· Fachbeitrag · Leser-Erfahrungsaustausch
Vollstreckungs-Tipps des Monats
| Den folgenden Fall schilderte uns unsere Leserin Renate Schlägel, Inhaberin der Verrechnungsstelle für Industrie-, Großhandels- und Handwerksunternehmen, Hamburg. Die von ihr durchgeführte Art der Pfändung kann in der Praxis sicher noch weiteren Lesern zum Vollstreckungserfolg verhelfen. |
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Schuldner S. kaufte im Jahr 2001 Gartenartikel bei der von unserer Leserin vertretenen Gläubigerin G. Er zahlte nicht. Ein Titel gegen S. wurde im Jahr 2002 erwirkt. In seiner eidesstattlichen Versicherung am 6.1.03 gab S. an, mit seiner nicht arbeitenden Ehefrau E. Arbeitslosengeld zu beziehen. Die in 2001 gekaufte Ware könne er nicht zurückgeben, da diese durch Eigenverschulden (es folgte ein langer Bericht des S. über die näheren Umstände) unbrauchbar geworden sei.
Unsere Leserin pfändete daraufhin die künftigen Rentenansprüche des S. und verfristete die Angelegenheit zunächst weiter.
In einer neuen eidesstattlichen Versicherung im Jahr 2006 gab S. dann an, nun Hartz IV zu beziehen. Zudem habe er Ansprüche bei einem sich in der Insolvenz befindlichen Unternehmen in Höhe von 120.000 EUR. Recherchen unserer Leserin ergaben, dass der S. Geschäftsführer dieses Unternehmens war und Ansprüche von 71.500 EUR angemeldet hatte.
Unsere Leserin pfändete für G. beim Insolvenzverwalter als Drittschuldner die Ansprüche des S
„auf Auszahlung der gegebenenfalls zu erwartenden Quote zugunsten des Schuldners im noch laufenden Insolvenzverfahren über das Vermögen der Firma ... vor dem Amtsgericht ... zum Az. ... ausweislich seiner festgestellten Forderung unter der laufenden Nr. ... der Insolvenztabelle bis zur Tilgung der Gläubigerforderung.“
Zunächst geschah nicht wirklich Neues: S. gab unterdessen immer wieder eine eidesstattliche Versicherung ab und hatte „nichts“. Seine Rente lag unter der Pfändungsgrenze.
Doch dann: Am 4.4.14 erhielt unsere Leserin für G. eine Quote von 1,38 Prozent, somit 986,70 EUR. Die Hauptforderung der G. belief sich auf 971,04 EUR zuzüglich Zinsen und Kosten. Also ein voller Erfolg! |
Auch der folgende Fall ist eine Erfolgsgeschichte. Unser Leser, Inkasso-dienstleister Wolfgang Kubach, Laupheim, hat mit seinen Argumenten sogar eine positive BGH-Entscheidung erstritten (10.5.12, IX ZB 203/10). Hier ging es darum, dem Schuldner die Restschuldbefreiung versagen zu lassen. Dieser lebte auf großem Fuß, was unseren Leser besonders geärgert hatte.
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Der als Berater tätige, selbstständige Schuldner S. hatte es unterlassen, dem Insolvenzgericht/Treuhänder mitzuteilen, dass während seiner Wohlverhaltensphase seine Ehefrau E. ein weiteres Gewerbe am gleichen Betriebssitz angemeldet hatte.
Das selbstständig erzielte Einkommen des S. war somit gleichzustellen mit einem abhängig erzielten Einkommen. Dadurch dass E. sich während der Wohlverhaltensphase selbstständig gemacht hatte, veränderte sich der pfändungsfreie Betrag des S. durch Wegfall der E. und durch den hälftigen Betrag für deren beide Kinder. Somit erzielte der S. nun pfändbares Einkommen.
Der festgelegte und sehr geringe an den Treuhänder abzuführende Betrag, den der S. nur unregelmäßig und unvollständig zahlte, erhöhte sich aufgrund der Selbstständigkeit der E. um monatlich ca. 250 EUR. Dadurch, dass S. dies dem Gericht bzw. Treuhänder nicht gemeldet hatte und keine erhöhte Zahlung vorgenommen hatte, wurden die Insolvenzgläubiger geschädigt.
Auch hatte sich S. während der Wohlverhaltensphase nicht um eine anhängige Beschäftigung bemüht, um so eine Gläubigerbefriedigung herbeizuführen. Stattdessen wohnte er in einem Bungalow mit 175 qm Wohnfläche und fuhr einen Mercedes der S-Klasse, ein Golf Cabrio und eine Harley Davidson.
Unser Leser legte all diese Umstände dem Insolvenzgericht und dem Treuhänder glaubhaft dar. Doch nichts geschah! Konnte es sein, dass der Treuhänder an der Versagung der Restschuldbefreiung kein Interesse hatte, da seine Vergütung vom Insolvenzschuldner bezahlt wird?
Wie dem auch sei, unser Leser reichte den Versagungsantrag ein und der - „stinksaure“ - S. widersprach diesem bis zum BGH.
Dort erhielt er allerdings die Quittung. Insbesondere die o.g. Passivität des S., der sich nicht um eine angemessene Erwerbstätigkeit gekümmert hatte, stellte der BGH besonders heraus. Der Antrag unseres Lesers war damit erfolgreich. Doch leider ist die Forderung bis heute noch nicht beglichen.
Aber immerhin: Der S. fährt nun ein deutlich schlichteres Auto, das seiner Mutter gehört. Dort wohnt er auch - sehr viel bescheidener.
Unser Leser hat allerdings Anhaltspunkte, dass der S. immer noch Einkünfte hat. Diesen spürt er nach. Und wenn alles so läuft, wie beabsichtigt, wird er an dieser Stelle erneut berichten. |
Oft sind es die ungewöhnlichen Vollstreckungsmethoden oder sogar Zufälle, die helfen, dem Schuldner auf die Schliche zu kommen und die Vollstreckungssache erfolgreich zu beenden. Diese Fälle sammeln wir und veröffentlichen sie an dieser Stelle.
Daher unsere Bitte: Schildern Sie uns Ihren „schönsten Fall“. Bei Veröffentlichung erhalten Sie ein Einsenderhonorar von 50 EUR. Unsere Anschrift: IWW Institut, Redaktion „Vollstreckung effektiv“, Aspastraße 24, 59394 Nordkirchen, Fax: 02596 922-99, E-Mail: ve@iww.de.