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  • · Fachbeitrag · Gerichtsvollziehervollstreckung

    Dritteigentum pfänden? Natürlich!

    | Oft behauptet der Schuldner gegenüber dem Gerichtsvollzieher Sicherungseigentum Dritter (z. B. am PKW). Darf der Gerichtsvollzieher dennoch die bewegliche Sache pfänden und verwerten? |

     

    1. Das darf der Gerichtsvollzieher prüfen

    Antwort: Ja. Der Gerichtsvollzieher muss bei der Pfändung körperlicher Sachen nur prüfen, ob sie sich im Gewahrsam des Schuldners befinden (§ 808 Abs. 1 ZPO). Er darf nicht prüfen, ob diese Sachen auch zum Vermögen des Schuldners gehören (§ 119 Nr. 1 GVGA). § 119 Nr. 2 GVGA nimmt nur Gegenstände aus, die offensichtlich zum Vermögen eines Dritten gehören, z. B. dem Handwerker zur Reparatur, dem Frachtführer zum Transport und dem Pfandleiher zum Pfand übergebene Sachen. Dies gilt aber nicht, wenn der Gläubiger die Pfändung ausdrücklich verlangt, was ein Hinweis darauf sein mag, dass der Gerichtsvollzieher bei seiner Entscheidung gegen eine Pfändung solcher Gegenstände vor allem den Gläubiger vor Kosten und Risiken einer Inanspruchnahme aus § 771 ZPO bewahren soll (BGH DGVZ 07, 135).

     

    MERKE | Unbeachtlich bleibt daher die Behauptung von Sicherungseigentum (BGH NJW 92, 2014), selbst wenn der Schuldner den Sicherungsübereignungsvertrag vorlegt (LG Bonn MDR 87, 770). Grund: Der Gerichtsvollzieher kann nicht prüfen, ob der Vertrag wirksam ist und im Verhältnis zum Gläubiger Bestand haben kann. Gleiches gilt für die Behauptung, es handele sich nur um einen geleasten Gegenstand (LG Dortmund NJW-RR 86, 1497). Für den Gerichtsvollzieher kommt es nur auf den äußeren Befund an. Der Gewahrsam des Schuldners an einer Sache begründet damit eine Vermutung, dass dieser Gegenstand auch dem Vermögen des Schuldners zuzurechnen ist.

     

    Der Dritte kann sich nur nach § 771 ZPO zur Wehr setzen, wenn der Gläubiger die Pfandfreigabe verweigert. Die Behauptung des Schuldners, es bestehe Dritteigentum, ist unbeachtlich (AG Wiesbaden DGVZ 96, 94).

     

    MERKE | Dem Gerichtsvollzieher steht somit kein Ermessensspielraum zu, der ihn berechtigt, ohne Zustimmung des Gläubigers von dem Vollstreckungsauftrag abweichend vorzugehen. Nur der Gläubiger ist berechtigt und verpflichtet, nach einer eigenen Prüfung erkanntes Dritteigentum aufgrund seiner Dispositionsbefugnis freizugeben bzw. den Gerichtsvollzieher zur Freigabe zu veranlassen.

     

    2. Wenn der Gerichtsvollzieher nicht pfändet

    Nimmt der Gerichtsvollzieher von der Pfändung mit Rücksicht auf Erklärungen des Schuldners Abstand ‒ etwa weil dieser Sicherungseigentum Dritter behauptet ‒, ist der Gerichtsvollzieher, wenn der Gläubiger dies beantragt, verpflichtet, im Protokoll die vorgefundenen pfändbaren Sachen aufzuführen. So erhält der Gläubiger die Möglichkeit, zu prüfen, ob die Pfändung zu Recht unterlassen worden ist (AG Bergen JurBüro 96, 608).

     

    Weiterführender Hinweis

    • „Stille Reserven“ des Schuldners: Anwartschaftsrechte als Zugriffsobjekte, VE 01, 143
    Quelle: Ausgabe 04 / 2020 | Seite 65 | ID 46370599