzinsen

    von Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz

    | In der Praxis kommt es vor, dass ein Schuldner Eigentümer eines Grundstücks ist, das mit einem sog. Erbbaurecht belastet ist. Gerade Kommunen als Verkäufer setzen auf dieses Instrument, um Wohnraum zu schaffen. Gläubiger sollten sich in einem solchen Fall die dem Erbbaurecht zugrunde liegende Vereinbarung näher ansehen. |

    1. Was ist ein Erbbaurecht?

    Vereinfacht ausgedrückt, ist ein Erbbaurecht das Recht, auf einem (fremden) Grundstück ein Bauwerk zu haben. Das Eigentum am Grundstück und das Eigentum am Bauwerk (z. B. Wohngebäude) fallen also auseinander. Bildlich gesprochen: Das Erbbaurecht ist ein eigenes Grundstück, das quasi über dem eigentlichen Grundstück „schwebt“. Das Erbbaurecht ist somit ein künstliches Grundstück. Auf diesem steht das Gebäude des Eigentümers des Erbbaurechts.

    2. Eckpunkte des Erbbaurechts

    In der schuldrechtlichen ‒ notariellen - Vereinbarung zur Bestellung eines Erbbaurechts vereinbaren die Parteien regelmäßig, dass der Erbbauberechtige einen Erbbauzins zahlen muss. Dieser besteht dauerhaft oder für einen bestimmten Zeitraum aus wiederkehrenden Geld- oder Sachleistungen. Das Erbbaurecht kann auch gegen eine einmalige Geld- oder Sachleistung oder unentgeltlich eingeräumt werden.

     

    MERKE | Ein solcher (Zahlungs-)Anspruch wird regelmäßig zugunsten des Grundstückseigentümers (Schuldners) durch die Eintragung in Abteilung II des Erbbaurechtsgrundbuchs dinglich gesichert. Hier wird dann stets auf die der Eintragung zugrunde liegende Eintragungsbewilligung und in Folge dessen auf die notarielle Urkunde Bezug genommen. Als Folge der Grundbucheintragung haftet dann das Erbbaurecht für die Entrichtung des Erbbauzinses.

     

    3. Handlungsempfehlung: Vereinbarung herausverlangen

    Damit der Gläubiger herausfinden kann, was zwischen dem Schuldner als Grundstückseigentümer und dem Erbbauberechtigten vereinbart wurde und ob pfändbare Ansprüche bestehen, ist es ratsam, im PfÜB anordnen zu lassen, dass der Schuldner diese Vereinbarung an den Gläubiger nach § 836 Abs. 3 ZPO herausgeben muss.

    4. Künftige Beträge sind unpfändbar

    Gemäß § 9 Abs. 2 S. 2 ErbbauRG kann der Anspruch des Grundstückseigentümers auf Entrichtung des Erbbauzinses hinsichtlich noch nicht fälliger Leistungen von dem Eigentum am Grundstück nicht getrennt werden. Folge: Der Anspruch auf noch nicht fällige Erbbauzinsbeträge kann daher nicht gepfändet werden.

     

    Beachten Sie | Ein Vollstreckungszugriff solcher künftigen Beträge ist daher nur über die Anordnung der Zwangsverwaltung oder die Zwangsversteigerung des mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstücks möglich.

    5. Rückständige Leistungen sind pfändbar

    Pfändbar sind dagegen rückständige Leistungen (§ 9 ErbbauRG, § 1157 BGB). Die Pfändung wird wirksam mit der Zustellung des Pfändungsbeschlusses an den Erbbauberechtigten als Drittschuldner.

     

    MERKE | Eine Eintragung der Pfändung im Grundbuch ist nicht möglich, da das Recht selbst von der Pfändung nicht betroffen ist, sondern eben nur die rückständigen Leistungen.

