· Fachbeitrag · Immobiliarvollstreckung
Grundstück der GbR im Teilungsversteigerungsverfahren
(BGH 16.5.13, V ZB 198/12, Abruf-Nr. 132874) |
Sachverhalt
Die Beteiligten (Gesellschafter 1 bis 4 = G1, G2, G3, G4) erwarben 1986 als GbR ein Grundstück. Sie nutzten es teilweise selbst und vermieteten es im Übrigen. Im Laufe der Jahre kam es zu Spannungen zwischen den Beteiligten, die dazu führten, dass G4 Mietüberschüsse nicht mehr an die übrigen Beteiligten auszahlte und schließlich die von ihm als Rechtsanwaltskanzlei genutzten Räume in dem Anwesen aufgab. G1 kündigte schriftlich die Gesellschaft.
Das Vollstreckungsgericht hat auf Antrag von G1 die Teilungsversteigerung des Grundstücks angeordnet. Einen Antrag des G4 auf einstweilige Einstellung des Verfahrens hat es zurückgewiesen. Die sofortigen Beschwerden von G4 gegen beide Entscheidungen sind ohne Erfolg geblieben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde strebt G4 in erster Linie die endgültige Aufhebung der Teilungsversteigerung, in zweiter Linie die einstweilige Einstellung an.
Entscheidungsgründe
Der BGH wies die Rechtsbeschwerde als unbegründet zurück und hielt die Anordnung der Teilungsversteigerung für rechtens:
Die Zulässigkeit der Teilungsversteigerung eines Gesellschaftsgrundstücks ergibt sich daraus, dass für die Auseinandersetzung des Vermögens einer gekündigten GbR nach § 731 S. 2 BGB die Regeln der Gemeinschaft gelten und die Teilung eines Grundstücks danach gemäß § 753 Abs. 1 BGB durch Teilungsversteigerung zu erfolgen hat. Daraus folgt nach heute nahezu unbestrittener Ansicht, dass auch das Grundstück einer GbR im Wege der Teilungsversteigerung, für die dann die Vorschriften der §§ 181 bis 184 ZVG entsprechend gelten, versteigert werden kann (BGH VE 08, 60).
An der entsprechenden Anwendbarkeit der Vorschriften über die Teilungsversteigerung auf Gesellschaftsgrundstücke ändert auch die Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der GbR durch den BGH (VE 01, 29) nichts. Die Teilrechtsfähigkeit hat nur die Zuordnung des Gesellschaftsvermögens, nicht aber die Anwendung der Vorschriften über die Auflösung der GbR verändert.
Nach § 731 S. 2 BGB gelten für die Auseinandersetzung der GbR die Vorschriften über die Gemeinschaft. Diese verweisen in § 753 Abs. 1 S. 1 HS 2 BGB auf die Zwangsversteigerung, und damit auf die besonderen Vorschriften über die Versteigerung zur Aufhebung einer Gemeinschaft in den §§ 180 bis 184 ZVG. Nach § 181 ZVG bedarf der Teilhaber zur Einleitung des Verfahrens keines Titels. Er kann vielmehr ohne Weiteres die Teilungsversteigerung beantragen. Er muss allerdings nach § 181 Abs. 2 S. 1 ZVG als Mitberechtigter im Grundbuch eingetragen sein. Dem entspricht bei der GbR die Eintragung als Gesellschafter nach Maßgabe von § 47 Abs. 2 GBO.
Ohne ein Antragsrecht könnte der einzelne Gesellschafter einer GbR die Teilungsversteigerung des Grundstücks der GbR nur erreichen, wenn alle Gesellschafter zustimmen oder er seinen Versteigerungsanspruch einklagt. Die Zustimmung aller Gesellschafter zu erreichen wird nicht immer gelingen. Die Nichterteilung der Zustimmung muss dabei nicht sachlich begründet sein. Sie kann ihren Grund auch in Bequemlichkeit, Unsicherheit oder Angst vor der in der Zustimmung zum Ausdruck kommenden Mitverantwortung für die Versteigerung haben. Erteilen aber nicht alle Gesellschafter die Zustimmung, muss der an der Versteigerung interessierte Gesellschafter die Gesellschafter, die nicht zugestimmt haben, auf Zustimmung verklagen, auch wenn sie eigentlich keine Sacheinwände haben. Diese Last schien dem Gesetzgeber bei der Gemeinschaft unangebracht. Diese Wertung lässt sich auch bei der GbR durchaus sachlich rechtfertigen. Denn es gibt zahlreiche Ehegatten- und Grundstücks-GbR, deren Auseinandersetzung letztlich nur im Wege der Teilungsversteigerung möglich ist. Bei solchen Gesellschaften verursacht ein Zwang zur Klage auf Zustimmung zur oder Duldung der Zwangsversteigerung nicht unerhebliche, letztlich unnötige Prozesskosten. Außerdem erschwert und verzögert ein solches Vorgehen eine Auseinandersetzung ohne Not.
