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  • · Fachbeitrag · Leser-Erfahrungsaustausch

    Vollstreckungs-Tipps des Monats

    | Unsere Leserin Katy Klöß, Rechtsfachwirtin, Dresden, berichtet von einem Schuldner, der es nur beinahe geschafft hätte, sich der Vollstreckung zu entziehen. |

     

    • Vollstreckungs-Tipp des Monats 1: Radiogewinnspiel mit Folgen

    Schuldner S. mietete in D. eine Wohnung. Er zahlte während des gesamten Mietverhältnisses nur einmal Miete. Mahnungen ließen ihn kalt. Es entstand für Gläubiger G. ein Schaden von ca. 6.000 EUR. Später stellte sich heraus, dass S. wenige Monate vor Abschluss des Mietvertrags bereits für einen anderen Gläubiger die e.V. abgegeben hatte. In der Selbstauskunft bei Abschluss des Mietvertrags hatte S. indes versichert, in den letzten drei Jahren keine e.V. geleistet zu haben. Gegen S. wurde folglich Zahlungs- und Räumungsklage erhoben mit dem Feststellungsantrag, dass die Forderung gleichzeitig eine Forderung aus vorsätzlich unerlaubter Handlung wäre, da S. einen Eingehungsmietbetrug begangen hatte.

     

    Das AG gab der Klage vollumfänglich statt. G. war nun im Besitz eines Titels, der gemäß § 850f Abs. 2 ZPO i.V.m. § 850d ZPO zu einer privilegierten Pfändung 
berechtigte.

     

    S. räumte die Wohnung zwei Tage vor dem Räumungstermin und tauchte ab. Beim Einwohnermeldeamt meldete er sich - natürlich - nicht um. Unsere Leserin konnte recherchieren, dass S. homosexuell war. Durch einen anderen homosexuellen Schuldner aus der Kanzlei erfuhr sie, wo S. arbeitete, nämlich in einer Bar in D. Gegen den Arbeitgeber von S. brachte unsere Leserin eine Pfändung in das 
Arbeitseinkommen aus. Aufgrund der privilegierten Pfändung konnten pfändbare Beträge von monatlich ca. 250 EUR beigetrieben werden.

     

    S. ließ sich die Pfändung jedoch nicht lange gefallen. Er kündigte wenig später sein Arbeitsverhältnis. Über Facebook konnte unsere Leserin aber recherchieren, dass S. einen neuen Lebenspartner, den L., gefunden hatte und mit diesem nach K. verzogen war. L. merkte jedoch schnell, dass S. zahlreiche Schulden hatte und beendete die Beziehung. S. tauchte erneut unter. Laut seinem Facebookprofil hatte er ab Januar 2012 einen neuen Job. Er arbeitete jetzt zusammen mit der Ehefrau seines Facebook-Freundes F. Einen Firmennamen gab S. allerdings nicht preis.

     

    Unsere Leserin nahm mit F. Kontakt auf. Leider sprach F. mit S. und diese Spur führte zunächst nicht weiter. S. sperrte sogar sein Facebookprofil, sodass dort keine Informationen mehr abrufbar waren. Nachdem aber auch F. festgestellt hatte, was S. für ein „toller Schuldner“ war, nahm er mit unserer Leserin Kontakt auf. Er teilte ihr mit, wo S. jetzt arbeitete. Unsere Leserin veranlasste sofort eine Pfändung in das Arbeitseinkommen. S. verdiente inzwischen so viel Geld, dass monatlich ca. 400 EUR an pfändbaren Beträgen beigetrieben werden konnten.

     

    Und auch unsere Leserin Ursula Wolpert, Sachbearbeiterin im Forderungsmanagement, Esslingen, kann von einem nicht alltäglichen Fall berichten: einer Kassenpfändung.

     

    • Vollstreckungs-Tipp des Monats 2: Frischer Fisch

    Die Kanzlei unserer Leserin wurde mit der Beitreibung einer Forderung von über 400 EUR beauftragt. Mandantin M. betreibt Vertrags-Autohäuser einer großen deutschen Automarke. Schuldnerin S. ließ ihr Fahrzeug bei M. aufgrund eines 
Unfallschadens reparieren. Von der gegnerischen Versicherung wurde der Unfallschaden übernommen. Die S. musste die Umsatzsteuer aus der Reparaturrechnung aufgrund ihrer Vorsteuerabzugsberechtigung selbst tragen. Dies lehnte sie ab.

     

    Ein außergerichtliches Mahnschreiben konnte nicht an S. zugestellt werden. Daher wurde eine umfangreiche Anschriftenermittlung notwendig. Die Forderung wurde schließlich durch Vollstreckungsbescheid tituliert.

     

    Es stellte sich heraus, dass S. bereits die e.V. abgegeben hatte. Aus dem Vermögensverzeichnis ergab sich ein Arbeitgeber, bei dem eine Gehaltspfändung veranlasst wurde. Er teilte in der Drittschuldnererklärung mit, dass S. dort seit Längerem nicht mehr arbeite. Dies rechtfertigte einen Antrag auf wiederholte Abgabe der Vermögensauskunft nach § 802d ZPO. Die S. gab nun an, selbstständig zu 
arbeiten. Sie sei derzeit als Fischverkäuferin tätig und betreibe ein entsprechendes Gewerbe. Eine veranlasste Kontenpfändung brachte jedoch zunächst aufgrund einer Vorpfändung keinen Erfolg.

     

    Die Kanzlei unserer Leserin erhielt nun von privater Seite Kenntnis, dass S. auf einem in der Umgebung stattfindenden Markt einen Fischstand betreibe. Zufällig 
befand sich unsere Leserin am darauf folgenden Samstag auf diesem Markt. Sie wurde auf einen entsprechenden Verkaufswagen aufmerksam und nach genauem Inspizieren konnte sie feststellen, dass es sich hierbei um den Verkaufswagen der S. handelte. Auf ihr Nachfragen beim Verkäufer, an welchen Tagen und zu welchen Uhrzeiten hier denn verkauft würde, wurde ihr freundlich Auskunft erteilt. Am darauf folgenden Montag beauftragte sie den für den Markt zuständigen Gerichtsvollzieher mit der Kassenpfändung an den ihr genannten Wochentagen, und zwar 
jeweils zum Ende der Verkaufszeiten, so lange, bis die Forderung bezahlt sei. Die Forderung konnte so vollständig beigetrieben werden.

     

    Oft sind es die ungewöhnlichen Vollstreckungsmethoden oder sogar Zufälle, die helfen, dem Schuldner auf die Schliche zu kommen und die Vollstreckungssache erfolgreich zu beenden. Diese Fälle sammeln wir und veröffentlichen sie an dieser Stelle.

     

    Daher unsere Bitte: Schildern Sie uns Ihren „schönsten Fall“. Bei Veröffentlichung erhalten Sie ein Einsenderhonorar von 50 EUR. Unsere Anschrift: IWW-Institut, Redaktion „Vollstreckung effektiv“, Aspastraße 24, 59394 Nordkirchen, Fax: 02596 922-99, E-Mail: ve@iww.de.

    Quelle: Ausgabe 01 / 2014 | Seite 17 | ID 42436286