     

    6. So pfänden Sie den Erbbauzins

    Gehen Sie mit den amtlichen Formularen am besten wie folgt vor:

     

    • Schritt 1: Eintrag auf Seite 2 bzw. 5

    Drittschuldner (genaue Bezeichnung des Drittschuldners: Firma bzw. Vor- und Zuname, vertretungsberechtigte Person/-en, jeweils mit Anschrift; Postfach-Angabe ist nicht zulässig; bei mehreren Drittschuldnern ist eine Zuordnung des Drittschuldners zu der/den zu pfändenden Forderung/-en vorzunehmen)

     

    Herr/Frau/Firma

    … als Erbbauberechtigter

     
    • Schritt 2: Einträge auf Seite 4 bzw. 7

    Forderung aus Anspruch

    A (an Arbeitgeber)

    B (an Agentur für Arbeit bzw. Versicherungsträger)

     

    Art der Sozialleistung:                                                            

     

    Konto-/Versicherungsnummer:                                                            

    C (an Finanzamt)

    D (an Kreditinstitute)

    E (an Versicherungsgesellschaften)

     

    Konto-/Versicherungsnummer:                                                               

    F (an Bausparkassen)

    G

    gemäß gesonderter Anlage(n)                                                                  

     

     
    • Schritt 3: Eintrag auf Seite 8 bzw. 9

    ☒ Es wird angeordnet, dass

    • ☐ der Schuldner die Lohn- oder Gehaltsabrechnung oder die Verdienstbescheinigung einschließlich der entsprechenden Bescheinigungen der letzten drei Monate vor Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an den Gläubiger herauszugeben hat
    • ☐ der Schuldner das über das jeweilige Sparguthaben ausgestellte Sparbuch (bzw. die Sparurkunde) an den Gläubiger herauszugeben hat und dieser das Sparbuch (bzw. die Sparurkunde) unverzüglich dem Drittschuldner vorzulegen hat
    • ☐ ein von dem Gläubiger zu beauftragender Gerichtsvollzieher für die Pfändung des Inhalts Zutritt zum Schließfach zu nehmen hat
    • ☐ der Schuldner die Versicherungspolice an den Gläubiger herauszugeben hat und dieser sie unverzüglich dem Drittschuldner vorzulegen hat
    • ☐ der Schuldner die Bausparurkunde und den letzten Kontoauszug an den Gläubiger herauszugeben hat und dieser die Unterlagen unverzüglich dem Drittschuldner vorzulegen hat
    • ☒ der Schuldner die dem Erbbaurecht zugrunde liegende Vereinbarung ‒ notarielle Urkunde des Notars … vom …, Urk.-Nr. … ‒ an den Gläubiger herauszugeben hat (§ 836 Abs. 3 ZPO).
     

    7. Dilemma: Schuldner kann Pfändungsschutz beantragen

    Der BGH (27.9.18, IX ZB 19/18, Abruf-Nr. 205204) hat entschieden: Die Einkünfte eines Schuldners sind auch dann i. S. d. § 850i ZPO eigenständig erwirtschaftet, wenn er mit Erbbaurechten belastete Grundstücke geerbt hat und daraus Erbbauzinsen erhält.

     

    PRAXISTIPP | Obwohl im entschiedenen Fall der Schuldner die Ansprüche auf Erbbauzinsen durch eine Erbfolge erworben hatte, entstünden diese aber nach Ansicht des BGH ab dem Erbfall aus einer wirtschaftlichen Betätigung des Schuldners. Ausreichend sei dafür, dass der Schuldner die Rechte innehabe und die wirtschaftlichen Früchte aus der Nutzung ziehe. Daher kann das Vollstreckungsgericht ‒ nur ‒ auf Antrag des Schuldners unter Berücksichtigung seiner sämtlichen Einkünfte einschließlich der Erbbauzinsen den dem Schuldner pfandfrei zu belassenden Betrag ermitteln.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Erbbaurecht: Pfändung des Anspruchs auf Zustimmungsersetzung, VE 10, 197
    • Checkliste: Antrag auf Zwangssicherungshypothek ‒ das Wichtigste auf einen Blick, Abruf-Nr. 43807009
    • Zwangssicherungshypothek: So stellen Sie die richtigen Anträge, VE 16, 37
    Quelle: Ausgabe 01 / 2023 | Seite 15 | ID 48743833