Im Ergebnis genauso liegt es bei größeren GbR, insbesondere solchen, die Träger von Unternehmen sind. Denn gerade bei solchen Gesellschaften kann das Recht eines Gesellschafters, die Teilungsversteigerung eines Gesellschaftsgrundstücks ohne vorherigen Rechtsstreit zu beantragen, allerdings zu Störungen führen. Ein böswilliger Gesellschafter könnte den Umstand, dass die Wirksamkeit der Kündigung der GbR im Teilungsversteigerungsverfahren von dem Vollstreckungsgericht nicht zu prüfen ist, etwa dazu missbrauchen, mit einem sachlich nicht gerechtfertigten Antrag auf Versteigerung eines Betriebsgrundstücks seinen gesellschaftsinternen Forderungen Nachdruck zu verleihen. Störungen sind auch möglich, wenn die GbR an sich aufgelöst werden soll, aber etwa Streit darüber besteht, ob ein Betriebsgrundstück isoliert oder zusammen mit dem Unternehmen der GbR verwertet werden soll. Hier könnte ein Gesellschafter mit einem Antrag auf Teilungsversteigerung des zur Unternehmensveräußerung benötigten Betriebsgrundstücks die anderen Gesellschafter unter Druck setzen. Diese möglichen Störungen rechtfertigen es nicht, die Grundentscheidung des Gesetzgebers für das Antragsrecht des einzelnen Gesellschafters einzuschränken.
Wichtig | Der Gesetzgeber hat seine Entscheidung beim Recht der Gemeinschaft nicht nur mit dem Kostenargument, sondern auch damit begründet, dass dem Teilhaber, der sich gegen die Teilungsversteigerung wendet, der Rechtsstreit eher zuzumuten sei. Diese Überlegung trifft auch für die GbR und gerade auch für solche Gesellschaften zu, die Trägerinnen von Unternehmen sind und bei denen am ehesten Störungen zu befürchten sind. Die Teilungsversteigerung von Gesellschaftsgrundstücken schlechthin von einem Rechtsstreit über die Erteilung der Zustimmung zur Zwangsversteigerung abhängig zu machen, wäre im Wesentlichen nur bei solchen Gesellschaften gerechtfertigt. Gerade deren Gesellschaftern ist es aber ohne Weiteres möglich und auch zuzumuten, sich gegen den Antrag mit der Widerspruchsklage zur Wehr zu setzen. Ihnen kommt dabei auch zugute, dass sich ein Gesellschafter, der mit einem Antrag auf Teilungsversteigerung gegen seine Pflichten als Gesellschafter verstößt, gegenüber der GbR selbst und gegenüber ihren Gesellschaftern schadenersatzpflichtig machen kann und damit ein beträchtliches Haftungsrisiko eingeht. Die so entstehende Last eines Widerspruchsklageverfahrens ist den Gesellschaftern einer GbR nicht zuletzt auch deshalb zuzumuten, weil sie diese Folge durch einen Formwechsel in eine der Gesellschaftsformen vermeiden können, die der Gesetzgeber speziell für die Führung von Unternehmen vorgesehen hat. Dieser wäre etwa beim Wechsel in eine oHG ohne großen Aufwand durch Anmeldung zum Handelsregister möglich.
Praxishinweis
Der BGH erleichtert das Recht eines Gesellschafters einer GbR auf Durchsetzung seines Auseinandersetzungsanspruchs gegenüber den übrigen Gesellschaftern in den Fällen, in denen als Alleineigentümerin im Grundbuch die GbR eingetragen ist. Dieses Recht kann sich auch ein Gläubiger eines Gesellschafters zu Nutzen machen. Im Wesentlichen bestehen zwei Möglichkeiten:
- Der Gläubiger pfändet den Anspruch auf Auseinandersetzung und Teilung des sich hieraus ergebenden Erlöses oder
- der Gläubiger pfändet den Anteil eines Gesellschafters an dem Gesellschaftsvermögen (§ 859 Abs. 1 ZPO; vgl. auch Mock, VE 06, 203).
In beiden Fällen ist der Gläubiger dann nach erfolgter Kündigung der Gesellschaft berechtigt, hinsichtlich seiner vollstreckbaren Forderung die Teilungsversteigerung in die Wege zu leiten. Im Teilungsversteigerungsverfahren ist dann nur zu prüfen, ob die Kündigung formgerecht erklärt und den übrigen Gesellschaftern zugegangen ist. Über die Wirksamkeit der Kündigung ist, wie auch über andere Einwände gegen die Zulässigkeit der Teilungsversteigerung, etwa eine abweichende Regelung im Gesellschaftsvertrag oder dass die isolierte Versteigerung des Grundstücks zu einer unsachgemäßen Verwertung des Restvermögens der GbR führe, allein im Widerspruchsklageverfahren zu entscheiden. Im Versteigerungsverfahren sind solche Einwände dagegen ausgeschlossen.
Achtung | Die Zulässigkeit der Teilung ist meist unstreitig. Der Teilhaber, der die Unzulässigkeit der Teilung behauptet, ist darauf zu verweisen, diesen Einwand mit der Widerspruchsklage analog § 771 ZPO geltend zu machen. Wurde aber die Tatsache, dass die Aufhebung der Gemeinschaft ausgeschlossen ist, in das Grundbuch eingetragen (§ 1010 Abs. 1 BGB) ist dies vom Vollstreckungsgericht zu berücksichtigen. Das Verfahren darf dann nicht angeordnet werden.